Moonlit Nights
»Doch, Moment. Die
beiden haben Händchen gehalten und sahen ziemlich glücklich
aus. Nicht, dass sie denken, Liams Schwester …« Doch Officer
Stanley lächelte mich an. »Keine Sorge Emma. Die Verletzungen,
die Tyler davongetragen hat, konnte ihm unmöglich ein Mensch
zugefügt haben. Schon gar nicht ein schwaches Mädchen.« Ich
nickte erleichtert und Officer Stanley schaute mich freundlich an.
»Das ist nur für die Akten. Ganz normale Polizeiarbeit, verstehst
du?« Ich nickte noch einmal. Officer Stanley sprach mit mir, als
hätte er es mit einer Schwachsinnigen zu tun. Ob ich einen
solchen Eindruck erweckte? Der Officer erhob sich, doch David
blieb sitzen. »Das ist wirklich alles, was du zu erzählen hast?«,
fragte David noch einmal mit Nachdruck. Irgendwie hatte ich das
Gefühl, David wusste mehr, als wir alle zusammen. »Stimmt es,
dass Liam und du ein Paar seid?« Ich wurde rot. Was ging denn
ihn das an? Ungläubig starrte ich in seine Augen, die mich immer
noch akribisch musterten. Er sah aus wie ein Adler, der über ein
Feld flog, und versuchte 100 Meter unter ihm eine Maus zu
erspähen.
»Du würdest uns auch nichts verschweigen, nur um Liams
Familie nicht in Schwierigkeiten zu bringen?« Bevor ich
antworten konnte, kam mir Officer Stanley zur Hilfe. Er klopfte
David auf die Schulter. »David ist noch neu bei uns. Er möchte
seine Arbeit besonders gründlich machen. Sternchenjäger eben
…« Officer Stanley lachte schallend und David erhob sich
grimmig. Stanley bedankte sich bei meiner Mutter für den
köstlichen Kaffee und ging mit Humpel-David die Tür hinaus.
Die ganze Zeit, die David bei uns im Haus war, hatte er mich
keine Sekunde aus den Augen gelassen. Ob er etwa auch schon
Bekanntschaft mit Liams Schwester gemacht hatte? Oder warum
war er so misstrauisch? Was wusste er, was ich nicht wusste?
Am nächsten Morgen beeilte ich mich, zur Laterne zu
kommen. Ein schwarzer BMW hielt an der Ecke. Liam fuhr
plötzlich mit dem Auto zur Schule? Langsam näherte ich mich
dem Fahrzeug und machte die Beifahrerseite auf. Liam saß
hinterm Steuer. Ausgeruht und wieder unverschämt gut
aussehend, als wäre nichts gewesen. »Guten Morgen«, begrüßte
ich ihn freundlich und ließ mich auf den Sitz fallen. »Morgen!«,
brummte Liam mir entgegen. Ich wollte ihm einen Kuss auf die
Backe geben, doch er zog sein Gesicht weg. Hä?! Was war denn
jetzt? Warum war er so ablehnend? Hatte ich irgendetwas nicht
mitbekommen? Mir wurde ganz flau im Magen. »Warum fährst
du denn heute mit dem Auto zur Schule?«, fragte ich vorsichtig.
Ich erinnerte mich daran, dass Liam einmal gesagt hatte, er wollte
durch das Laufen mehr Zeit mit mir verbringen. Das hieß also im
Umkehrschluss, dass er da heute keinen Wert drauf legte. Das
flaue Gefühl wurde stärker. Liam sah aus, als würde er jeden
Moment explodieren. »Ich muss meine Schwester nach der Schule
vom Revier abholen. Irgendjemand hat der Polizei gesagt, dass
meine Schwester zuletzt mit Tyler gesehen wurde!«, presste er
zwischen den Lippen hervor und sah dabei wütend auf die Straße.
Das Irgendjemand hätte er sich auch sparen können. So, wie er es
betont hatte, hätte er direkt
»Emma hat der Polizei erzählt …«
sagen können. Ich bekam einen Schreck. Ich wollte nicht, dass
Liam wütend auf mich war. »Sie standen einfach bei uns vor der
Haustür«, begann ich, doch Liam reagierte gar nicht darauf. »Sie
haben nur gefragt, ob ich was gesehen habe und ich habe ihnen
erzählt, dass deine Schwester glücklich und Händchen haltend mit
Tyler die Straße entlangspaziert ist.« Liam würdigte mich keines
Blickes. Er raste zur Schule und in wenigen Minuten hielten wir
auf dem Parkplatz. »Liam, ich …« Ich fasste an seine Hand, die
verkrampft das Lenkrad umschloss. Er drehte sich zu mir und
seine Augen funkelten mich zornig an. Zornig? Zornig war
eigentlich gar kein Ausdruck mehr. Es war derselbe alles
vernichtende Blick, den Mutter
»Ich-brech-kleinen-Mädchen-die-Finger«
der ganzen Familie
beizubringen schien. Eingeschüchtert griff ich nach dem Türgriff.
Ich beschloss, Liam erst einmal in Ruhe zu lassen. Ich konnte es
nicht ertragen, dass er sauer auf mich war, doch mit meiner
Anwesenheit schien ich die ganze Sache nur noch schlimmer zu
machen. Da hielt mich Liam plötzlich am Unterarm fest. Ich
hörte, wie er tief durchatmete. »Und du meinst nicht, dass du es
mir oder meiner Familie hättest
Weitere Kostenlose Bücher