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Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6

Titel: Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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genau studiert hatte, erinnerte sie sich an die Adresse des Spoletto Funeral Home. Der Straßenname hatte sich fest in ihr Gedächtnis eingeprägt, weil er so treffend für das blühende Geschäft stand, das man mit Bestattungen machen konnte. »Gold Road«, wiederholte Michael. »Kein Problem. Die Gold Road ist die Verlängerung der 89th Street. Suchen Sie eine bestimmte Hausnummer?«
    »Ich möchte zum Spoletto Funeral Home«, erwiderte Laurie. »Kein Problem«, entgegnete Michael. »In ein paar Minuten sind wir da.«
    Laurie lehnte sich zufrieden zurück und nahm Michaels unaufhörliches Geplapper nur mit halbem Ohr wahr. Im Moment schien das Glück auf ihrer Seite zu sein. Jack hatte nämlich falschgelegen; zwischen dem Beerdigungsinstitut und der Mafia gab es sehr wohl eine Verbindung. Genau deshalb wollte sie dem Unternehmen auch einen Besuch abstatten. Wenn die Verbindung auch laut Lou zu der falschen Familie bestand, so erschien es Laurie schon verdächtig genug, daß das Spoletto Funeral Home überhaupt etwas mit der Mafia zu tun hatte. Getreu seinem Versprechen hielt Michael nach einer überraschend kurzen Fahrt vor einem dreistöckigen Schindeldachhaus, das rechts und links zwischen Mietskasernen eingekeilt war. Mehrere Säulen im griechischen Stil stützten das Dach einer geräumigen Veranda. Auf einer winzigen Rasenfläche vor dem Haus stand ein gläsernes Schild, dessen Leuchtschrift verkündete: »Spoletto Funeral Home, ein Familienunternehmen, das sich seit zwei Generationen liebevoll um ihre Verstorbenen kümmert«.
    In dem Bestattungsinstitut herrschte reger Betrieb. Sämtliche Räume waren hell erleuchtet. Auf der Veranda standen ein paar Besucher und rauchten. Durch die Fenster im Erdgeschoß waren weitere Menschen zu sehen.
    »Würden Sie bitte ein paar Minuten auf mich warten?« bat Laurie, als Michael gerade das Taxameter abstellen wollte. »Es wird bestimmt nicht lange dauern, und hier kommt fast nie ein Taxi vorbei.«
    »Aber selbstverständlich«, erwiderte Michael. »Darf ich meine Tasche im Auto lassen?« fragte Laurie. »Es sind keine Wertsachen drin.«
    »Bei mir ist die Tasche sicher aufgehoben«, entgegnete Michael. Laurie stieg aus und ging auf den Eingang zu. Mit jedem Schritt wurde ihr flauer zumute. Sie erinnerte sich noch genau an den Fall, den Dr. Dick Katzenburg vor fünf Jahren auf der Donnerstagnachmittag-Konferenz präsentiert hatte; es war, als wäre die Konferenz erst gestern gewesen. Man hatte damals im Spoletto Funeral Home einen Mann von Mitte Zwanzig bei lebendigem Leibe einbalsamiert, der zusammen mit anderen einen Anschlag auf Pauli Cerino verübt hatte. Sie hatten dem Mafia-Boß Batteriesäure ins Gesicht geschleudert. Laurie lief es kalt den Rücken herunter, doch sie zwang sich, die Stufen hinaufzugehen. Wahrscheinlich würde sie den Cerino-Fall nie vergessen.
    Die Raucher auf der Veranda nahmen sie gar nicht wahr. Durch die geschlossene Eingangstür drang leise Orgelmusik nach draußen. Sie drehte am Türknauf, stellte fest, daß die Tür nicht abgeschlossen war, und trat ein.
    Mit Ausnahme der seichten Musik war es absolut still. Auf den Böden lagen dicke Teppiche. In der Eingangshalle standen etliche Personen in kleinen Gruppen zusammen und unterhielten sich flüsternd.
    Zu ihrer Linken sah Laurie einen Raum, in dem kunstvoll gearbeitete Särge und Urnen ausgestellt waren. Rechts befand sich der Raum, in dem die Toten aufgebahrt wurden. Einige Trauernde saßen auf Klappstühlen um einen Sarg, der am anderen Ende des Raums auf einem Blumenbett aufgebahrt war. »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?« säuselte plötzlich jemand mit sanfter Stimme.
    Neben ihr stand ein schlanker Mann in ihrem Alter. Er wirkte asketisch und hatte traurige Gesichtszüge. Bis auf einen weißen Schlips war er vollkommen schwarz gekleidet. Offenbar gehörte er zur Belegschaft. Er entsprach genau Lauries Bild von einem puritanischen Priester.
    »Sind Sie hier, um Jonathan Dibartolo die letzte Ehre zu erweisen?« fragte der Mann.
    »Nein«, erwiderte Laurie. »Ich bin wegen Frank Gleason gekommen.«
    »Wie bitte?« Verblüfft beäugte der Mann sie. Laurie wiederholte den Namen. Es entstand eine Pause. »Wie ist Ihr Name?« fragte der Mann. »Dr. Laurie Montgomery.«
    »Einen Augenblick bitte«, sagte der Mann und verschwand mit eingezogenem Kopf.
    Laurie sah zu den Trauernden hinüber. Mit dieser Seite des Todes war sie selbst erst einmal in Berührung gekommen. Als sie fünfzehn

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