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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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erledigen wir diesen Job.
    Als junger Mann hatte Stout einmal einen Sommer bei seinem Onkel in Corpus Christi, Texas, verbracht. Sie hatten sechs Tage in der Woche gearbeitet; am siebten Tag waren sie zum Fischen gegangen. Einmal fingen sie eine Golf-Flunder, einen Fisch, der sich am Meeresboden aufhält und der beide Augen auf derselben Seite hat. Einem Jungen aus Iowa fiel es schwer, zu glauben, dass es auf der Welt solche eigenartigen Fische gab. Am Nachmittag dieses Tages, auf der Rückfahrt zum Hafen, fiel der Motor des Bootes aus. Stout paddelte stundenlang, aber das Boot fuhr sich fest und trieb träge im flachen Wasser des Golfs von Mexiko umher, bis irgendwann ein Schoner auftauchte und es an Land schleppte. Stout hatte zu viel von der Welt gesehen, um Motoren allzu großes Vertrauen entgegenzubringen. Er war stets darauf vorbereitet, sich der Flut anzuvertrauen und zu rudern. Und er war auch stets zuversichtlich, dass er es schaffen würde, an Land zu kommen.
    Er wusste, die Monuments Men würden nicht mit leeren Händen nach Frankreich kommen. Sie besaßen Landkarten, auf denen die wichtigen Gebäude und Museen eingezeichnet waren. Die Karten waren unter Anleitung der Museumsdirektoren und anderer Berater erstellt und anschließend mit Fotos der Luftaufklärung verbunden worden. An der Liste der zu schützenden Kulturgüter und Kunstwerke, zusammengestellt von Zivilisten und überprüft von den Offizieren von Civil Affairs, war nichts auszusetzen. Und auch in den Handbüchern über Erhaltungstechniken konnte er keine Fehler finden, denn sie beruhten schließlich auf seinen eigenen Arbeiten.
    Aber dennoch sah er auch die Heftpflaster, durch die das Projekt zusammengehalten wurde. Die Museumsdirektoren verstanden das Militär nicht; das Militär war noch immer nicht überzeugt, dass es sich um eine gute Idee handelte. Die Monuments Men waren lediglich Berater; sie konnten keinen Offizier zwingen, welchen Rang er auch besaß, irgendetwas zu tun. Sie konnten sich frei bewegen, aber ihnen würden keine Fahrzeuge zur Verfügung stehen, keine Büros, kein Mitarbeiterstab und kein Notplan. Die Armee hatte ihnen ein Boot bewilligt, aber keinen Motor zur Verfügung gestellt. Die Männer im Feld, erkannte George Stout, würden also rudern müssen, und er hegte den starken Verdacht, sie würden gegen die Strömung rudern. Aber wenn man einmal auf dem Wasser ist und eine Weile paddelt, das wusste er, dann kommt irgendwann ein Schoner vorbei.
    Bringt uns da rüber, dachte er, noch immer nicht überzeugt, dass das Unternehmen nicht schnell wieder zusammenbrechen würde. Gebt uns einfach eine Chance.
    »Eine Wiederbelebung der Romanik«, sagte Balfour hinter George Stouts Schultern. »Klein, aber gut gebaut, vermutlich spätes 19. Jahrhundert. Was meinen Sie, George?«
    George Stout betrachtete die kleine Dorfkirche. Sie war schlicht, solide, und die Details waren gut ausgearbeitet. Nichts an ihr war übermäßig schön, aber alles befand sich am richtigen Platz, nichts war übertrieben oder heruntergekommen, und genau darin lag ihre eigene Schönheit. Es konnte sich durchaus um eine Kirche im neoromanischen Stil handeln, aber ihm kam eher das Wort »romantisch« in den Sinn. Wie im Sinne eines romantischen Ortes, eines Platzes, an dem sich Liebespaare treffen, eines Ortes, wo er und seine Frau Margie vor vielen Jahren zusammen gelacht hätten. Oder vielleicht romantisch im Sinne von übermäßig optimistisch und von guten Absichten geleitet, wie seine romantische Vorstellung, dass man Gebäude wie dieses auf den Schlachtfeldern des modernen Krieges schützen könne?
    »Nur wenn wir viel Glück haben, finden wir so etwas auf dem Festland«, bemerkte Stout, während er zu der unversehrten Kirche hinaufblickte.
    Balfour lächelte. »Ach, George, Sie alter Fuchs. Immer pessimistisch.«
    Stout dachte an die Policen seiner beiden Lebensversicherungen, die er vor seiner Abreise nach England abgeschlossen hatte, seine Absicherung für alle Fälle. Man musste immer vorbereitet sein.
    »Ich bin ein Optimist, Mr. Balfour. Ein vorsichtiger Optimist, aber nichtsdestotrotz ein Optimist.«

9

DIE AUFGABE
    Südengland
Ende Mai 1944
    Am 26. Mai 1944 erließ General Eisenhower, der Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte, folgenden Befehl. 46 Im Unterschied zu seiner Order betreffend Italien, die erst ein knappes halbes Jahr nach dem Beginn der Invasion Siziliens erging, wurde dieser Befehl bereits elf Tage vor der Landung in

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