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Montgomery u Stapleton 06 - Crisis

Montgomery u Stapleton 06 - Crisis

Titel: Montgomery u Stapleton 06 - Crisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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ist doch das Gleiche.«
    »Nein, es besteht ein feiner Unterschied, auch wenn er selbst sich die Entscheidung gerne schönredet. Es ist der Unterschied zwischen einem negativen Schub und einem positiven Anreiz. Seine Erklärung stellt den Patienten in den Vordergrund.«
    »Spielt die Art seiner Praxis bei dem Prozess denn eine Rolle?«
    »Ja, zumindest dem Klägeranwalt zufolge, der, wie ich leider zugeben muss, besser ist, als wir erwartet hatten.«
    »Wie meinst du das?«
    »Auf den ersten Blick, und das wirst du ja selbst sehen, wenn du mit in den Gerichtssaal kommst, würde man nie vermuten, dass er besonders erfolgreich wäre. Wie soll ich sagen: Er ist ungefähr halb so alt wie Craigs Anwalt und sieht aus wie eine Mischung aus einem typischen schäbigen, auf Körperverletzung spezialisierten Anwalt, der sich wie ein Aasgeier auf Unfallopfer stürzt, und einem Mafiaverteidiger. Aber er ist überraschend gut darin, die Geschworenen auf seine Seite zu ziehen.«
    »Inwiefern soll denn die Art von Craigs Praxis für den Prozess von Bedeutung sein? Hat der gegnerische Anwalt in seiner Eröffnung etwas dazu gesagt?«
    »Ja, ausgesprochen beeindruckend. Das gesamte Konzept der Concierge-Medizin basiert darauf, dass der Arzt in der Lage ist, sämtliche Bedürfnisse des Patienten zu befriedigen, so wie ein Concierge in einem Hotel.«
    »Der Vergleich leuchtet ein.«
    »Dazu erhält jeder Patient die Handynummer und/oder die E-Mail-Adresse des Arztes, so dass er sich jederzeit mit ihm in Verbindung setzen und notfalls sofort behandelt werden kann.«
    »Klingt wie eine Einladung zum Missbrauch für die Patienten.«
    »Für manche Patienten bestimmt. Aber das war Craig egal. Im Grunde schien er es sogar zu mögen, denn er begann nach Praxisschluss noch Hausbesuche zu machen. Ich glaube, das hatte für ihn etwas Altmodisches und Nostalgisches.«
    »Hausbesuche?«, fragte Jack. »Hausbesuche sind normalerweise reine Zeitverschwendung. Als moderner Arzt ist man dabei in seinen Behandlungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt.«
    »Trotzdem sind manche Patienten davon begeistert, unter anderem auch die Verstorbene. Craig hat sie oft außerhalb der Praxiszeiten besucht. Tatsächlich war er sogar noch am Morgen des Tages bei ihr zu Hause, an dem dieser Behandlungsfehler passiert sein soll. Abends verschlimmerte sich ihr Zustand, und Craig fuhr wieder zu ihr.«
    »Ich kann mir kaum vorstellen, wie ihm jemand das zum Vorwurf machen sollte.«
    »Das würde man annehmen, aber laut dem Anwalt des Klägers liegt der Behandlungsfehler gerade darin, dass Craig diesen Hausbesuch gemacht hat, statt die Patientin unverzüglich ins Krankenhaus einzuweisen, da dadurch der Zeitpunkt der Diagnose und der Beginn der notärztlichen Versorgung des Herzinfarktes verzögert wurde.«
    »Das klingt doch absurd«, empörte sich Jack.
    »Nicht, wenn man den klägerischen Anwalt in seiner Eröffnung gehört hat. Und du musst wissen, dass es noch ein paar andere Umstände gibt, die in diesem Fall eine Rolle spielen. Zu jenem Zeitpunkt waren Craig und ich offiziell getrennt. Er wohnte damals in einer Wohnung in Boston zusammen mit einer seiner attraktiven Bürogehilfinnen namens Leona.«
    »Großer Gott!«, rief Jack. »Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich schon von verheirateten Ärzten gehört habe, die eine Affäre mit ihrer Praxisgehilfin haben. Ich verstehe nicht, was mit diesen Ärzten los ist. In anderen Bereichen würden sich die meisten Männer heutzutage hüten, etwas mit ihren Angestellten anzufangen. Das schreit doch geradezu nach juristischen Problemen.«
    »Ich würde sagen, du bist zu großzügig verheirateten Männern mittleren Alters gegenüber, die erkennen, dass sie in einer Realität gefangen sind, die ihren romantischen Erwartungen nicht gerecht wurde. Ich glaube, Craig fällt in diese Kategorie, aber der eigentliche Reiz war nicht Leonas dreiundzwanzigjähriger Körper. Ironischerweise war der Auslöser sein Einstieg in diese Concierge-Praxis, denn dadurch bekam er etwas, das er vorher niemals hatte: Freizeit. Und freie Zeit kann für jemanden, der sein halbes Leben lang so sehr auf eine einzige Sache fokussiert war wie Craig, gefährlich werden. Es hatte den Anschein, als wachte er plötzlich auf, sähe in den Spiegel und mochte nicht, was er darin sah. Mit einem Mal entwickelte er ein manisches Interesse an Kultur. Er wollte die verlorene Zeit aufholen und über Nacht seiner Vorstellung von einem vielseitigen Menschen entsprechen.

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