Moonrain - Nur ein Tag mit dir (German Edition)
hätte, obwohl dies völlig egal war, denn anscheinend hatte ich kein Stimmrecht.
Meine Mutter konnte meinen traurigen Anblick nicht mehr ertragen und beschloss, dass es für mich besser wäre, wenn ich wieder unter Leute käme. Widerwillig stimmte ich schlussendlich zu. Sie hatte recht, und ich wollte mein Versprechen, das ich Abrinael gegeben hatte, halten.
Ich würde mein Leben leben.
Samara war die erste, die mich auf dem Parkplatz vor der Uni abfing. Das schlechte Gewissen, das sie plagte, war deutlich zu sehen. Sie hatte mich nur einmal, und das auch nur sehr kurz im Krankenhaus besucht.
Für mich spielte das keine große Rolle und tat unserer Freundschaft keinen Abbruch. Ich hatte den Kopf sowieso voll und es reichte vollkommen aus, dass meine Mutter nur selten von meiner Seite wich. Und in jenen Momenten gesellte sich Chris zu mir ans Bett. Beiden hatte ich einen tiefen Schrecken eingejagt.
„Schön, dass du endlich wieder da bist, Elly. Du hast einiges verpasst. Aber keine Sorge, ich bringe dich auf den neusten Stand.“ Für Klatsch und Tratsch hatte Samara immer schon offene Ohren. Zugegeben, ich war den Gerüchten, die immer mal wieder im Umlauf waren, auch nie abgeneigt, und so hörte ich normalerweise immer gerne zu, wenn Samara wieder etwas Neues aufgeschnappt hatte. Doch dieses Mal hörte ich nur mit halbem Ohr zu, als sie ohne Punkt und Komma darauf los redete.
Ich ließ mir aber nichts anmerken, denn ich wollte sie nicht verletzen, also nickte ich immer wieder oder fragte zwischendurch mal: „Echt?“ oder auch „Glaubst du das?“
Damit schien sie sich zufrieden zu geben und redete munter weiter.
Wir erreichten den Vorlesungssaal und einige Mitstudenten kamen auf mich zu. Sie fragten mich über den Unfall und mein Koma aus. Geduldig beantwortete ich alle Fragen und wünschte mich insgeheim wieder zurück in mein Bett.
Jede dieser Fragen ließ mich unwillkürlich wieder an Abrinael denken. Schließlich war er es, der mir das Leben gerettet hatte. Wenn ich auf meine Träume gehört hätte, wäre ich gar nicht erst weggelaufen.
Genau das war es, was er mir mitteilen wollte. Im entscheidenden Moment ausharren und sich der Situation stellen. Das hatte ich daraus gelernt. Doch all das konnte ich keinem wirklich erzählen. Wer hätte mir schon geglaubt? Ein Geheimnis für sich zu behalten ist gar nicht so leicht, vor allem dann nicht, wenn man es am liebsten herausschreien würde.
Endlich kam der Professor und sie ließen wieder von mir ab. So gut ich konnte folgte ich dem Unterricht. Zu meinem Leidwesen hatte ich viel nachzuholen, was für die nächsten Tage nicht gerade viel Freizeit bedeuten würde. Aber wie sagte mein Vater immer: Von nichts kommt nichts.
Mein Vater, das war auch noch ein offenes Thema, mit dem ich mich irgendwann auseinander setzen sollte. Doch ich fühlte mich nicht in der Lage, dieses Problem auch noch anzugehen. Zu allererst musste ich mich wieder in der Realität zurechtfinden und begreifen, dass Abrinael für mich verloren war.
Den Vormittag brachte ich hinter mich ohne weiter Fragen beantworten zu müssen. In der Mittagspause war das schon etwas anderes. Mehr Menschen als sonst sammelten sich um meinen Tisch und stellten mir abwechselnd Fragen. Ich fragte mich ernsthaft, ob ich derzeit die einzige Sensation darstellte.
Mir war nicht bewusst, dass es so viele Menschen interessiert wie man sich im Koma fühlt und ob man von der Umgebung etwas mitkriegt. Die ehrliche Antwort hätte mir niemand geglaubt, also log ich. Allen umstehenden machte ich glaubhaft klar, dass ich mich an nichts erinnern könnte und auch nichts gespürt hätte. Enttäuscht zogen sie endlich von dannen. Der Appetit war mir jedoch gründlich vergangen, so verließ ich die Kantine wieder und setzte mich draußen in die Wiese.
Von weitem erkannte ich Samara, die sich suchend umschaute. Als sie mich erblickte kam schnell auf mich zu.
Schnaufend ließ sie sich neben mir in der Wiese nieder und sah schuldbewusst zu Boden.
„Was ist los?“ fragte ich sie.
„Elly, ich muss dir was erzählen.“ murmelte sie etwas verlegen.
Das machte mich doch sehr neugierig. Leicht schubste ich sie in die Seite um ihr zu signalisieren, dass sie zu erzählen beginnen sollte.
„Letzte Nacht hatte ich einen sehr seltsamen Traum.“ begann sie.
Das Wort Traum weckte in mir noch mehr Neugier. Ungeduldig stieß ich sie erneut an, damit sie weiter redete.
„Ich fand
Weitere Kostenlose Bücher