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Montgomery u Stapleton 01 - Blind

Montgomery u Stapleton 01 - Blind

Titel: Montgomery u Stapleton 01 - Blind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Verbleib der Myerholtz-Leiche?" fragte Laurie. "Ist sie schon abgeholt worden?"
    "War es ein Fall von heute?" fragte Bruce.
    "Ja."
    Bruce schlug eine dicke Kladde auf und fuhr mit dem Finger über die Eintragungen vom Tage. Als er auf den Namen Myerholtz stieß, fuhr er mit dem Finger quer über die Seite. "Ist noch nicht abgeholt worden", sagte er. "Wir warten auf einen Anruf von einem Bestattungsinstitut von außerhalb."
    "Ist sie im Kühlraum?"
    "Ja. Müßte auf einer Trage ziemlich vorne liegen."
    Laurie dankte ihm und ging den Korridor zum Kühlraum hinunter. Abends änderte sich die Atmosphäre des Leichenschauhauses vollkommen. Tagsüber herrschte dort hektische Betriebsamkeit. Aber jetzt hörte Laurie den Widerhall ihrer Absätze in den verlassenen und nur schwach beleuchteten, blau gekachelten Korridoren. Unvermittelt fiel ihr Lous Reaktion ein, als sie am Dienstagmorgen heruntergekommen waren. Er hatte es einen schauerlichen Ort genannt.
    Laurie blieb stehen und betrachtete den fleckigen Betonboden, auf den Lou hingewiesen hatte. Dann blickte sie zu den aufgestapelten Kiefernsärgen hoch, die für die nicht identifizierten Toten bestimmt waren, die ein Armenbegräbnis bekamen. Sie ging weiter. Es war erstaunlich, wie der Alltagstrott ihr Bewußtsein gegen die unheimliche Seite des Leichenschauhauses abschirmte. Es bedurfte eines Fremden wie Lou und einer Zeit, zu der das Leichenschauhaus leer von Lebenden war, um das zu erkennen.
    Als Laurie zu der großen, unhandlichen Stahltür des Kühlraums kam, streifte sie die Handschuhe über und drehte den klobigen Griff, um das Schnappschloß zu entriegeln. Mit einem heftigen Ruck zog sie die schwere Tür auf. Ein feuchtkalter Dunst kam ihr entgegen und wirbelte um ihre Beine. Sie schaltete das Licht an.
    Noch im Bann ihrer Gedanken betrachtete Laurie das Innere des Kühlraums mit den Augen eines Laien, nicht mit denen der Gerichtspathologin, die sie war. Es war tatsächlich angsteinflößend. In den Holzregalen, die die Wände bedeckten, lag eine makabre Sammlung von Leichen und Leichenteilen, die nach der Autopsie darauf warteten, abgeholt zu werden. Die meisten waren nackt, ein paar mit blutbesudelten Laken zugedeckt. Es war wie ein Blick in die Hölle.
    In der Mitte des Raums drängten sich alte Rolltragen, auf denen jeweils eine Leiche lag. Auch sie waren teils zugedeckt, teils nackt, die Augen waren geschlossen. Laurie hatte das Gefühl, wie in einem Totenschlafsaal zu sein.
    Mit einem unerwarteten Gefühl der Scheu trat sie über die Schwelle. Ihre Augen überflogen unruhig die Rolltragen, um Julia Myerholtz ausfindig zu machen. Hinter ihr schlug die schwere Tür geräuschvoll ins Schloß.
    Wider alle Vernunft wirbelte Laurie herum und stürzte zurück zur Tür, aus Angst, im Kühlraum eingeschlossen zu sein. Doch das Schnappschloß reagierte auf ihren Druck, und die Tür schwang in ihren mächtigen Scharnieren auf.
    Betreten, weil die Phantasie mit ihr durchgegangen war, ging Laurie in den Kühlraum zurück und überprüfte systematisch alle Leichen auf den Rolltragen. Zu Identifizierungszwecken hatte jede Leiche ein Namensschild am rechten großen Zeh. Sie entdeckte Julia unweit der Tür. Es war eine der Leichen, die man zugedeckt hatte.
    Laurie trat an das Kopfende und zog das Laken zurück. Sie betrachtete die wachsbleiche Haut der Frau und ihre feinen Gesichtszüge. Wäre sie nicht so bleich gewesen, hätte man meinen können, sie schlafe. Doch der brutale, Y-förmige Obduktionsschnitt machte dieser Illusion rasch ein Ende.
    Bei näherem Hinsehen bemerkte Laurie mehrere Prellungen an Julias Kopf, wahrscheinlich Spuren eines Anfalls. Im Geiste sah sie die Frau gegen die Statue stoßen und sie umwerfen. Sie öffnete Julias Mund und betrachtete ihre Zunge, die nicht entfernt worden war. Sie konnte schwere Bißwunden erkennen, ein weiterer Beweis für einen Anfall.
    Dann suchte sie die Einstichstelle der Spritze. Sie war so problemlos zu finden wie bei den anderen. Sie bemerkte auch, daß Julia sich die Arme zerkratzt hatte, genau wie Duncan Andrews. Wahrscheinlich hatte sie ähnliche Halluzinationen gehabt. Aber Julias Kratzspuren waren tiefer, fast so, als stammten sie von einem Messer.
    Als Laurie die sorgfältig manikürten Fingernägel sah, war ihr klar, warum die Kratzspuren so tief waren. Julia hatte lange, spitz zulaufende Nägel. Während sie die Fingernägel betrachtete, bemerkte sie etwas Gewebe unter dem Nagel des rechten Mittelfingers.
    Sie

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