Montgomery u Stapleton 01 - Blind
versuchen auch, den Lebenden zu helfen", sagte Laurie.
"Ich würde gern verhindern, daß sich weitere Tragödien wie die von Julia ereignen. Je mehr ich erfahre, desto besser bin ich dazu vielleicht in der Lage."
"Wenn Sie noch Fragen haben, rufen Sie mich an", sagte Robert. Er gab Laurie seine Karte. "Und wenn sich irgendwie herausstellt, daß es keine Drogen waren, sagen Sie mir bitte Bescheid. Es wäre wichtig, weil
" Er wurde von einer plötzlichen Gefühlsaufwallung ergriffen und war nicht imstande, weiterzureden.
Laurie nickte. Sie gab Robert ihre amtliche Karte, nachdem sie ihre private Telefonnummer auf die Rückseite geschrieben hatte.
"Wenn Sie irgendwelche Fragen an mich haben oder Ihnen etwas einfällt, das ich wissen sollte, rufen Sie mich bitte an. Sie können jederzeit anrufen."
Laurie verließ die Wohnung und drückte den Aufzugsknopf. Auf der Fahrt nach unten fiel ihr ein, daß Sara Wetherbee ihr gesagt hatte, Duncan habe sie an dem Abend um ihren Besuch gebeten, an dem er die Überdosis genommen hatte. Laurie dachte, daß sowohl Duncans wie Julias Einladung an den Partner sehr eigenartig war. Wenn beide es so gut verstanden hatten, ihren Drogenkonsum geheimzuhalten, warum sollten sie dann jemanden gerade an dem Abend zu sich bitten, wo sie vorhatten, einen Trip zu machen?
Laurie gab Patrick, dem Portier, den Schlüssel zurück und bedankte sich beim Hinausgehen. Sie war schon ein paar Stufen hinuntergegangen, als sie noch einmal umkehrte.
"Hatten Sie gestern abend Dienst?" fragte sie ihn.
"Das hatte ich", antwortete Patrick. "Drei bis elf. Das ist meine Schicht."
"Haben Sie Julia Myerholtz gestern abend zufällig gesehen?"
"Das habe ich. Ich habe sie fast jeden Abend gesehen."
"Ich nehme an, Sie haben gehört, was mit ihr passiert ist."
Laurie wollte keine Informationen preisgeben, in die der Portier vielleicht nicht eingeweiht war.
"Ja, sie hat Drogen genommen wie viele junge Leute. Es ist ein Jammer."
"Wirkte sie niedergeschlagen, als sie gestern abend nach Hause kam?"
"Ich würde nicht sagen, niedergeschlagen. Aber sie verhielt sich nicht normal."
"Wie meinen Sie das?"
"Sie hat nicht gegrüßt", erklärte Patrick. "Sie hat immer gegrüßt, nur gestern abend nicht. Aber das lag vielleicht daran, daß sie nicht allein war."
"Wissen Sie noch, wer bei ihr war?" Lauries Stimme klang plötzlich sehr interessiert.
"Allerdings. Normalerweise kann ich mir solche Dinge nicht merken, denn es gehen viele Leute ein und aus. Aber weil Miss Myerholtz nicht gegrüßt hat, habe ich mir ihre Begleiter angesehen."
"Kannten Sie sie? Waren sie schon einmal hier?"
"Ich weiß nicht, wer sie waren. Und ich glaube nicht, daß ich sie schon einmal gesehen habe. Einer war groß, dünn und gut gekleidet. Der andere war sehr kräftig und eher klein. Beide haben nichts gesagt, als sie hereinkamen."
"Haben Sie sie gesehen, als sie wieder gingen?"
"Nein. Sie müssen gegangen sein, als ich Pause gemacht habe."
"Um wieviel Uhr sind sie gekommen?"
"Früh am Abend. So gegen sieben Uhr."
Laurie dankte Patrick noch einmal und rief ein Taxi, um ins Institut zurückzufahren. Es wurde schon dämmerig. Die Wolkenkratzer waren bereits erleuchtet, und die Menschen eilten von der Arbeit nach Hause. Während das Taxi im dichten Verkehr der Innenstadt zusteuerte, dachte sie über ihre Gespräche mit Julias Freund und dem Portier nach. Sie dachte auch über die beiden Männer nach, die Patrick beschrieben hatte. Wenn sie vielleicht auch Arbeitskollegen oder Freunde von Julia waren, konnte die Tatsache wichtig sein, daß sie Julia am selben Abend besucht hatten, an dem sie an einer Überdosis starb. Laurie wünschte, es gäbe einen Weg, sie ausfindig zu machen, damit sie mit ihnen reden konnte. Ihr kam sogar der Gedanke, daß sie vielleicht Dealer waren. Hatte Julia Myerholtz ein geheimes Leben führen können, zu dem ihr Freund keinen Zugang hatte?
Im Institut ging Laurie als erstes zu George, um zu sehen, ob er vom Zahnarzt zurückgekommen war. Offensichtlich war er dagewesen und wieder gegangen; sein Zimmer war dunkel. Enttäuscht versuchte sie, die Tür zu öffnen, doch sie war abgeschlossen. Plötzlich kam ihr der Einfall, sich die Adresse von Wendell Morrison zu beschaffen, dem anderen Überdosisopfer.
Laurie ließ den Mantel in ihrem Büro, nahm ein Paar Gummihandschuhe und ging hinunter ins Leichenschauhaus. Sie fand Bruce Pomowski, der Nachtdienst hatte, in seinem Büro.
"Wissen Sie etwas über den
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