Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Leiche identifiziert sei. Warum - gibt es deshalb irgendwelche Probleme?«
»Bingham ist im Sechseck gesprungen«, erwiderte Jack. »Und mich hat er als Schuldigen ausgeguckt und zu sich ins Büro zitiert.«
»Oh, das tut mir leid«, sagte Lou. »Es ist mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen, daß Sie deswegen Ärger kriegen könnten. So ein Mist - hätte ich bloß vorher mit Ihnen gesprochen! Na ja, zu spät, dann haben Sie also einen dicken Gefallen bei mir gut.«
»Vergessen Sie’s einfach«, winkte Jack ab und schenkte sich Kaffee, Milch und Zucker ein. »Die Sache hat sich schon erledigt.«
»Zumindest hat die Veröffentlichung der Geschichte bei unseren Informanten auf der Straße die gewünschte Wirkung erzielt«, sagte Lou. »Es gibt sogar schon eine wichtige Neuigkeit. Die Leute, die Franconi getötet haben, waren definitiv nicht dieselben, die seinen Leichnam entführt und zerstückelt haben.«
»Das überrascht mich nicht«, bemerkte Jack. »Nein?« fragte Lou. »Ich dachte, das sei hier die übereinstimmende Meinung gewesen. Zumindest laut Laurie.«
»Inzwischen glaubt sie, daß die Leute den Leichnam entführt haben, weil sie vertuschen wollten, daß Franconi eine neue Leber hatte«, erklärte Jack. »Ich glaube hingegen nach wie vor, daß sie in erster Linie die Identität des Opfers verschleiern wollten.«
»Ach, tatsächlich?« entgegnete Lou nachdenklich und nippte an seinem Kaffee. »Das macht in meinen Augen keinen Sinn. Wir können nämlich mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, daß die Leiche auf Anordnung des Lucia-Clans verschleppt wurde. Die Lucias sind die direkten Rivalen der Vaccarros, die nach unserem Wissen für die Ermordung Franconis verantwortlich sind.«
»Das ist ja furchtbar!« rief Jack. »Sind Sie sicher?«
»Ziemlich sicher«, entgegnete Lou. »Der Informant, von dem wir den Hinweis haben, ist normalerweise absolut zuverlässig. Wir kennen allerdings keine Namen. Das ist das Verdrießliche an der Sache.«
»Allein bei dem Gedanken, daß wir es mit dem organisierten Verbrechen zu tun haben, läuft es mir kalt den Rücken herunter«, sagte Jack. »Das bedeutet, daß die Lucia-Leute auf irgendeine Weise mit Organtransplantationen zu tun haben. Wenn einem das keine schlaflosen Nächte bereitet, was dann?«
»Nun beruhigen Sie sich doch!« schrie Raymond in den Hörer. Er war gerade im Begriff gewesen, seine Wohnung zu verlassen, als das Telefon erneut geklingelt hatte. Da es Dr. Levitz war, hatte er das Gespräch entgegengenommen. »Kommen Sie mir nicht mit solchen Sprüchen!« brüllte Dr. Levitz zurück. »Haben Sie nicht die Zeitungen gesehen? Sie haben Franconis Leiche! Gerade eben hatte ich Besuch von einem gewissen Dr. Jack Stapleton. Er ist Gerichtsmediziner und wollte Franconis Krankenakte mitnehmen.«
»Die haben Sie ihm ja wohl hoffentlich nicht gegeben«, entgegnete Raymond.
»Natürlich nicht«, raunzte Dr. Levitz zurück. »Aber er hat mich ziemlich herablassend daran erinnert, daß er die Unterlagen jederzeit per Gerichtsbescheid einfordern kann. Der Bursche hat kein Blatt vor den Mund genommen und war außerdem verdammt aggressiv. Er hat mir geschworen, der Sache auf den Grund zu gehen. Außerdem ahnt er bereits, daß man Franconi eine Leber transplantiert hat. Er hat mich direkt darauf angesprochen.«
»Geht aus Ihren Unterlagen irgend etwas über die Transplantation hervor?« fragte Raymond. »Oder irgend etwas, das auf unser Projekt schließen läßt?«
»Nein«, erwiderte Dr. Levitz. »Ich habe mich strikt an Ihre Vorschläge gehalten. Aber wenn wirklich jemand meine Aufzeichnungen unter die Lupe nimmt, wird er sich mit Sicherheit wundern. Schließlich habe ich über Jahre hinweg die stetige Verschlechterung von Franconis Gesundheitszustand festgehalten. Und plötzlich, wie aus heiterem Himmel, sind seine Leberwerte wieder vollkommen normal - ohne irgendeine Erklärung! Und ich habe dieses Phänomen in der Akte nicht mit einem einzigen Kommentar gewürdigt! Eins schwöre ich Ihnen - das wird auf jeden Fall ein Nachspiel haben. Und ich weiß nicht, ob ich den bohrenden Fragen gewachsen bin. Mir reicht’s! Ich wünschte, ich hätte mich nie auf diese Geschichte eingelassen.«
»Nun übertreiben Sie mal nicht!« entgegnete Raymond und bemühte sich, trotz seiner eigenen desolaten Verfassung Ruhe auszustrahlen. »Dieser Stapleton wird unser Geheimnis nie lüften. Unsere Angst vor einer Autopsie war doch rein hypothetisch und beruhte einzig
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