Moonshine - Stadt der Dunkelheit
seinen Augen verschwunden und durch etwas ersetzt worden, das fast schon lodernde Begierde war. Die Art von Zärtlichkeit, die ich gespürt hatte, als er meine Wange berührt, als er mich gerufen hatte …
»Zephyr,
habibti
«, sagte Amir vor der versammelten Partygesellschaft. »Wirst du dich an mich erinnern, wenn ich nicht mehr da bin?«
»Ein Dschinn?« Die Anwesenden flüsterten entsetzt miteinander. »Wie geschmacklos.«
Nicholas zischte: »Du hast mich betrogen! Du
puttana!
Die ganze Zeit, mit einem Kameltreiber!«
»Er ist kein …«
»Zephyr! Zephyr!«
Die Stimme riss mich so abrupt aus dem Schlaf, dass ich auf den Teppich fiel. Ich rollte auf den Rücken und erblickte Lily. Sie trug ein grünes Kleid, welches jenem ähnelte, das meinen letzten Traum geziert hatte. Allerdings sah sie nicht aus wie die beherrschte, leicht herablassende Reporterin, die ich kannte. Und sie war allein.
Ich richtete mich auf. »Wo ist Aileen?«
Lily schüttelte den Kopf und setzte sich auf die Couch. Sie legte die Hand vor den Mund, und ich konnte Tränen in ihren Augenwinkeln schimmern sehen. »Gott. O Gott, Zephyr, sie ist verschwunden. Sie haben sie mitgenommen, und ich konnte verdammt noch mal nichts dagegen tun. Jetzt weiß ich nicht, was ich machen soll.«
Atme tief durch. Fluche nicht.
Jemand hatte Aileen entführt.
Scheiße, Scheiße, Scheiße!
Tja, das war schon besser. »Was ist passiert?«, fragte ich so ruhig wie möglich.
»Blutsauger«, entgegnete sie. »Eine ganze Horde von ihnen. Es waren aber nicht die
Turn Boys
, bevor Sie fragen. Sie waren älter. Die Kerle haben uns aufgelauert, nachdem wir die Party verlassen hatten. Ich glaube, ein paar von ihnen waren ebenfalls Gäste dort. Ich hätte nie gedacht, dass Vampire
tatsächlich
auf unsere Partys gehen. Vampirgangster! Niemand sonst war auf der Straße. Sie haben gesagt, sie würden Aileen aus Rache für Dore haben wollen – diesen Handlanger von Rinaldo, der getötet worden ist. Sie sagten etwas von Rinaldo, der den Mörder wolle, und von einer Belohnung, die er auf ihren Kopf ausgesetzt habe. Aileen wollte abhauen, aber einer von ihnen hat sie mit seinem Blick in den Bann geschlagen und sie einfach hochgehoben.«
»Haben Sie gesehen, wohin sie gelaufen sind?«
»Wir waren in der Nähe des
Gramercy Park
. Sie sind in südliche Richtung verschwunden, doch es ging alles zu schnell, um es mit Sicherheit sagen zu können. Was sollen wir nur tun? Ich würde ja die Polizei holen …«
»Es geht um Rinaldo, daher wäre es gut möglich, dass die Polizei
uns
festnimmt.« Ich stand auf und ging im Zimmer auf und ab, um meine Gedanken zu sortieren. »Erzählen Sie mir genau, was die Kerle gesagt haben, Lily. Warum haben sie Aileen ausgewählt und Sie zurückgelassen?«
Die Journalistin schüttelte den Kopf. »Sie dachten wohl, Aileen hätte diesen Gin-Schmuggler getötet! Sie hat geschworen, dass sie es nicht war, doch sie haben ihr gar nicht zugehört. Sie haben sich überhaupt nicht für mich interessiert, wollten nur die Belohnung. ›Kann kaum glauben, dass Dore sich von einem Mädchen hat zum Platzen bringen lassen‹, sagten sie. Das war es. Sie waren sich total sicher.«
»
Inwiefern
sicher? Aileen weiß kaum, wie man einen Luftballon zum Platzen bringt, geschweige denn einen Blutsauger. Verdammt, das erste Mal, dass sie überhaupt einen Vampir hat ausbluten sehen, war letzten Freitag.« Ich verstummte abrupt. War es möglich, dass … »Lily«, sagte ich vorsichtig, »was hat Aileen heute Abend getragen?«
»Ich habe ihr ein Kleid geborgt. Eine Neuauflage eines
Balenciaga
aus dem Jahr vierundzwanzig. Schwarz …«
»Nein, nein, ich meine, hat sie irgendwelchen Schmuck getragen? Manschettenknöpfe? Diamanten?«
Lily schüttelte den Kopf. »Warum um alles in der Welt sollte sie Manschettenknöpfe tragen, Zephyr? So fortschrittlich bin ich nicht, was Mode betrifft. Sie hatte allerdings ein Paar hübsche Diamantohrringe an. Sie sagte, die seien ein Geschenk von Ihnen.«
»Ein Geschenk.« Mein Lachen klang etwas hysterisch – es war die Art von Lachen, dem für gewöhnlich ein Ohnmachtsanfall folgte. Ich setzte mich neben Lily, und sie blickte mich an, als hätte ich soeben vollkommen den Verstand verloren.
»Das sind keine Ohrringe. Ich habe diese Manschettenknöpfe einem Vampir abgenommen, den
ich
letzten Freitag zum Platzen gebracht habe«, sagte ich leise. »Er hatte Aileen in seinem Bann und wollte sich gerade einen kleinen Snack
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