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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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Streichquartett engagieren, doch er wollte nicht hören. ›Die Leute möchten tanzen‹, meinte er.« Er sah mich an, und ich ertappte mich dabei, wie ich das tiefe Grübchen an seinem Kinn anstarrte. Ob er wohl jemals etwas darin verloren hatte? Kleingeld zum Beispiel? »Möchten Sie tanzen, Miss …«
    »H… Hollis«, stammelte ich und war mit einem Mal nervös.
    Er lächelte, und nun war ich völlig überwältigt von der Tiefe seiner Wangengrübchen. »Bernard Simpson«, sagte er und reichte mir die Hand. »Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    Bernard Simpson? Ich erinnerte mich, den Namen schon einmal gelesen zu haben, und während ich darüber nachdachte, kam mir dieses Groschenroman-Gesicht auf einmal bekannt vor. »›Der Gefangene von Arabien‹?«, sagte ich, als mir der Name des letzten Films in einer traurigen Reihe von
Der-Scheich
-Abklatschen wieder einfiel.
    Er verbeugte sich. »Zu Ihren Diensten«, erwiderte er. »Ich bin überrascht, dass Sie mich erkannt haben. Heutzutage vollbringen sie ja wahre Wunder mit Make-up.«
    Ich musste einen Schluck Champagner nehmen, um nicht laut loszulachen. Der einzige Grund, warum ich mich an das Plakat erinnerte, war der, dass er darauf wie ein wohlhabender Vorschüler aus Neuengland ausgesehen hatte, der sich für einen Kostümball verkleidet hatte. Man hatte praktisch sehen können, wie ihm die schwarze Schuhcreme aus dem Haar gelaufen war.
    Zum Glück rettete Lily mich, als ich nach den passenden Worten suchte, um diese Farce eines Films zu loben. »Pardon, Bernie, aber ich muss Ihnen Zephyr für einen Moment entführen.«
    Er nickte, und schon zerrte Lily mich hinter sich her durch die Menge. In der Nähe der Fenster, von denen aus man die Stadt überblicken konnte, waren wir halbwegs ungestört.
    »Was für ein Riesenlangweiler«, stöhnte sie und verdrehte mit Blick auf Bernard die Augen. »Und erst dieser grauenvolle Film, in dem er mitgespielt hat! Sein Vater ist Produzent in Hollywood. Bernie glaubt, dass er gut genug aussieht, aber er scheint die Tatsache übersehen zu haben, dass er überhaupt nicht schauspielern kann.«
    Ich kicherte. War das mein zweites Glas Champagner? »Tja, Ihr Rettungsversuch kam jedenfalls gerade rechtzeitig. Ich glaube, wir sind uns beide einig, dass er nicht der geheimnisvolle Mafiaboss und Vampir ist.«
    »Von den Jungs dahinten ist es auch keiner.«
    »Und ich dachte, Sie flirten schamlos.«
    Lily lächelte. »Das auch.«
    »Also, was sagt uns das?«
    Sie lehnte sich gegen die Wand und zupfte die Spaghettiträger ihres blauen Kleidchens zurecht. »Wenn er hier ist, muss Rinaldo älter sein. Dann hält er sich bei der ehrenwerten Gesellschaft auf, bei den Kulturattachés und dergleichen, bei Portwein und Zigarren. Also, wir unterhalten uns, schmeicheln und flirten ein bisschen und ziehen dann weiter.«
    »Sind Sie sich sicher, dass Sie die Zeichen erkennen?«
    »Wenn ich jemanden treffe, der mir verdächtig vorkommt, werde ich dafür sorgen, dass Sie ihn auch kennenlernen.«
    »Gut«, erwiderte ich, betrachtete mein Glas und stellte fest, dass es leer war. »Dann mal los.«
    »Warten Sie, da wäre noch etwas. Ich habe mich mit einer Kontaktperson getroffen, mit der ich in den letzten Tagen in engere Verbindung getreten bin. Teil von
le grand exposé
, meiner großen Enthüllungsgeschichte. Dores persönlicher Schuhputzjunge.« Lily wirkte ausgesprochen selbstzufrieden.
    »Welcher Vampir hat einen eigenen Schuhputzjungen?«, fragte ich.
    »Dieser hatte offensichtlich einen. Vor seinem viel zu frühen Ende war er bekannt dafür, dass er einen gewissen Lebensstil pflegte. Am Ende hat sich herausgestellt, dass der Junge, während er unserem Blutsauger das Schuhwerk auf Hochglanz polieren musste, ein paar wirklich faszinierende Dinge gehört hat.«
    Ich lehnte den Kopf, der vor Aufregung zu pochen begonnen hatte, an die Wand. »Weiß er vielleicht, wo Rinaldo …«
    Sie unterbrach mich, indem sie den Kopf schüttelte. »Leider weiß der Junge nichts darüber, doch er hat mitbekommen, wie Dore vor ein paar Wochen über eine ›günstige Gelegenheit‹, eine ›Riesenchance‹, gesprochen hat. Etwas, das er einen ›neuen Geschäftszweig‹ nannte, der sich durch einen geheimnisvollen Kontakt in Deutschland aufgetan haben soll. Tja, in welchem Zusammenhang haben wir das in der letzten Zeit schon mal gehört?
Faust
natürlich. Aber Rinaldo hat
Faust
nicht selbst hierhergebracht. Es sieht so aus, als hätte

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