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Montgomery u Stapleton 06 - Crisis

Montgomery u Stapleton 06 - Crisis

Titel: Montgomery u Stapleton 06 - Crisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Das wirkte so, als habe er selbst seine besten Zeiten schon hinter sich.
    »Vergessen Sie nicht, seit Kurzem ist erwiesen, dass postmenopausale Frauen bei koronaren Herzerkrankungen eine andere Symptomatologie aufweisen als vergleichbare Männer! Der Fall, den Sie gerade beschrieben haben, ist dafür doch der beste Beweis.«
    »Hören Sie auf, mir das Gefühl zu geben, ich wäre alt und nicht mehr auf dem Laufenden«, klagte Jack.
    Latasha winkte ab. »Sicher doch!«, entgegnete sie kichernd.
    »Was halten Sie von einer kleinen Wette? Schließlich ist keiner von uns in seinem Institut, wo so etwas nicht gerne gesehen wird. Ich behaupte, die Ursache ist angeboren, und Sie sagen erworben. Ich bin bereit, fünf Dollar auf meine Theorie zu setzen.«
    »Wow, wie großzügig!«, zog Latasha ihn auf. »Fünf Dollar sind ein Haufen Geld, aber ich verdopple und gehe auf zehn.«
    »Also gut«, sagte Jack. Nachdem er das Herz umgedreht hatte, griff er nach einer schmalen Zange und einer Schere und machte sich ans Werk. Latasha hielt das Organ hoch, während Jack vorsichtig der rechten Koronararterie folgte und sie öffnete, wobei er sich auf den hinteren interventrikulären Ast konzentrierte. Als er sie so weit nachverfolgt hatte, wie es die Instrumente erlaubten, richtete er sich auf und streckte seinen Rücken.
    »Keine Verengung«, sagte er mit einer Mischung aus Überraschung und Enttäuschung. Obwohl er normalerweise darauf achtete, sich bei der Diagnose nicht zu früh auf eine Richtung festzulegen, aus Angst, sich von einem positiven Ergebnis blenden zu lassen, war er sich in diesem Fall ziemlich sicher gewesen. Die rechte Koronararterie versorgte den größten Teil des Reizleitungssystems des Herzens mit Blut, das bei Patience Stanhopes Herzinfarkt ausgeschaltet worden war.
    »Kein Grund zu verzweifeln«, sagte Latasha. »Die zehn Dollar sind noch nicht verloren. Es gibt zwar keine Verengung, aber ich sehe auch keine atheromatösen Ablagerungen.«
    »Sie haben recht. Sie ist vollkommen frei«, stimmte Jack ihr zu. Er konnte es kaum glauben. Das gesamte Blutgefäß war entsetzlich normal.
    Jack richtete seine Aufmerksamkeit auf die linke Koronararterie und ihre Verzweigungen. Doch nach ein paar Minuten war klar, dass die linke ganz genauso aussah wie die rechte. Sie war vollkommen frei von Ablagerungen und Strikturen. Er stand vor einem Rätsel und fühlte sich betrogen. Nach allem, was er durchgemacht hatte, erschien es ihm wie ein Affront, dass jetzt keine sichtbare Koronaranomalie zu erkennen war.
    »Die pathologische Veränderung muss im Inneren des Herzens liegen«, sagte Latasha. »Vielleicht finden wir Vegetationen auf der Mitralklappe oder der Aortenklappe, von denen ein Schauer von Thromben ausgegangen ist, die sich im Nachhinein wieder aufgelöst haben.«
    Jack nickte, aber er dachte darüber nach, wie hoch wohl die Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen Herztods infolge eines Herzinfarkts ohne Vorliegen einer Schädigung der Koronararterien sein mochte. Er hielt sie für sehr gering, sicher unter zehn Prozent, aber offensichtlich möglich, wie die vor ihm liegende Leiche bewies. Eines, worauf er sich bei der forensischen Pathologie immer verlassen konnte, war die Tatsache, dass er ständig etwas Neues lernte.
    Latasha riss ihn aus seiner Mini-Trance, indem sie ihm ein Messer mit langer Klinge reichte. »Na los! Lassen Sie uns einen Blick ins Innere werfen.«
    Jack öffnete alle vier Herzkammern und setzte eine Reihe von parallelen Schnitten in die Muskelwände. Er und Latasha untersuchten die Klappen, die Scheidewände zwischen der rechten und der linken Herzhälfte und die Schnittflächen des Muskels. Sie arbeiteten schweigend und überprüften alles einzeln und methodisch. Als sie fertig waren, sahen sie sich über den Tisch hinweg an.
    »Die gute Nachricht ist, dass keiner von uns zehn Dollar verloren hat«, versuchte Jack der Situation doch noch einen Scherz abzugewinnen. »Und die schlechte, dass Patience Stanhope ihre Geheimnisse für sich behält. Sie galt schon zu Lebzeiten nicht gerade als kooperativ, und nach ihrem Tod hat sich das nicht gebessert.«
    »Bei der Geschichte, die Sie mir erzählt haben, kann ich nicht fassen, dass dieses Herz so normal aussieht«, sagte Latasha. »So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich vermute, auf Antworten werden wir bis zur mikroskopischen Untersuchung warten müssen. Vielleicht war es die Folge einer Kapillarschädigung, von der nur die kleinsten Gefäße des

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