Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
teilte mit, ihr Chef sei wegen eines Krankheitsfalls in der Familie frühzeitig nach Hause gegangen. Jack legte auf und trommelte mit den Fingern auf der Arbeitsfläche seines Schreibtisches. »Wir niederen Knechte sind auf uns selbst gestellt«, sagte er. Plötzlich rollte er schwungvoll mit seinem Stuhl zurück, sprang auf und stürmte zur Tür. Chet sprang ebenfalls auf und folgte ihm. »Wo willst du hin?«
»Nach unten«, erwiderte Jack. »Ich will mit Bart Arnold sprechen.« Er stand vor dem Fahrstuhl und drückte den Knopf. »Ich brauche mehr Informationen. Irgend jemand muß herausfinden, wo der Pestfall seinen Ursprung hat, sonst wird in dieser Stadt bald ganz schön was los sein.«
»Solltest du nicht lieber auf Bingham warten?« versuchte Chet ihn aufzuhalten. »Diese Entschlossenheit in deinen Augen beunruhigt mich.«
»Ich wußte gar nicht, daß ich so leicht zu durchschauen bin«, erwiderte Jack und lachte. »Es stimmt. Der Fall hat mich neugierig gemacht. Ich muß wissen, was es damit auf sich hat.« Die Fahrstuhltür glitt auf, und Jack trat hinein. Chet stellte sich in die offene Tür. »Jack, tu mir einen Gefallen, und sei vorsichtig! Ich bin gern mit dir in einem Büro. Paß auf, daß du niemandem auf die Füße trittst!«
»Ich?« fragte Jack. »Ich bin doch die Diplomatie in Person.«
»Dann bin ich Moammar Al Gaddhafi«, erwiderte Chet und gab die Tür frei.
Jack war wirklich aufgedreht und guter Dinge. Er mußte sogar lächeln, als er sich in Erinnerung rief, wie er Laurie erzählt hatte, daß er hoffe, Nodelman sei an einer Krankheit gestorben, die das Krankenhaus und damit AmeriCare ernsthaft in die Bredouille bringen werde. Dabei hatte er an die Legionärskrankheit oder so etwas gedacht. Die Pest war natürlich noch zehnmal besser. Jetzt konnte er nicht nur AmeriCare einen dicken Skandal anhängen - zusätzlich würde er noch das Vergnügen haben, sich seine zehn Dollar von Calvin abzuholen. Im Erdgeschoß stieg er aus und steuerte direkt auf das Büro von Bart Arnold zu. Bart war der leitende Pathologie-Assistent. Zum Glück saß er an seinem Schreibtisch.
»Wir haben heute eine vorläufige Pestdiagnose gestellt«, begann Jack. »Ich muß sofort mit Janice Jaeger sprechen.«
»Aber sie wird jetzt schlafen«, entgegnete Bart. »Kann das nicht warten?«
»Nein.«
»Wissen Bingham oder Calvin Bescheid?«
»Sie sind beide nicht im Haus, und keiner weiß, wann sie zurückkommen.«
Bart zögerte einen Augenblick, dann kramte er die Nummer von Janice hervor und rief sie an. Er entschuldigte sich für die Störung, erklärte ihr, Dr. Stapleton wolle sie sprechen, und reichte Jack den Hörer.
Jack berichtete ihr von den Ergebnissen im Falle Nodelman. Schlagartig war jede Schläfrigkeit aus Janice’ Stimme verschwunden.
»Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Haben Sie in den Krankenhausunterlagen irgendeinen Hinweis darauf entdeckt, daß der Patient eine Reise unternommen hatte?«
»Nicht daß ich mich erinnere.«
»Irgendein Hinweis auf Kontakt zu Haustieren oder freilebenden Tieren?«
»Nein, nichts dergleichen«, antwortete Janice. »Aber ich kann heute abend noch mal im Manhattan General vorbeischauen. Diese Fragen sind nämlich nie explizit gestellt worden.« Jack bedankte sich und versicherte Janice, daß er sich selbst darum kümmern werde. Dann drückt er Bart den Hörer in die Hand und eilte zurück in sein Büro.
Chet sah von seinen Unterlagen auf. »Hast du irgend etwas herausgefunden?«
»Rein gar nichts.« Jack nahm sich sofort Nodelmans Akte vor. Er blätterte sie schnell durch, bis er den vollständig ausgefüllten Identifikationsvermerk gefunden hatte. Auf dieser Seite waren die Telefonnummern der nächsten Verwandten notiert. Jack wählte die Nummer von Nodelmans Frau. Es war ein Anschluß in der Bronx.
Beim zweiten Klingeln hob Mrs. Nodelman ab. »Hier spricht Dr. Stapleton«, sagte Jack. »Ich bin Gerichtsmediziner, und ich bin bei der Stadt New York angestellt.« Und dann mußte er erst einmal die Rolle eines Gerichtsmediziners erklären, denn auch die alte Bezeichnung ›Coroner‹, wie die Untersuchungsbeamten früher genannt worden waren, sagte Mrs. Nodelman nichts. »Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen«, erklärte er, als Mrs. Nodelman endlich verstanden hatte, wer er war.
»Es kam so plötzlich«, schluchzte Mrs. Nodelman. »Er hatte zwar Diabetes, aber daß er so plötzlich sterben würde - damit hatte doch niemand gerechnet.«
»Es tut mir sehr
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