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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiernan Celine
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schimmerten im Sonnenschein, der durch das Fenster fiel. Sie verliehen seinem starren Gesicht eine helle, feurige Illusion von Leben. Doch sein mächtiger Brustkorb hob sich nicht, seine großen Hände – schwer wie Marmorskulpturen – lagen still auf dem weißen Laken.
    Vater, oh, Vater, wach auf!
    Nun warf Razi den Trichter beiseite, beugte sich erneut über Lorcan und legte ihm das Ohr auf das Herz. An seinem gleichmäßig zuckenden Kiefer konnte man erkennen, dass er mit den Zähnen knirschte. Seine Miene wurde immer verzweifelter.
    Dann, ohne jede Vorwarnung, richtete er sich auf, hob die Faust hoch über den Kopf und ließ sie in einem brutalen Schlag mitten auf Lorcans Brust herabsausen. Jonathon machte einen Satz und schrie auf, doch Razi beachtete ihn gar nicht, sondern beugte sich wieder hinunter und horchte. Wynter schluchzte auf, als sie Razis Gesicht beobachtete. Er holte erneut aus, hämmerte seine Faust auf Lorcans Rippen und stieß dabei ein lautes Brüllen aus, als beschimpfe er ihn.
    Das Gesicht zur Grimasse verzerrt, drückte er wieder sein Ohr auf den massigen Brustkorb. Wynter und Jonathon trauten sich nicht, auch nur zu atmen. Da rutschte Razi unvermittelt etwas höher und hielt ein Auge über Lorcans Lippen. Einen Moment lang verharrte er dort, dann sah Wynter seine Lider flattern und ein winziges Lächeln an seinen Mundwinkeln zupfen.
    »So ist es gut …«, flüsterte er und legte seine Stirn auf die
ihres Vaters. Seine Hand hob sich sanft, als Lorcan einen flachen Atemzug tat. Wynter sah nichts mehr, Tränen nahmen ihr die Sicht. Sie hörte nur, wie Razi noch einmal So ist es gut murmelte. Dann wandte er sich sehr ruhig und bedächtig seinen Phiolen und Pulvern zu, und Wynter spürt, dass sie zu Boden sank.
    »Bring sie in ihre Kammer«, hörte sie Razi wie aus weiter Ferne sagen. »Die Füße müssen auf ein Kissen gebettet werden.«
    Undeutlich, als schliefe sie bereits, spürte Wynter, wie der König sie auf seine Arme hob und sanft in ihr Bett legte.
    Sie hatte keine Träume.
     
     
     
    »Wynter.«
    Sie fühlte, dass sich jemand neben sie auf das Bett setzte, und wusste sofort, dass es Razi war. Er streichelte ihr über das Haar, und sie schlug die Augen auf. Das Licht war nicht besonders hell; er hatte eine Kerze angezündet. Als sie an sich hinuntersah, stellte sie fest, dass jemand ihr Stiefel und Gürtel ausgezogen und sie zugedeckt hatte.
    »Was ist geschehen?«
    »Du bist vor Erschöpfung zusammengebrochen.«
    »Ich meinte mit Vater, Razi. Was ist mit Vater?«
    »Lorcan geht es gut, Schwester. Sein Herz schlägt gleichmäßig. Vor einer Weile kam er zu Bewusstsein, und Vater und er hatten eine lange, ruhige Aussprache. Daraufhin hat Lorcan eingewilligt, das Schlummermittel zu trinken. Er sollte bis morgen Vormittag schlafen, dann sehen wir weiter.«
    »Wird er sterben?«
    »Es wäre möglich.« Sie schloss die Augen, und Razi strich ihr wieder übers Haar. »Aber momentan ist er vor allem erschöpft.
Wenn er meine Anweisungen befolgt, kann er noch gut und gern viele Jahre leben. Es hängt nur davon ab, ob er Aufregung vermeidet und sich ausruht.«
    »Dann kann ich ebenso gut gleich Schwarz tragen, denn das wird niemals passieren.«
    Es war eigentlich kein Scherz, doch es klang so trostlos und jämmerlich, dass sie beide glucksen mussten.
    »Wie spät mag es wohl sein?« Wynter stützte sich auf die Ellbogen und sah sich um.
    Razi klopfte ihr nur zärtlich auf die Schulter. »Ich muss jetzt gehen, Schwester. Setzt du dich zu ihm? Ich habe in der Küche nach Essen und heißem Wasser für dich geschickt. Es sollte bald eintreffen.«
    Sie beäugte ihn. Er war in seinen langen, leuchtend roten Umhang und eine schwarze Hose gekleidet, die Lederhandschuhe hielt er in der Hand. Er geht zum Bankett, dachte sie mit Bedauern. Es wurde trotz allem nicht abgesagt. Armer Razi.
    »Du trägst nicht den Purpur«, bemerkte sie bedeutungsvoll. Vielleicht hatte der König ja doch eingelenkt.
    »Alberons Sachen müssen für mich umgearbeitet werden«, gab er bitter zurück. Dann stand er abrupt auf und zog unsanft seine Handschuhe über. »Mir wurde gesagt, dass die purpurne Robe in den königlichen Gemächern für mich bereitliege. Aber jetzt muss ich wirklich gehen. Pass auf dich auf.«
    »Razi!« Sie glitt von der Bettkante, bestürzt, dass er sie mit so knappen Abschiedsworten allein lassen wollte.
    Überrascht blickte er über die Schulter, dann veränderte sich seine Miene, und er stürmte

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