Montgomery u Stapleton 01 - Blind
war, ließ sie das Taxi auf den Hof fahren. Das war gut so, denn dort stand Binghams Dienstwagen, eine der Vergünstigungen, die ihm als Institutsdirektor zustanden.
"Ich habe es mir anders überlegt", rief Laurie dem Fahrer durch die Plexiglasscheibe zu. Sie nannte ihm ihre Wohnungsadresse. Mit einem Fluch in einer Sprache, die Laurie noch nie gehört hatte, fuhr er vom Hof auf die 30th Street und bog wieder in die First Avenue ein. Wenige Minuten später hielt er vor ihrem Haus.
Es regnete immer noch, und Laurie rannte zur Tür. Überrascht stellte sie fest, daß das Schloß der Haustür aufgebrochen war. Sie würde den Hausmeister anrufen müssen, für den Fall, daß noch niemand ihn informiert hatte.
Laurie lief direkt zum Aufzug. Sie machte sich nicht die Mühe, nach der Post zu schauen. Sie hatte nur einen Gedanken: Lou anrufen.
Als die Aufzugstüren sich schlossen, sah Laurie eine Hand auftauchen, die versuchte, die Tür noch aufzuhalten. Laurie wollte den Türöffner-Knopf drücken, drückte versehentlich jedoch den Knopf zum Schließen. Die Hand verschwand, die Türen schlossen sich, und der Aufzug fuhr nach oben.
Laurie schloß gerade ihre Schlösser auf, als sie hinter sich die Tür von Debra Englers Wohnung aufgehen hörte.
"Da waren zwei Männer an Ihrer Tür", sagte Debra. "Ich habe sie noch nie gesehen. Sie haben zweimal geschellt."
Obwohl Laurie nicht mochte, daß Debra die Nase in ihre Angelegenheiten steckte, überlegte sie, wer die beiden Männer wohl waren und was sie gewollt haben mochten. Es war kaum möglich, bei "zwei Männer" nicht an die Überdosisfälle zu denken, und bei dem Gedanken lief es ihr kalt über den Rücken. Sie fragte sich, wie sie bis vor ihre Tür gekommen waren, denn sie war nicht zu Hause gewesen, um ihnen die Haustür unten aufzumachen. Dann fiel ihr das aufgebrochene Schloß an der Haustür ein. Sie fragte Debra, wie sie ausgesehen hatten.
"Hab ihre Gesichter nicht genau gesehen", sagte Debra. "Aber auf mich haben sie keinen guten Eindruck gemacht. Und wie ich schon sagte, sie haben zweimal geschellt."
Laurie drehte sich wieder zur Tür um und entriegelte das letzte Schloß. Ihr kam der Gedanke, daß die beiden Männer, falls sie nichts Gutes im Schilde führten, über die Hintertreppe hätten kommen und durch die Küche in ihre Wohnung einsteigen können.
Laurie stieß die Wohnungstür auf. Sie quietschte in den Angeln, die mit zig Lackschichten überzogen waren. Von dort, wo sie stand, sah die Wohnung so aus, wie sie sie verlassen hatte. Sie hörte nichts Ungewöhnliches und bemerkte auch nichts Verdächtiges. Behutsam trat sie über die Schwelle, bereit, beim geringsten ungewöhnlichen Geräusch zu fliehen.
Aus den Augenwinkeln sah Laurie etwas auf sich zukommen. Sie stieß einen schwachen, unbeabsichtigten Schrei aus, der mehr ein Keuchen als ein Schreien war, ließ ihre Aktentasche fallen und hob abwehrend die Arme. Im gleichen Augenblick war die Katze auf ihrer Schulter, aber nur eine Sekunde lang. Im nächsten Moment war sie auf das Flurtischchen gesprungen und trollte sich dann mit angelegten Ohren ins Wohnzimmer.
Eine Sekunde stand Laurie in der Tür, die Hände an die Brust gepreßt. Ihr Herz schlug wie verrückt. Als sie sich gefangen hatte, wandte sie sich zur Tür um, machte sie zu und sicherte die verschiedenen Schlösser.
Sie hob die Aktentasche auf und ging ins Wohnzimmer. Die verrückte Katze huschte aus ihrem Versteck, sprang auf den Bücherschrank und von dort auf die Vorhangleiste über dem Fenster. Von ihrem Aussichtspunkt starrte sie mit gespieltem Ärger auf Laurie hinunter.
Laurie ging sofort zum Telefon. Der Anrufbeantworter blinkte, doch sie hörte das Band nicht ab. Statt dessen wählte sie Lous Dienstnummer. Wieder meldete er sich nicht. Sie legte auf und wählte seine Privatnummer. Aber noch bevor sie zu Ende gewählt hatte, klingelte es an der Tür. Erschrocken legte sie auf.
Zuerst hatte sie Angst, an die Tür zu gehen, sogar Angst, durch den Spion zu schauen. Wieder ging die Klingel. Sie wußte, sie mußte etwas tun. Sie würde nachsehen, wer es war, sagte sie sich. Sie brauchte ja nicht aufzumachen.
Auf Zehenspitzen schlich sie zur Tür und spähte hinaus. Zwei Männer, die sie nicht kannte, standen dort, die Gesichter durch die Weitwinkellinse in die Breite verzerrt.
"Wer ist da?" fragte Laurie.
"Polizei", rief eine Stimme.
Ein Gefühl der Erleichterung überkam sie, während sie gleichzeitig daranging, die Schlösser
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