Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
dritten Stufe blieb er stehen. Im fahlen Licht, das die Stadt herüberwarf und das von der Wolkendecke reflektiert wurde, konnte Jack die Züge des Mannes kaum erkennen. Seine Augen erschienen ihm wie zwei endlos tiefe Löcher.
»Mann, du hast wirklich Mumm in den Knochen«, sagte Reginald. Langsam senkte er den Arm und ließ die Maschinenpistole lässig baumeln. »Und du bist gut in Form. Das muß ich dir lassen.«
»Was willst du von mir? Was auch immer es ist - du kannst es haben.«
»Jetzt hör mal zu, Alter. Ich will überhaupt nichts von dir«, sagte Reginald. »Schließlich weiß ich, daß bei dir nicht viel zu holen ist. In den beschissenen Lumpen, die du am Leibe trägst, hast du bestimmt nichts versteckt, und in deinem gottverdammten Apartment bin ich auch schon gewesen. Um ehrlich zu sein - ich soll dich einfach nur kaltmachen. Uns ist nämlich zu Ohren gekommen, daß du dich nicht an Twins Empfehlung gehalten hast.«
»Ich kann dir Geld geben«, bot Jack an. »Was auch immer sie dir für diesen Job bezahlen, ich biete mehr.«
»Klingt interessant«, erwiderte Reginald. »Aber ich kann mich leider nicht auf den Deal einlassen. Dann würde ich es mir nämlich mit Twin verderben, und was dann auf mich zukäme, kannst du mit keinem Geld der Welt bezahlen. Also vergiß es.«
»Dann erzähl mir wenigstens, wer dich bezahlt«, forderte Jack. »Nur, damit ich’s weiß.«
»Hey, Kumpel, wenn du die Wahrheit wissen willst - ich hab’ keinen blassen Schimmer«, sagte Reginald. »Ich weiß nur, daß der Job verdammt gut bezahlt wird. Dafür, daß ich dich eine Viertelstunde durch den Park jage, kriegen wir fünfhundert Piepen. Das ist nicht schlecht, würde ich sagen.«
»Ich zahle tausend«, sagte Jack. Er wollte, daß Reginald weiterredete.
»Tut mir leid«, entgegnete Reginald. »Unsere kleine Show hier ist vorbei, deine Zeit ist abgelaufen.« Genauso langsam, wie er die Pistole hatte sinken lassen, hob er sie wieder an. Jack konnte nicht fassen, daß er jetzt aus kürzester Distanz erschossen werden sollte, von jemandem, der ihm völlig fremd war und der ihn genausowenig kannte. Es war wirklich absurd. Er mußte unbedingt versuchen, Reginald zum Reden zu bringen, doch so wortgewandt er sonst war, es fiel ihm einfach nichts ein. Als er sah, wie die Waffe sich langsam auf ihn richtete und er schließlich direkt in den Lauf der Pistole starrte, war seine Schlagfertigkeit wie weggeblasen.
Ein Schuß krachte durch die Nacht. Jack zuckte zusammen. Er hatte die Augen geschlossen, aber seltsamerweise spürte er nichts. Dann erst wurde ihm bewußt, daß Reginald mit ihm Katz und Maus zu spielen schien. Er öffnete die Augen. Auch wenn er vor Angst fast verging, war er fest entschlossen, sich cool zu geben. Doch was er sah, machte ihn völlig perplex. Reginald war verschwunden. Jack blinzelte ein paarmal, als traue er seinen Augen nicht. Dann sah er genauer hin und erkannte am Boden die Umrisse von Reginalds Körper. Rund um den Kopf breitete sich ein dunkler Fleck aus.
Jack schluckte, rührte sich aber nicht vom Fleck. Plötzlich trat ein Mann aus dem Schatten der Arkade. Er trug eine Baseballkappe, verkehrt herum. In der Hand hielt er eine Pistole, die so ähnlich aussah, wie die von Reginald. Als erstes bückte er sich nach Reginalds Waffe, die drei Meter über den Boden geschlittert war. Er nahm sie kurz in Augenschein und stopfte sie sich in den Hosenbund. Dann stieg er über den Leichnam hinweg und stieß mit dem Fuß Reginalds Kopf zur Seite, um die Wunde aus der Nähe zu betrachten. Zufrieden beugte er sich zu dem leblosen Körper hinab und durchsuchte ihn, bis er eine Brieftasche gefunden hatte. Er steckte sie ein und erhob sich. »Los, Doc, gehen wir«, sagte er.
Jack stieg die letzten drei Stufen hinab. Unten angekommen, erkannte er seinen Retter. Es war Spit!
»Was machst du denn hier?« flüsterte Jack. Seine Kehle war so trocken, daß er kaum sprechen konnte.
»Laß uns bloß schnell abhauen, Mann«, erwiderte Spit. »Wir haben keine Zeit für irgendwelche Mätzchen.« Er rotzte auf die Steine. »Wir müssen so schnell wie möglich von diesem beschissenen Ort verschwinden. Einer von den Pennern da drüben hat nur einen Streifschuß abbekommen, und es wird nicht mehr lange dauern, bis es hier vor Bullen wimmelt.«
Jacks Hirn arbeitete auf Hochtouren. Verzweifelt versuchte er sich zusammenzureimen, warum sein Basketballkumpel im entscheidenden Moment an seiner Seite gewesen war, doch er
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