Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
dadurch vielleicht eine Katastrophe verhindern.«
»Und was halten Sie von Rimantadin?«
»Ich würde es verschreiben«, sagte Jack. »Wahrscheinlich werde ich mir selbst etwas davon besorgen. Immerhin hat man es schon häufiger mit Erfolg eingesetzt. Aber für das Krankenhaus muß Dr. Zimmerman das entscheiden.«
»Ich glaube, ich werde sie mal anrufen«, sagte Kathy. Jack wartete, während sie Dr. Zimmerman höflich, aber entschieden auseinandersetzte, daß es zwischen dem verstorbenen Kevin Carpenter und dem erkrankten Personal ganz offenkundig eine Verbindung geben müsse. Als sie ihre Befürchtungen vorgebracht hatte, wurde sie ziemlich schnell zum Schweigen gebracht; das einzige, was sie noch von sich gab, war ein gelegentliches ›jawohl‹.
Als sie schließlich auflegte, verdrehte sie die Augen. »Diese Frau ist einfach unmöglich«, sagte sie. »Sie ist nicht bereit, außergewöhnliche Maßnahmen einzuleiten, solange es lediglich einen einzigen bestätigten Influenzafall gibt. Sie hat Angst, daß Mr. Kelley und die Führungsriege von AmeriCare etwas dagegen haben könnten, weil eine derartige Aktion unserem Ruf in der Öffentlichkeit schaden würde. Daher will sie warten, bis einschneidende Maßnahmen unbedingt notwendig sind.«
»Und was hat sie zu dem Rimantadin gesagt?«
»Dafür war sie schon ein bißchen aufgeschlossener«, erwiderte Kathy. »Sie will die Krankenhausapotheke anweisen, eine gegebenenfalls ausreichende Menge für das Personal zu bestellen, aber verschreiben will sie das Mittel vorerst noch nicht. Nun ja - wenigstens habe ich sie auf das Problem aufmerksam gemacht.«
»Ja, das ist immerhin etwas«, stimmt Jack ihr zu. Im nächsten Moment klopfte die Sekretärin und brachte die Listen. Jack bedankte sich bei der Frau und begann die Ausdrucke sofort zu überfliegen. Er war beeindruckt, was ein Patient so alles benötigte, wenn er für ein paar Tage im Krankenhaus lag. Die Aufstellungen waren endlos lang und umfaßten mit Ausnahme von Medikamenten, Essen und Bettwäsche sämtliche Gegenstände, die die Patienten erhalten hatten.
»Können Sie irgend etwas Interessantes entdecken?« fragte Kathy.
»Nein«, gestand Jack. »Jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Mir fällt nur auf, daß die Listen einander ziemlich ähneln. Ich hätte wohl auch eine Liste von einem ganz normalen Patienten anfordern sollen, dann hätte ich eine Vergleichsmöglichkeit gehabt.«
»Das dürfte doch eigentlich kein Problem sein«, warf Kathy ein. Sie rief noch einmal bei Mrs. Zarelli an und bat sie, die gewünschte Liste auszudrucken. »Wollen Sie warten?« fragte sie ihn.
»Besser nicht«, erwiderte Jack und erhob sich von seinem Stuhl. »Ich glaube, ich habe bis jetzt mehr Glück als Verstand gehabt, daß mich niemand ertappt hat. Ich würde Sie bitten, mir die Liste ins Gerichtsmedizinische Institut zu schicken. Es könnte wirklich wichtig sein, die Verbindung zum Zentralmagazin aufzudecken.«
»Natürlich, ich schicke Ihnen die Liste, sobald ich sie habe.« Jack ging zur Tür und warf einen vorsichtigen Blick auf den Flur. Dann wandte er sich noch einmal an Kathy: »Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, daß ich mich hier wie ein Krimineller verhalten muß.«
»Wir sind Ihnen für Ihre Beharrlichkeit wirklich zu Dank verpflichtet«, entgegnete Kathy. »Ich entschuldige mich im Namen aller, die Ihre Absichten fehlinterpretiert haben.«
»Danke«, sagte Jack gerührt.
»Darf ich Ihnen noch eine persönlich Frage stellen?«
»Kommt darauf an, wie persönlich sie ist.«
»Was haben Sie mit Ihrem Gesicht angestellt? Was auch immer Ihnen zugestoßen ist - es muß sehr weh getan haben.«
»Es sieht schlimmer aus als es ist«, entgegnete Jack. »So was passiert schon mal, wenn man nachts durch den Central Park joggt.« Er eilte durch den Verwaltungstrakt und durchquerte die Eingangshalle. Als er draußen in der Frühlingssonne stand, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Es war das erste Mal, daß er ungeschoren aus dem Manhattan General davonkam.
Vom Krankenhaus aus fuhr er nicht gleich zurück zum Institut, sondern machte noch einen kleinen Abstecher in Richtung Osten. Bei seinen früheren Besuchen im General hatte er gesehen, daß sich nur zwei Häuserblocks von der Klinik entfernt die Filiale einer Drugstore-Kette befand. Nachdem er mit Kathy über die vorsorgliche Einnahme von Rimantadin gesprochen hatte, wollte er sich selbst einen ausreichenden Vorrat besorgen. Da er vorhatte, später noch
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