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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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bringen, nur Ruhe, er wollte, daß dieses Chaos aufhörte.
    Das kalte Sondieren verblaßte, und Childes' Muskeln entspannten sich ein wenig; er rang nach Atem, und sein Brustkorb hob und senkte sich in übertriebener Heftigkeit. Er starrte ausdruckslos auf die Schatten an der gegenüberliegenden Wand. Etwas versuchte ihn zu erreichen, etwas -   jemand   - versuchte, ihn durch und durch
    kennenzulernen.
    Dieses Krabbeln kam zurück, und er bäumte sich auf. Sein Körper straffte sich, das Kribbeln drang in sein Bewußtsein vor, und - Nein! schrie sein Verstand. Und   »Nein!«   brüllte er laut. Aber es war da, in ihm, tief in ihm, und es suchte und saugte an seinen Gedanken. Er konnte seine Gegenwart fühlen, es wühlte in ihm wie eine Art psychischer Dieb. Es drang tiefer und tiefer und verweilte bei den Gedanken an die Insel, an die Schulen, an denen er unterrichtete, bei den Gedanken an Amy, an Fran... an Gabby. An GABBY! Es schien zu verweilen.
    Childes riß sich zusammen und zwang sich, aufzustehen, vom Sofa hochzukommen. Er kämpfte gegen das fremde Bewußtsein an, entfernte schmerzhaft jeden einzelnen dieser betäubenden Tentakel, als wären sie körperlich existent. Er spürte, daß sich der Griff lockerte. Die Anstrengung ließ ihn in die Knie gehen. Er zwang sich, nur noch an einen weißen Nebel zu denken, an nichts anderes, nichts, was ihn ablenken oder dem Eindringling Nahrung geben konnte, und gleich darauf wurde sein Kopf klar.
    Aber bevor die Erleichterung die Oberhand gewann und ihn geduckt und zitternd am Boden kauernd zurückließ, hörte er ein so wirkliches Geräusch, daß er den Kopf herumriß und die finsteren Ecken des Zimmers absuchte.
    Er war allein. Aber das leise Kichern schien ganz nahe zu sein.

Jeanette war viel zu spät dran. Die anderen Mädchen aus ihrem Zimmer waren schon nach unten gegangen, und sie stand noch immer im Morgenmantel im Waschraum und putzte sich hastig die Zähne.
    Ausgerechnet heute! Prüfung! Mathe! Ächz, Mathe! Manchmal fragte sich Jeanette ernsthaft, ob sie nicht ganz einfach ein Dummkopf war - jedenfalls, was Zahlen betraf.
    Der morgendliche Sonnenschein durchflutete den Waschraum, spiegelte sich in der langen Reihe der Porzellanbecken und ließ sie glänzen; auf dem gefliesten Boden sammelte sich das Wasser in kleinen Pfützen. Sie waren flüssige Reste der Waschrituale der Mädchen. Sie war allein, und das war ihr auch lieber so: die anderen brachten sie oft in Verlegenheit, wenn sie Größe und Form ihrer Brüste miteinander verglichen; alle lagen sie in eifrigem Wettstreit miteinander - wer entwickelte sich besser, wer schneller, all dieses Zeug. Und was das betraf, lag Jeanette hinter den meisten anderen Dreizehn-und Vierzehnjährigen ihrer Klasse weit zurück. Und sie machte sich überhaupt nichts aus diesen Vergleichen! Sie hatte noch nicht einmal ihre Periode bekommen, was ihr Gefühl der Unzulänglichkeit noch verstärkte.
    Jeanette spülte sich den Mund aus, spuckte das Wasser ins Becken, tupfte die Lippen mit einem Waschlappen ab und warf ihre Toilettensachen in den rosafarbenen Plastik-Waschbeutel. Sie tappte auf nackten Füßen zur Tür, rutschte auf den nassen Fliesen beinahe aus und eilte dann den dunklen Korridor entlang; feuchte Fußabdrücke blieben auf dem blitzblank gescheuerten Boden zurück. Es war verboten, im Schulgebäude barfuß zu gehen, aber sie hatte vorhin einfach keine Zeit mehr gehabt, unterm Bett nach ihren Hausschuhen zu suchen; sie war sowieso schon die Allerletzte. Die anderen waren jetzt bestimmt alle unten, einschließlich des Lehrer-Kollegiums, und verdrückten ihr Frühstück.
    Es war kühl in dem Zimmer, das sie sich mit fünf anderen Mädchen teilte; kühl, obwohl draußen die Sonne schien. Jeanette breitete ihre Unterwäsche (einfaches, vorschriftsmäßiges marineblaues Höschen und weißes Hemd) mit schnellen Bewegungen auf der schmalen, zerwühlten Bettdecke aus. Sie schleuderte den gesteppten Morgenmantel in eine Ecke, zog sich das PyjamaOberteil über den Kopf, ohne vorher die Knöpfe aufzumachen, und warf es neben ihre Unterwäsche auf das Bett. Sie rieb verzweifelt an der plötzlichen Gänsehaut auf ihren Armen, als wollte sie sie wegschrubben, und griff schließlich nach dem Unterhemd. Doch bevor sie es anzog, hielt sie inne und betrachtete ihre Brüste; und seufzte über deren Selbstgefälligkeit. Die Brustwarzen waren länglich und jetzt wegen der Kälte steif aufgerichtet, aber die winzigen Hügel, aus

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