Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Mädchen, das kurz vor einem Wutausbruch stand.
»Komm schon, Melanie«, redete Candace auf ihre Freundin ein.
»Es ist doch nur für ein kurzes Stück.« Widerstrebend griff Melanie nach Candace’ Hand.
»Einen Heldenempfang hatte ich bestimmt nicht erwartet«, zischte sie. »Aber daß wir so mies behandelt werden, hätte ich im Traum nicht gedacht.«
Nach der feuchten und drückenden Luft in der Höhle und der brütenden Hitze bei ihrem Marsch durch den Dschungel empfanden sie den Fahrtwind auf der offenen Ladefläche des Lasters als ausgesprochen angenehm. Außerdem hatten die Arbeiter den Boden für den Tiertransport mit Strohmatten ausgelegt, so daß der Untergrund gut gepolstert war. Die Matten stanken zwar, doch die drei vermuteten, daß sie selbst auch nicht viel besser rochen.
Sie legten sich nebeneinander auf den Rücken und sahen über sich zwischen den Zweigen der Urwaldriesen den spätnachmittäglichen Himmel vorbeiziehen.
»Was sie wohl mit uns machen werden?« fragte Candace. »Ich habe absolut keine Lust, wieder in diesem Gefängnis zu landen.«
»Wollen wir hoffen, daß sie uns nur fristlos kündigen«, sagte Melanie. »Von mir aus packe ich sofort meine Taschen und verabschiede mich von der Zone, von dem ganzen Projekt und von Äquatorialguinea. Mir steht’s bis oben.«
»Hoffentlich wird es wirklich so harmlos«, sagte Kevin. »Ich mache mir allerdings auch Sorgen um die Tiere. Wenn es nach Bertram und seinen Leuten geht, sitzen sie von jetzt an lebenslänglich hinter Gittern.«
»Daran können wir wahrscheinlich nicht viel ändern«, bemerkte Candace.
»Vielleicht doch«, entgegnete Kevin. »Man müßte nur ein paar Tierschutzgruppen davon in Kenntnis setzen, was hier vorgeht.«
»Fang damit bloß nicht an, bevor wir unsere eigene Haut gerettet haben«, warnte Melanie. »Sonst bringst du die Leute hier endgültig auf die Palme.«
Sie erreichten den östlichen Stadtrand und ließen die Fußball- und Tennisplätze rechts hinter sich. Der Tennisplatz war gut besucht; auf jedem Court wurde gespielt.
»Da wird einem mal wieder bewußt, wie unbedeutend man im Grunde ist«, stellte Melanie mit einem Blick auf die Spieler fest. »Da ist man mehr als zwei Tage verschwunden und leidet Höllenqualen, und hier geht alles weiter, als wäre nichts passiert.«
Melanies Bemerkung hing noch in der Luft, als sie unbewußt registrierten, daß der Wagen abbremste. Sie waren kurz vor der scharfen Rechtskurve, an der die Straße zur Tiersektion abzweigte. Doch anstatt abzubiegen, wurde der Laster zusehends langsamer und kam schließlich zum Stehen. Kevin richtete sich auf und sah nach vorne. Vor ihnen stand Bertrams Cherokee-Jeep.
»Siegfried will, daß Sie die drei sofort zu Kevins Haus bringen«, rief Bertram Dave zu. »In Ordnung«, rief Dave zurück.
Der Kleinlaster setzte sich ruckartig wieder in Bewegung und zog an Bertram vorbei.
Kevin legte sich zurück auf die Ladefläche. »Ich kann es kaum glauben. Vielleicht fassen sie uns ja am Ende doch nicht so hart an, wie wir befürchten.«
»Wir könnten Dave bitten, Candace und mich unterwegs abzusetzen«, schlug Melanie vor. »Meine Wohnung und das Krankenhaus liegen doch sozusagen auf dem Weg.« Dann sah sie an sich herunter und fügte hinzu: »Als erstes gehe ich unter die Dusche und ziehe mir frische Sachen an. Vorher bringe ich trotz meines Riesenhungers keinen Bissen herunter.« Kevin richtete sich auf, kroch auf Knien von hinten an die Fahrerkabine und klopfte an das Rückfenster. Als Dave ihn bemerkte, trug er Melanies Bitte vor. Dave antwortete mit einer energisch abwinkenden Handbewegung. Als sie die Straße mit dem Kopfsteinpflaster erreichten, wurden sie so durchgeschüttelt, daß sie sich hinsetzen und festhalten mußten. Nach der letzten Biegung sah Kevin erwartungsvoll nach vorn. Er freute sich schon genauso auf seine Dusche wie Melanie. Doch leider war das, was sich vor ihm auftat, nicht gerade ermutigend. Vor seinem Haus standen Siegfried und Cameron, und sie waren in Begleitung von vier schwerbewaffneten äquatorialguinesischen Soldaten, von denen der eine ein Offizier war.
»Oh!« rief Kevin. »Das sieht ja gar nicht gut aus.« Der Laster kam zum Stehen. Dave sprang aus dem Führerhaus, ging um den Wagen und öffnete die Ladeklappe. Ungelenk kletterte Kevin als erster hinunter. Melanie und Candace folgten ihm.
Sich innerlich auf das Unvermeidliche vorbereitend, ging Kevin auf Siegfried und Cameron zu. Er wußte, daß Melanie
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