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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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hinunter.
    Großer Gott, hatte er denn keinen Funken Verstand?
    »Christopher.« Sie versteckte sich hinter der Tür und zischte ihn an. »Du kannst nicht einfach so dort herumstehen!«
    Er warf ihr einen Seitenblick zu und nahm dann sein dreistes Gaffen wieder auf. »Warum denn nicht?«, flüsterte er zurück. »Niemand beachtet mich.«
    »Die Leute hier beachten immer alles«, widersprach sie und rang verzweifelt die Hände. Doch er rührte sich nicht
vom Fleck, nur ein zartes Stirnrunzeln senkte seine Augenbrauen. »Was ist da los?«, fragte sie aufgeregt. »Kannst du Vater sehen?«
    Wieder blickte er sie kurz an und dann zurück in den Gang. Seine Miene war aufgewühlt und unsicher, als wüsste er nicht genau, wie er die Lage erklären sollte. Schließlich grunzte er ungeduldig und zog sie an der Schulter durch die Tür. »Sieh selbst«, murmelte er.
    Lorcan und Razi standen an der Kreuzung zweier Gänge, etwa fünfzig oder sechzig Fuß von Christopher und Wynter entfernt. Sie waren in ein hitziges Wortgefecht mit Heron und drei weiteren schwarz gewandeten Ratsherren vertieft, und kurz wunderte sich Wynter, was Christopher gemeint haben mochte. Ihr Vater sah ganz normal aus. Er hörte aufmerksam zu, während Razi gestikulierte und die Männer ihnen gegenüber mit einem leisen, wütenden Wortschwall bedachte.
    Doch dann fiel Wynter auf, wie gerade ihr Vater den Rücken hielt, wie starr; seine Arme hingen steif herunter, die großen Hände waren zu Fäusten geballt. Sie erkannte, dass er in Wirklichkeit gar nicht zuhörte, sondern nur mit einem Ausdruck grimmiger Entschlossenheit dort stand. Sie beobachtete, wie Razi diskret eine Hand auf seinen Rücken legte, genau zwischen die Schulterblätter. Die Muskeln in Razis Arm spannten sich, und die Schulter wurde straff, als er das Gewicht ihres Vaters auffing, ohne dass die anderen Männer es bemerkten.
    Wynter stieß einen leisen Angstschrei aus und machte einen Satz nach vorn, doch Christopher kniff sie in die Schulter, so dass sie sich auf den Mund schlug und keinen Mucks mehr von sich gab.
    Plötzlich wedelte Razi gebieterisch mit der Hand und
schickte die vier Männer fort. Heftiger Zorn verhärtete ihre Mienen, Herons Mundwinkel verzogen sich gar zu einem bitteren Hohnlächeln. Doch wenn Razi es befahl, mussten sie gehorchen, also entfernten sie sich widerstrebend und mit trotzigen Verbeugungen.
    Razi und Lorcan warteten, bis die vier Männer außer Sichtweite waren. Dann redete Razi rasch und mit besorgt geneigtem Kopf auf ihren Vater ein. Der machte eine wegwerfende Geste und schüttelte die stützende Hand ab. Mit steifen Beinen und verbissenem Gesicht machte er zwei, drei Schritte auf Wynter und Christopher zu, doch seine Knie gaben nach, und Razi musste ihn auffangen. Unter der Last der wuchtigen Gestalt taumelnd, rief Razi nach Christopher, der schon halb bei ihnen war.
    Gelähmt vor Entsetzen sah Wynter zu, wie die beiden Männer Lorcan stützten. Als die drei an ihr vorbei waren, blickte sie sich rasch noch einmal prüfend um, dann schloss und verriegelte sie die Tür.
    In ihrem Quartier gab Lorcan es endlich auf, Kraft vorzutäuschen. Er sank in sich zusammen. Die beiden kleineren Männer hatten größte Mühe, ihn über den Boden zu schleifen. Sie hievten ihn auf einen der runden Sessel, dann lehnte Razi ihn mit dem Rücken an die Lehne und klemmte ein Kissen zwischen seinen Kopf und die Wand.
    »Wir brauchen mehr Licht«, ordnete er an. »Und Wasser. Christopher, du bringst mir meine Tasche. Wynter, leg seine Füße auf einen Schemel und zieh ihm die Stiefel aus. Christopher , meine Tasche.«
    Lorcan war so matt und hilflos, dass Wynter schon befürchtete, er habe die Besinnung verloren; doch sie fand seine Augen offen und glasig. Sein Mund war weit geöffnet, der Brustkorb hob und senkte sich, offenbar rang er nach Luft.
All das nahm sie wahr, während sie neben ihm kniete, ihm die schweren Reitstiefel aufband und von den eiskalten Füßen zerrte. Sie legte ein Polster auf eine Fußbank und bettete Lorcans Füße darauf, dann begann sie zu reiben, um sie aufzuwärmen.
    »Er ist so kalt«, sagte sie.
    »Mmmm«, murmelte Razi. Inzwischen hatte er das Hemd ihres Vaters bis zum Nabel geöffnet und den Hosenbund gelockert. Das Gesicht des großen Mannes war von riesigen Schweißtropfen übersät, das leuchtend orangefarbene Haar auf Brust und Bauch klebte an der Haut. Razi presste das Ohr an Lorcans Rippen und lauschte angestrengt. Als Wynter Anstalten

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