Montgomery u Stapleton 01 - Blind
Film sieht, aber ich schätze, Sie würden einen etwas anderen Eindruck bekommen, wenn Sie die Leiche von Mrs. Schulman sähen. Und ein letztes Wort: Ich würde mir überlegen, ob ich ihm eine Rechnung schicke. Danke für Ihre Zeit, Doktor."
Lou verließ das Gebäude mit einem etwas unbehaglichen Gefühl. Es war eine wertlose Begegnung gewesen, die ihn nur aufgebracht hatte. Er konnte aufgeblasene, verhätschelte Dummköpfe wie Jordan Scheffield nicht ausstehen. Wenn der Arzt Schwierigkeiten mit Paul Cerino bekam, war es seine eigene Schuld. Er war derart überheblich, daß er die Gefahr nicht sah.
Eine halbe Stunde später war Lou in seinem Büro in der Polizeizentrale. Er blieb einen Augenblick auf der Schwelle stehen und sah sich angewidert um. Ein krasserer Gegensatz zu der schicken Umgebung Jordan Scheffields war kaum vorstellbar. Die Einrichtung war aus dem üblichen grauen Metall, städtische Norm, mit den Brandflecken unzähliger Zigaretten, die am Rand abgelegt worden waren, und den Flecken von verschüttetem Kaffee. Auf dem Boden lag abgetretenes, rissiges Linoleum. Die Wände waren vor Jahren in einem matten Grün gestrichen worden, das nach einem Wasserschaden im Stockwerk darüber Blasen geworfen hatte. Papiere und Berichte stapelten sich auf allen ebenen Flächen, da der Aktenschrank voll war.
Lou hatte nie groß über sein Büro nachgedacht, doch heute kam es ihm bedrückend schmuddelig vor. Es war irrational, das wußte er, aber er regte sich wieder und wieder über diesen selbstgefälligen Arzt auf.
Detective Lieutenant Harvey Lawson, der gerade vorbeikam, unterbrach Lous Gedanken. "He, Lou", sagte er, "du weißt doch, diese Tussi, von der du gestern erzählt hast? Die von der Gerichtsmedizin?"
"Ja?"
"Ich habe gerade gehört, daß sie bei Intern angerufen hat. Hat sich über zwei Streifenbeamte beschwert, die einen Drogentoten bestohlen haben sollen. Was hältst du davon?"
Tony und Angelo saßen in Angelos Town Car. Der Wagen stand gegenüber dem Goldblatt-Pavillon des Manhattan General Hospital. Der Goldblatt-Pavillon war der luxuriöse Teil des Krankenhauses, wo verwöhnte, betuchte Patienten ŕ la carte essen und auch Wein trinken konnten, sofern der ärztliche Speiseplan derartige Extravaganzen erlaubte.
Es war 14.48 Uhr, und Tony und Angelo waren erschöpft. Sie hatten gehofft, nach ihrer langen Nacht etwas schlafen zu können, doch Paul Cerino hatte andere Pläne mit ihnen.
"Was hat Doc Travino gesagt, wann sollen wir es machen?" fragte Tony.
"Um drei", sagte Angelo. "Das ist wahrscheinlich die Zeit, wo im Krankenhaus am meisten los ist. Da gehen die Schwestern von der Frühschicht, und die Spätschicht kommt."
"Wenn der Doc das sagt, mir solls recht sein."
"Mir gefällt das nicht", sagte Angelo. "Ich meine immer noch, das ist zu riskant." Mit wachsamen Augen suchte er die Umgebung ab. Es herrschte reger Betrieb, und viele Polizisten waren unterwegs. In den zehn Minuten, die sie inzwischen hier standen, hatte Angelo drei Streifenwagen vorbeifahren sehen.
"Betrachte es als eine Herausforderung", regte Tony an. "Und denk an das Geld, das wir kassieren."
"Ich arbeite lieber nachts", sagte Angelo. "Und Herausforderungen brauche ich in meinem Leben nicht mehr. Außerdem sollte ich jetzt im Bett liegen. Ich sollte nicht arbeiten, wenn ich so müde bin. Ich könnte einen Fehler machen."
"Nimms leicht", sagte Tony. "Das wird bestimmt Spaß machen."
Doch Angelo war nicht umzustimmen. "Ich habe ein schlechtes Gefühl bei der Geschichte", erklärte er. "Vielleicht sollten wir einfach nach Hause fahren und schlafen. Wir haben wieder eine harte Nacht vor uns."
"Warte du hier, und ich geh allein rein. Dein Geld kriegst du auch so."
Angelo biß sich auf die Lippe. Es war verlockend, den Jungen allein ins Krankenhaus zu schicken, aber wenn irgend etwas schiefging, würde Cerino toben, das wußte er. Und selbst unter den günstigsten Umständen war die Wahrscheinlichkeit groß, daß die Sache platzte, wenn Tony allein ging. Widerstrebend kam Angelo zu dem Schluß, daß er keine Wahl hatte.
"Danke für das Angebot", sagte Angelo, während er erneut die Gegend absuchte, "aber ich meine, wir sollten das zusammen machen." Er drehte sich zufällig zu Tonys Seite und sah zu seinem Entsetzen, daß Tony seine Pistole in der Hand hielt.
"Bist du verrückt geworden?" schrie Angelo. "Steck das verdammte Ding weg. Was meinst du, wenn jemand hier vorbeikommt und sieht dich damit rumspielen? Hier sind
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