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Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen

Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen

Titel: Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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war. Das war vor dem Hintergrund der Niedergeschlagenheit der letzten zwei, drei Monate besonders deutlich zu erkennen. Sie spürte die vage Befürchtung, dass der Stress ihres bislang unerfüllten Kinderwunsches sie womöglich manisch-depressiv werden ließ.
    Im Kellergeschoss stieg sie aus und hastete in den Obduktionssaal. Da sie wusste, dass sie sich dort nur kurz aufhalten würde, schnappte sie sich einen Umhang und eine Mütze und schob sich durch die Doppeltür. Es war zwar schon fast Viertel vor neun, aber trotzdem waren Jack und Vinnie als einziges Team bei der Arbeit. Etliche andere Pathologie-Assistenten waren mit Vorbereitungen beschäftigt und holten Leichen aus den Kühlfächern, doch die dazugehörigen Pathologen waren noch nicht in Sicht. Jack und Vinnie waren jedoch schon ziemlich weit. Der große Y-Schnitt, mit dem Brustkorb und Bauchraum der Leiche geöffnet worden waren, war bereits wieder vernäht worden. Im Augenblick waren sie mit dem Gehirn beschäftigt, nachdem sie dem Mann die Schädeldecke abgetrennt hatten.
    »Wie läuft’s denn so?«, wollte Laurie wissen und stellte sich neben Jack.
    »Wir amüsieren uns prächtig, wie immer«, lautete Jacks Antwort. Er streckte sich.
    »Ein normaler Selbstmord mit Schusswaffe?«, wollte Laurie wissen.
    Jack lachte kurz. »Wohl kaum. Eigentlich handelt es sich ziemlich eindeutig um Mord.«
    »Ehrlich?«, erwiderte Laurie. »Wieso denn?«
    Jack streckte die Hand aus, nahm die Schädeldecke vom Gesicht des Opfers und platzierte sie dort, wo sie eigentlich hingehörte. Ziemlich weit oben an der Schläfe, im Zentrum einer rasierten Stelle, befand sich eine klar umrissene, kreisförmige, tiefrote Eintrittswunde, die von einigen schwarzen Sprenkeln umgeben wurde.
    »Tatsächlich«, rief Laurie. »Du hast recht. Das war kein Selbstmord.«
    »Und das ist noch nicht alles«, fuhr Jack fort. »Der Schusskanal weist steil nach unten und endet im Subkutangewebe des Halses.«
    »Wie könnt ihr da bloß so viel rauslesen?«, wollte Vinnie wissen.
    »Das ist nicht weiter schwer«, antwortete Laurie. »Ein Mensch, der sich erschießt, legt den Lauf der Waffe fast immer direkt auf die Haut. Dann dringen nicht nur die Kugel, sondern auch die Explosionsgase in die Wunde ein. Die Eintrittswunde sieht dann ziemlich rissig und sternförmig aus, da die Haut vom Schädel gerissen und zerfetzt wird.«
    »Und siehst du diese Tüpfelchen da?«, meinte Jack und deutete mit dem Skalpell auf die ringförmig um die Wunde angeordneten schwarzen Punkte. »Das sind Schmauchspuren, also Pulverrückstände. Bei einem Selbstmord wandert das alles in die Wunde.« Dann wandte er sich wieder an Laurie und sagte: »Was glaubst du, wie weit war der Lauf beim Schuss von der Hautoberfläche entfernt?«
    Laurie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht so vierzig bis fünfzig Zentimeter.«
    »Genau das schätze ich auch«, sagte Jack zustimmend. »Und außerdem glaube ich, dass unser Opfer im Liegen erschossen worden ist.«
    »Dann solltest du am besten so schnell wie möglich dem Chef Bescheid sagen«, sagte Laurie. »Das sind genau die Fälle, die unweigerlich irgendwelche politischen Nebenwirkungen haben.«
    »Das habe ich vor«, erwiderte Jack. »Es ist schon erstaunlich, wie oft wir bei der Obduktion eine andere Todesursache feststellen, als bei der Einlieferung angenommen wurde, oder?«
    »Genau das macht unseren Job so wertvoll«, sagte Laurie.
    »Hey!«, rief Jack jetzt. »Hast du Calvin schon gesehen?«
    »Oh, ja!« Jetzt fiel Laurie ein, wieso sie überhaupt hier unten war. »Darum bin ich ja vorbeigekommen. Ich bin auf dem Weg zu Travisa, um unsere Indien-Visa zu besorgen. Calvin hat uns eine Woche freigegeben.«
    »Verdammt«, sagte Jack, doch noch bevor Laurie sauer werden konnte, fing er an zu lachen.

 
Kapitel 20
     
    Mittwoch, 17. Oktober 2007
    19.40 Uhr
    Neu-Delhi, Indien
     
    R aj Khatwani machte die Tür, die vom Treppenhaus in den dritten Stock des Aesculapian Medical Center führte, einen Spaltbreit auf und warf einen verstohlenen Blick auf den Flur. Es war niemand zu erkennen, aber er konnte das charakteristische Klirren der dicht gedrängt stehenden Glasfläschchen auf einem näher kommenden Rollwagen mit Medikamenten hören. Er ließ die Tür ins Schloss fallen. Durch das dicke, feuerfeste Türblatt hindurch hörte er den Wagen vorbeirollen.
    Raj ließ sich mit dem Rücken gegen die Betonmauer sinken und versuchte, wieder ruhig zu atmen. Das war angesichts seiner Anspannung

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