Moonsurfer
Säufer verliert das Gleichgewicht und landet rumpelnd und fluchend im Moos auf den Decksplanken, ein anderer kotzt Fischköpfe über die faulende Reling.
Scouba nutzt die Gelegenheit, startet im Rücken der Wachen durch und landet mit wenigen Sätzen in der Kajüte, die bis auf einen letzten schnarchenden Säufer leer ist.
In der Kajüte
Der Hund springt über einen wackligen Stuhl auf den Tisch und sieht sich in dem niedrigen Raum um. Kurz darauf hat Scouba das gesuchte Objekt entdeckt undüberquert den Schlafenden, der nur ein schmatzendes Brummen absondert, während Scouba über dessen Buckel hinunterrutscht. Er hüpft auf eine Seemanskiste an der Wand und schnappt sich den Schlüsselbund, der an einem großen Ring über einem rostigen Haken hängt.
Noch bevor die restlichen Wachen sich einer nach dem anderen wieder von der Reling abwenden, um zurück in die Kajüte zu torkeln, entwischt Scouba nach draußen. Den Schlüsselbund im Maul erreicht er ungesehen die schützende Dunkelheit des Halbdecks.
Auf dem Hauptdeck / im Kanonendeck
Scouba springt hinunter auf das Hauptdeck und wetzt zum Niedergang in das ehemalige Kanonendeck. Er stoppt vor dem hölzernen Gitter, das den Niedergang versperrt, und lässt den Schlüsselbund durch eines der Löcher fallen.
In diesem Moment zuckt ein gewaltiger Blitz durch die Wolken über dem Gefangenenschiff, gefolgt von einem Donnergrollen, das den alten Rumpf erbeben lässt. Für den Bruchteil einer Sekunde steht Scouba im grellen Licht wie auf der Bühne einer Opernaufführung des Fliegenden Holländers .
»Ja, hicks, wen hamwir denn da? Dachtschon, ich sch-spinne! Da is ja doch’n Besucher! Bist ja nichmal’n Waschbär, auch keine Rrrr-ratte, eher’n K-köter! Hicks, wo kommsu denn her?«
Ehe Scouba das Weite suchen kann, hat ihn der Säufer am Kragen, hebt das schwere Gitter an und wirft den Hundhinunter zu den Gefangenen. »Hier! Hier habt ihr n’wenig Gesellschaft. Und ich hab meine Rrrr-ruhe!«
Danach hinkt Twinjim mit dem rechten Stiefel am linken Fuß zurück auf seinen ungemütlichen Posten am Fockmast.
»Verfluchte B…Bande!«, brüllt er zur Kajüte hinüber. »K-könnte mal einer den alten T-Twinjim ablösen?«
Keine Antwort. Also kauert er sich wieder am Stumpf des Mastes zusammen und stiert wütend auf die dunkle Bucht hinunter und hinüber zur engen Einfahrt, durch die die Flut das Meerwasser in den natürlichen Hafen schiebt. Er will einen tiefen Schluck aus seiner Rumflasche nehmen, aber er nuckelt vergeblich am Flaschenhals, denn das Ding ist leer. Gleich darauf fliegt die Rumflasche über die Reling und verschwindet mit einem Glucks in der grünen Suppe, die übersät vom Müll des Piratennestes ist. Twinjims trüber Blick wandert über das Wasser, über treibende Planken, abgebrochene Ruder, seinen linken Stiefel, ein paar Nachttöpfe und einen großen, seltsamen Kessel, der wie ein verlassenes Boot auf dem Wasser treibt und den er hier noch nie gesehen hat.
Von der Flut angeschoben hat sich der ganze Müll langsam in Bewegung gesetzt und wird jetzt nach und nach an den alten Rumpf des Gefangenenschiffes gedrückt. Twinjim nickt ein und beginnt zu schnarchen.
Etwa eine Stunde später schreckt er wieder hoch, rappelt sich auf und macht seine torkelnde Runde über den glitschigen Morast auf dem Deck. Aus der Kajüte tönt das Konzert der übrigen Schnarchenden. Der seltsame große Topf dümpelt inzwischen dicht unter dem Rumpf,dem Kerker, den Twinjim zu bewachen hat. Er dreht ab und verzieht sich fluchend zurück in seinen nutzlosen Verschlag, als ein neuer Schauer über der Bucht niedergeht.
Nacht; in der Kloake
Der Kessel hat den Rumpf mit einem leisen Dong! am Achtersteven erreicht.
Eine Hand erscheint und greift über den Rand. Der Topf gerät aus dem Gleichgewicht, pendelt ein paarmal hin und her, und beruhigt sich wieder. Eine zweite Hand erscheint, gefolgt von einem rötlichen Schopf über einem Augenpaar, das vorsichtig nach draußen späht. Das Gesicht ist rußverschmiert und schwarz wie die Nacht.
Diesmal hat Snake den Kochtopf der Blackbird nicht als Taucherglocke benutzt, sondern als Boot. Und er wird nicht zufällig »Snake« genannt: Mit den Fingerspitzen greift er in eine der Ritzen zwischen den Austernkolonien auf der Beplankung des Schiffes und zieht seinen Körper langsam und wie eine Schlange aus dem Topf, bis er frei unter dem überhängenden Heckbord baumelt. Zwischen die Zähne hat er das Ende einer Leine geklemmt, die
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