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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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Garron. Wer auch immer das getan hat, wollte dir ernstlich wehtun.
    Als sie ihm ins Gesicht sah, erwartete sie Triumph; es wäre ihm ein Leichtes, seinen Vorteil auszunutzen, sie vor Razi schlecht dastehen zu lassen. Doch in seinem Lächeln lag nur eine schüchterne Entschuldigung, was ihrem Herzen einen
Ruck versetzte. Mein Gott, du hast tatsächlich keine Ahnung, wie das Spiel gespielt wird, nicht wahr?
    Da stand er vor ihr, dieser schmale, blasse junge Mann mit dem schönen schwarzen Haar und den schräg stehenden grauen Augen, streckte scheu die Hände aus, ahnte nichts von ihren unfreundlichen Gedanken. Sie musste ihn lange angestarrt haben, denn endlich fragte er: »Möchtest du mir immer noch die Hand schütteln?«
    Ach, Christopher, dachte sie mit plötzlich aufwallendem Mitgefühl, diese Welt wird dich auffressen. Gut möglich, dass du ihr im Halse stecken bleibst, aber du wirst es nicht überleben. Und dann, kälter: Ich werde nicht zulassen, dass du Razi mit dir nimmst, wenn du untergehst .
    Gewandt stand sie auf, lächelte und ergriff seine Hand. Ohne weitere Befangenheit erwiderte er den Händedruck, sah ihr in die Augen und nickte mit wieder sichtbaren Grübchen.
    »Ich bin Wynter«, sagte sie. »Sei gegrüßt. Gott segne dich und deine Wege.«
    Und Razi strahlte vor Freude.

Unter Beobachtung
    W ie geht es Lorcan?« Mit einem Seitenblick behielt Razi Wynter im Auge, während er auf ihre Antwort wartete. Das war eine dieser undurchsichtigen Fragen, die alles oder nichts bedeuten konnten, je nachdem, was man darauf entgegnete. Der weitere Verlauf eines solchen Gesprächs hing von demjenigen ab, der antwortete. Geht es ihm gut? konnte heißen: Lebt er? Hat er sich seinen Stolz bewahrt? Seinen Verstand? Seine Gesundheit? All dem, was in dieser scheinbar harmlosen Frage unausgesprochen blieb, konnte sie durch ein schlichtes Es geht ihm gut ausweichen, und bei jedem anderen hätte sie genau das getan.
    Doch das hier war Razi, also sagte sie: »Vater geht es gar nicht gut, Bruder. Ich fürchte um sein Leben.«
    Mit plötzlicher Besorgnis wandte Razi ihr sein schönes Gesicht zu. Inzwischen waren sie zu dritt über die Hintertreppe auf dem Weg nach oben, da Christopher und Razi beschlossen hatten, Wynter unbedingt ihre geliebten Pferde zeigen zu müssen. Sie hatte ihre Zustimmung durch ein müdes Achselzucken kundgetan – vielleicht wären die Männer bald so vertieft, dass sich Wynter auf einem Heuhaufen zusammenrollen und die Augen ein wenig schließen könnte. Christopher war vorausgegangen, um ihnen etwas Raum zu lassen. Also doch nicht ohne jedes Feingefühl, dachte sie, während
er fast unmerklich den Abstand zwischen sich und ihnen vergrößerte.
    »Würde dein Vater mir gestatten, ihn zu untersuchen? Oder wäre es unklug, ihn darauf anzusprechen?«
    »O Gott«, stöhnte sie, »fang bloß nicht davon an, Razi, ich bitte dich. Er hat Todesangst davor, verletzlich zu erscheinen.«
    »Das kann ich ihm nicht im mindesten verdenken«, murmelte er, und seine braunen Augen verfinsterten sich. »Wo ist er gerade? Vielleicht kann ich heimlich einen Blick auf ihn werfen, seine Körpersäfte aus der Ferne einschätzen.« Wynter seufzte und rieb sich die brennenden Augen; fürsorglich nahm Razi sie am Ellbogen und neigte sich ihr zu. »Wyn, du musst dich hinlegen, du bist ja völlig erschöpft. Sollen wir dich nicht lieber in deine Gemächer begleiten, damit du dich baden und ausruhen kannst? Ich bin selbstsüchtig …«
    Sie lachte kopfschüttelnd und hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Razi, selbst wenn ich ein Gemach hätte, in das ich mich zurückziehen könnte, würde ich es nicht ertragen, so bald schon wieder von dir getrennt zu sein. Ich bette einfach mein müdes Haupt auf einen Heuballen und lasse dich und diesen Kerl da mit den Pferden spielen, einverstanden?«
    Lächelnd nickte er.
    »Mein Vater ist bei Heron«, fuhr sie fort. »Ich nehme an, dass sie zum König gegangen sind.«
    Razi stieß ein bitteres Lachen aus. »Dann hat ihn der listige alte Vogel also zuerst gefunden, was? Das überrascht mich keineswegs.«
    Wynter blieb stehen, der Groll in Razis Stimme ließ sie innerlich frösteln. Sie hielt ihn am Arm fest. Ein paar Stufen
über ihnen hielt auch Christopher an, drehte sich um und wartete, geduldig an die Wand gelehnt.
    »Razi, ist Her…« Als sie bemerkte, dass Christopher nicht einmal vorgab, nicht zu horchen, senkte sie ihre Stimme zu einem Flüstern. »Ist Heron nicht mehr

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