Montgomery u Stapleton 01 - Blind
sagte Angelo.
"Ich muß nicht einmal mit Ihnen reden."
Angelo merkte, daß Laurie kein einfacher Fall werden würde.
"Ich fürchte, wir müssen darauf bestehen", sagte er ruhig.
"Ich kenne Sie überhaupt nicht. Von welchem Revier sind Sie?"
Angelo blickte kurz über seine Schulter. Niemand war auf dem Weg ins Haus. Bei diesem Weibsbild würden sie Gewalt anwenden müssen. Angelo warf Tony einen schnellen Blick zu und nickte schwach.
Tony verstand den Wink, griff in sein Jackett und zog die Beretta Bantam heraus. Er richtete sie auf Laurie.
Angelo zuckte zusammen, als Laurie einen durchdringenden Schrei ausstieß, der einen Toten hätte aufwecken können.
Mit der freien Hand packte Tony Laurie im Genick und versuchte, sie zum Wagen zu zerren. Doch er bekam eine Aktentasche in die Leistengegend. Er krümmte sich vor Schmerzen zusammen. Als er sich wieder aufrichtete, zielte er mit seiner Pistole auf die Brust der Frau und drückte zweimal schnell ab. Laurie ging sofort zu Boden.
Die Schüsse waren ohrenbetäubend; Tony hatte keinen Schalldämpfer aufgesetzt, da er nicht damit gerechnet hatte, die Pistole benutzen zu müssen.
"Warum hast du Idiot auf sie geschossen?" knurrte Angelo.
"Wir sollten sie lebendig bringen."
"Ich hab die Nerven verloren", erklärte Tony. "Sie hat mir ihre verdammte Tasche in die Eier gedroschen."
"Jetzt aber nichts wie weg mit ihr", befahl Angelo.
Gemeinsam packten sie Laurie an den Armen. Angelo bückte sich und schnappte ihre Aktentasche. Dann schleppten sie den leblosen Körper zu ihrem Wagen. Tot oder lebendig, sie konnten sie jedenfalls zur Montego Bay bringen.
So rasch wie möglich schoben sie sie auf den Rücksitz des Wagens. Ein paar Fußgänger betrachteten sie mißtrauisch, aber keiner sagte etwas. Tony setzte sich neben sie, während Angelo hinter das Steuer sprang und den Wagen anließ. Als der Motor lief, reihte er sich in den Verkehr auf der 19th Street ein.
"Hoffentlich verschmiert sie mir nicht den Sitz mit Blut", sagte Angelo mit einem kurzen Blick in den Rückspiegel. Er sah, wie Tony sich an ihr zu schaffen machte. "Was machst du denn da?"
"Versuche, die Tasche unter ihr wegzuziehen", erklärte Tony. Er stöhnte. "Ist, als würde sie sich festkrallen. Als ob das jetzt noch was ausmacht."
"Ist sie tot?" fragte Angelo. Er war immer noch wütend.
"Sie hat sich noch nicht bewegt", sagte Tony. "Ah, ich habs!"
Er hielt die Tasche hoch wie eine Trophäe.
"Wenn Cerino mich fragt, was los war", fauchte Angelo, "muß ichs ihm sagen."
"Tut mir leid", sagte Tony. "Ich hab dir doch gesagt, ich hab die Nerven verloren. He, guck mal! Die Tussi ist gut bestückt!" Er wedelte mit einigen 20-Dollar-Scheinen, die er aus einem Portemonnaie gezogen hatte.
"Paß auf, daß niemand sie sieht", sagte Angelo.
"O nein!" stöhnte Tony auf.
"Was ist denn jetzt wieder los?"
"Dieses Weibsstück ist gar nicht Laurie Montgomery", rief Tony und sah von einem Ausweis auf. "Es ist eine Maureen Wharton, stellvertretende Staatsanwältin. Sieht aber genauso aus wie das Foto." Tony beugte sich vor und nahm sich die Zeitung mit Lauries Bild. Er schob Maureens Haare zurück und verglich ihr Gesicht mit dem in der Zeitung. "Ziemlich ähnlich jedenfalls", sagte er.
Angelo packte das Lenkrad so fest, daß das Blut aus seinen Händen wich. Er mußte Cerino wegen Tony Bericht erstatten, ob er fragte oder nicht. Wegen Tonys Blödheit hatten sie die falsche Frau umgelegt, und dann auch noch eine stellvertretende Staatsanwältin. Dieser Blödmann brachte ihn noch zur Weißglut.
"Ich bins Ponti", sagte Franco. Er hatte Vinnie Dominick angewählt. "Ich bin im Wagen, unterwegs Richtung Tunnel. Ich wollte dir nur mitteilen, daß ich die beiden, über die wir gesprochen haben, eben beobachtet habe, wie sie am hellen Tag eine junge Frau umgelegt haben. Es ist verrückt. Es gibt keinen Sinn."
"Gut, daß du anrufst", sagte Vinnie. "Ich hab schon versucht, dich zu erreichen. Dieser Spitzel, den du mir da gebracht hast, dieser Freund von einem Freund von Tony Ruggerios Freundin, hat mich eben eingeweiht. Er weiß, was sie vorhaben. Es ist unglaublich. Darauf wärst du nie gekommen."
"Soll ich zurückkommen?" fragte Franco.
"Nein, bleib noch etwas an den beiden", sagte Vinnie. "Ich geh jetzt los und spreche direkt mit ein paar von unseren Leuten. Wir müssen überlegen, was wir unternehmen. Wir müssen Cerino stoppen, aber so, daß wir daraus Nutzen ziehen. Capisce?"
Franco hängte ein.
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