Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Apparat.
Cameron wählte die Durchwahlnummer des Zonenmanagers. Siegfried nahm sofort ab.
»Ich bin gerade im Inn «, erklärte Cameron. »Es ist etwas Seltsames vorgefallen, über das ich Sie vorsichtshalber in Kenntnis setzen möchte. Hier sind eben vier Ärzte aufgekreuzt, die bei Miss Williams vorgesprochen haben und das Krankenhaus besichtigen wollten.«
Siegfried reagierte auf die Neuigkeit mit einer wütenden Schimpftirade. Cameron mußte den Hörer von seinem Ohr weghalten. Corrina zuckte vor Schreck zusammen. Obwohl Cameron längst nicht jedes einzelne Wort verstanden hatte, hatte er sehr wohl verstanden, was er unternehmen sollte. Er sollte Verstärkung zusammentrommeln und die fremden Ärzte auf der Stelle festnehmen.
Reflexartig öffnete er die Riemen seines Pistolenhalfters und die Gürteltasche, in der sich sein Sprechfunkgerät befand. Während er das Gerät herauszog und einen Notruf an die Basisstation durchgab, stürmte er bereits in Richtung Krankenhaus.
Jack, Laurie, Warren und Natalie fanden Zimmer 302 ohne Probleme. Es lag im vorderen Teil des Gebäudes und bot nach Osten hin einen herrlichen Ausblick über den Platz. Auf dem Weg vom Fahrstuhl zu der offenstehenden Zimmertür war ihnen niemand begegnet, so daß sie keinerlei Erklärungen abgeben mußten.
Jack klopfte an, sah aber sofort, daß niemand im Raum war. Ein eingeschaltetes kombiniertes Fernseh-Video-Gerät ließ jedoch erkennen, daß das Zimmer offensichtlich belegt war; es lief gerade ein Film mit Paul Newman. Außerdem war das Bett ein wenig zerwühlt, auf einem Untergestell stand ein geöffneter, halb gepackter Koffer.
Das Rätsel um den Verbleib des Patienten klärte sich, als Laurie hinter der geschlossenen Badezimmertür Duschgeräusche vernahm.
Als das Wasser aufhörte zu rauschen, klopfte Jack ein weiteres Mal an die Tür. Doch sie mußten noch fast zehn Minuten warten, bis Horace Winchester schließlich erschien. Der Patient war Mitte Fünfzig, korpulent und wirkte gesund und glücklich. Er zog den Gürtel seines Bademantels stramm, trottete zu dem Clubsessel neben seinem Bett und ließ sich zufrieden seufzend darin nieder.
»Wie komme ich zu dieser Ehre?« begann er und strahlte seine Gäste an. »Soviel Gesellschaft hatte ich ja noch nie, seitdem ich hier bin.«
»Wie geht es Ihnen?« fragte Jack, während er sich einen Stuhl heranzog und direkt vor Horace Platz nahm. Warren und Natalie blieben in der Tür stehen. Sie schreckten davor zurück, das Krankenzimmer zu betreten. Laurie ging ans Fenster. Seitdem sie die Soldaten auf dem Platz gesehen hatte, war ihr zunehmend mulmig zumute. Sie wollte den Besuch im Krankenhaus so schnell wie möglich hinter sich bringen und zurück zum Kanu.
»Ich fühle mich hervorragend«, erwiderte Horace. »Es ist ein Wunder geschehen! Als ich hier ankam, war ich gelb wie ein Kanarienvogel und stand auf der Schwelle zum Tod. Und nun sehen Sie mich an! Ich bin schon wieder bereit für sechsunddreißig Holes auf einem meiner Golfplätze. Sie sind alle eingeladen, Ihre Ferien in einer meiner Anlagen zu verbringen! Bleiben Sie, so lange Sie wollen! Selbstverständlich geht alles auf meine Kosten. Laufen Sie gerne Ski?«
»Ja«, erwiderte Jack. »Aber im Augenblick interessiere ich mich vor allem für Ihre Krankengeschichte. Wie ich gehört habe, hat man Ihnen eine Leber transplantiert. Könnten Sie mir vielleicht sagen, von wem die Leber stammt, die man Ihnen eingepflanzt hat?«
Horace verzog sein Gesicht zu einem leidlichen Grinsen und blinzelte Jack aus dem Augenwinkel verschwörerisch zu. »Soll das eine Art Test sein?« fragte er. »Falls ja, können Sie sich die Mühe sparen. Ich bin so dankbar, ich werde bestimmt niemandem etwas verraten. Ich habe sogar beschlossen, mir ein weiteres Double kreieren zu lassen, sobald ich dazu komme.«
»Dürfte ich fragen, was genau Sie unter einem ›Double‹ verstehen?« hakte Jack nach.
»Gehören Sie zu dem Pittsburgh-Team?« wollte Horace auf einmal wissen und sah zu Laurie hinüber.
»Nein«, erwiderte Jack. »Wir kommen aus New York. Wir finden Ihren Fall so faszinierend, daß wir extra hergekommen sind, und wir freuen uns, daß es Ihnen so gut geht.« Dann lächelte er Horace an und streckte ihm seine Handflächen entgegen. »Wir sind ganz Ohr. Fangen Sie doch einfach von vorne an.«
»Meinen Sie, als ich krank geworden bin?« fragte Horace. Er war eindeutig verwirrt.
»Nein«, erwiderte Jack. »Wie Sie es geschafft haben, daß
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