Moonrain - Nur ein Tag mit dir (German Edition)
wir haben, genießen, aber es wird so oder so mit einer Trennung enden."
Das werden wir noch sehen, dachte ich so bei mir. Doch ich gab ihm recht, jeder einzelne Moment, den ich mit ihm verbringen konnte, war kostbar, und ich wollte nicht streiten. Vor allem entschied ich mich nicht zu streiten, da er die Macht hatte mich von einer Sekunde auf die andere wegzuschicken. So schlenderte ich neben ihm her und genoss einfach seine Anwesenheit.
Der Wald wirkte etwas heller und freundlicher, auch hier war von der Furcht und dem Grauen nicht mehr viel übrig.
Nach kurzer Zeit erreichten wir eine Lichtung, auf der sich ein Friedhof befand. Normalerweise hätte ich mich vor Angst nass gemacht. Alleine auf dem Friedhof spazieren gehen gehörte nicht gerade zu meinen romantischen Fantasien. Doch mit Abrinael an meiner Seite wäre ich durch die Hölle gegangen und hätte immer noch ein Lächeln auf den Lippen getragen.
„Wer ist hier begraben?“
Abrinael konnte ein kleines Lächeln nicht verbergen, und er lächelte nur selten.
„Niemand. Mein Reich besteht aus den verschiedensten Orten, an denen sich die Menschen am allermeisten fürchten.“
Das leuchtete mir ein.
Wenn er die Albträume brachte, konnte sein Reich nicht aus Trampolins und Zuckerwatte bestehen.
Abrinael erzählte mir weiter, dass er alles je nach Belieben verändern konnte wie er es brauchte.
Fasziniert von dieser Aussage bat ich ihn um eine Kostprobe, doch anders als erwartet wurde es nur noch gruseliger. Er ließ wahlweise Monster auftauchen, die sich nach kurzer Zeit wieder in Luft auflösten. Aus dem Friedhof wurde ein verlassener Rummelplatz, der seine besten Zeiten längst hinter sich gelassen hatte. Auf andere Menschen hätte diese Situation mehr als absurd gewirkt. Friedlich und gelöst schlenderte ich an der Hand meines Engels an verlassenen Geisterbahnen, einem verkommenen Riesenrad, Spielbuden und diversen anderen Ständen vorbei. Selbst der beste Horrorfilmregisseur hätte eine derart gruselige Kulisse dieses Kalibers nicht zustande gebracht. Die Süßwarenstände boten keine Süßigkeiten sondern bargen in ihrer Verkaufsauslage Käfer und Maden. Alles war mit Spinnweben überzogen.
Ich sah mir alles ganz genau an, da ich Abrinaels Welt unbedingt kennenlernen wollte.
Erneut bat er mich meine Augen zu schließen. Kälte überzog sogleich meine Haut. Abrinael hatte mich in eine Eiswelt gebracht. Allerdings sah diese nicht so aus wie man sich eine klassische Eiswelt vorstellen würde.
Das Eis war spritzig und kantig und wie viele andere Ort zuvor war auch dieser sehr dunkel. Das einzige Licht bot der hell erstrahlende Vollmond. Da ich die eisige Kälte kaum ertragen konnte, verweilten wir an diesem Ort nur kurz.
Abrinael konnte nur Schreckgespenster erschaffen und nichts Schönes. Mir zuliebe war er sehr bemüht darum, die verschiedensten Orte nicht allzu düster wirken zu lassen. Was ihm nicht allzu gut gelang.
„Sonnenlicht habe ich seit Jahrhunderten keines mehr gesehen.“ Abrinael wirkte nun etwas traurig.
Zum aufwärmen kehrten wir zurück in das Schloss und setzten uns vor den Kamin. Da ich immer noch viele Fragen hatte und unbedingt mehr über ihn wissen wollte, erzählte er mir seine Geschichte.
Anders als zuvor wirkte Abrinael offener und gab sich sogar ausnahmsweise redseliger. Fast alle meine Fragen beantwortete er mir ausführlich.
Abrinael
Uns Engel des Mondes gibt es schon seit Anbeginn der Menschheit. Einst wurden wir auserkoren um den Menschen unterstützend zur Seite zu stehen. Diese Aufgabe war schwerer als gedacht, da die Menschen über die Jahrhunderte verlernt haben zuzuhören.
Jeder meiner Brüder und Schwester hat ihren eigenen Part.
Ich wurde als normaler Mensch geboren wie wir alle. Jeder von uns hat eine gewisse Zeit auf der Erde verbracht, dies auch damit wir die Probleme, Bedürfnisse und Leiden unserer Schützlinge besser verstehen können. Am Tag meiner Bestimmung wurde ich ein Anderer, dies kam aber nicht unvorhergesehen, da meine Eltern mich auf jenen Tag vorbereitet hatten. Ich tauchte im Alter von 18 in meine eigene Welt ein und fortan war es mir nur noch in Vollmondnächten möglich die Erde zu besuchen.
Meine Welt war nunmehr die der Träume. Nicht bis in alle Ewigkeit werde ich dieses Dasein fristen. Wenn ein neuer Engel des Mondes geboren wird und sein 18. Lebensjahr vollendet hat werde ich verschwinden. Wann das sein wird und wohin wir alle danach
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