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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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Flüstern.
    Vor Schreck krallte Wynter die Hand um die Schulter ihres Vaters. O nein, das kann nicht sein! Du kannst ihn doch nicht fortjagen! Nicht in seinem Zustand! Nicht, wenn ich ihn verlassen und deiner Obhut übergeben muss!
    Doch Jonathon hob den Kopf, und sein Gesicht drückte solch tiefe Bestürzung aus, dass sich Wynter durch ein Blinzeln vergewissern musste, dass es nicht lediglich das flackernde Licht war, das ihren Augen einen Streich spielte. Er fand keine Worte, forschte in Lorcans bleichen Zügen und fand dort nur Vorwürfe.
    »Mein Freund«, gelang es ihm endlich zu sagen, »bin ich ein solches Ungeheuer geworden, dass du mir das zutraust?«
    Lorcan schwieg, doch Wynter spürte, wie seine Haltung etwas gelöster wurde. Sie fragte sich, was er wohl dachte. Was sie betraf – sie sah immer nur den Mann vor sich, der Razi so grausam behandelt hatte, der Christopher beinahe das Leben genommen und Alberon einer Treibjagd ausgesetzt hatte, als wäre er nicht sein Sohn, sondern ein Fuchs. Sie blickte in Jonathons sanft flehendes, vom Wein gerötetes Gesicht und sah nur Selbstsucht und ein kindisches Verlangen nach Absolution.
    Jetzt neigte Jonathon den Kopf, ohne Lorcan aus den Augen zu lassen, seine Stimme klang verzagt. »Lorcan?« Es
klang wie eine Frage. »Heute hat Razi fünf von meinen Männern bewusstlos geschlagen. Und nicht nur das … Ich habe auch den Verdacht, dass er drei weitere töten ließ … Sie befanden sich im Wald und wurden noch nicht gefunden.« Ungläubig hielt Jonathon inne, als versuchte er, das alles zu verstehen. »Das war Razi«, murmelte er. »Mein Razi.«
    Lorcan war erbarmungslos. »Du hast immer gewusst, wozu dieser Junge fähig ist, wenn er die beschützt, die er liebt. Was zum Henker hattest du denn erwartet? Nachdem du ihn so in die Ecke gedrängt hast?«
    »Aber welche Wahl hatte ich denn!«, rief er aufgewühlt. »Sag mir, was ich hätte anders machen können, Lorcan! Sag mir, wie ich noch etwas ändern kann – nun, da der Stein ins Rollen gebracht wurde.«
    »Das kann ich nicht«, erwiderte Lorcan sanft. »Weil ich immer noch nicht genau weiß, was du getan hast.«
    Jonathon stieß ein bitteres Lachen aus. »Abgesehen davon, dass ich mein Volk unterdrücke und meine wunderschönen Söhne zerstöre? Abgesehen davon?« Er schluckte sichtlich und sah Lorcan eindringlich an. »Abgesehen davon, dass ich meinen besten Freund beinahe ins Grab gebracht hätte, weil ich zweifelte, ob er auf meiner Seite steht?« Er biss sich auf die Lippen, seine Augen leuchteten hell. Mit einer hilflosen Geste fuhr er fort: »Es tut mir leid, Bruder. Ich habe keine Ahnung, wie wir das durchstehen sollen. Und das tut mir leid.«
    Einen Moment lang sagte niemand etwas. Lorcan neigte sich leicht nach vorn und sah seinen alten Freund an. Sein allzu flacher Atem gefiel Wynter gar nicht, und sie legte ihm die Hand von der Schulter auf den Rücken. »Vielleicht«, sagte Lorcan heiser, »vielleicht ist es noch nicht zu spät, Alberon zu vergeben. Wenn du das Mortuus …«

    Jonathon setzte sich zurück, bedauernd schüttelte er den Kopf. »Glaubst du, ich hätte das alles getan, wenn ich an Alberons Absichten auch nur den geringsten Zweifel hegte? Der Junge steht gegen mich. Er plant einen Umsturz. Dessen bin ich mir absolut gewiss. Während wir hier sprechen, versammeln er und Oliver Vertreter um sich – sie stecken bereits tief in Verhandlungen mit allen gegnerischen Lagern, die an den Rändern dieses zerbrechlichen Reichs nagen.« Mit weit aufgerissenen Augen starrte der König in die Flammen. »Sie werden ihre Verbündeten zusammenziehen, und dann werden sie versuchen, mir dieses Reich mit Hilfe deiner Maschine zu entreißen.« Erneut schüttelte er den Kopf und seufzte. »Ich sitze in der Falle. Ich weiß keine andere Möglichkeit, als Alberon zu töten und den armen Razi zugrunde zu richten, indem ich ihn den Platz seines Bruders einnehmen lasse.«
    »Mit Hilfe meiner …« Lorcans Muskeln zuckten unter Wynters Hand. »Sie haben die Maschine ? « Zitternd umklammerte er die Sessellehnen.
    »Vater«, raunte sie ihm zu, »so beruhige dich doch …«
    » Nein! «, brüllte der König ungeduldig. »Sie haben die Maschine nicht . Es ist nur noch eine übrig, und die befindet sich …« Er warf Wynter einen schnellen Seitenblick zu. »In meiner Obhut.« Etwas Neues lag in seinen Augen, als er sich Lorcan wieder zuwandte, eine Art beleidigte Rachsucht, die Wynter in Alarmbereitschaft

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