Moorehawke 02 - Geisterpfade
nicht zu deuten vermochte. Sag ›ja‹!
»Ashkr«, hob Razi an, »ich habe keine Ahnung, was Ihr vorhabt, das Christopher so missbilligt. Aber ich gebe Euch mein Wort: Wenn Ihr meinen Gefährten und mir sicheres Geleit zum königlichen Prinzen gewährt, wenn Ihr uns Euren Schutz gewährt und Euer Bestes gebt, um diese Pflicht zu erfüllen, dann werde ich jede Unze meines beträchtlichen Einflusses dafür in die Waagschale werfen, dass Ihr Zuflucht in diesem Königreich erhaltet.«
Ashkr zog die Stirn kraus. »Vermögt Ihr, zu machen solch ein Versprechen, Tabiyb? Seid Ihr so ein Mann, habt Ihr solche Macht?«
Razi stieß ein Schnauben aus, und Wynter hörte die Bitterkeit in seinen Worten, als er sagte: »Ja, Ashkr. Die habe ich.«
»Obwohl …« Ashkr stockte. Sein Blick sank auf Razis Hände herab, und er berührte seine dunkle Haut. »Obwohl Ihr von Farbe seid?«
Razi schob den Unterkiefer vor. »Ja, Ashkr. Obwohl ich farbig bin.«
»Ich glaube, es verheißt Gutes für Das Volk«, gab Ashkr zurück, »wenn jemandem von Farbe in diesem Reich gestattet ist ein solcher Einfluss.«
Nun drehte sich Ashkr wieder zu seinen Leuten und Sólmundr um. Der drahtige Mann hatte sich gespannt nach vorn gebeugt, den Blick fest auf seinen Freund geheftet.
»Ich glaube Euch, Tabiyb«, sagte Ashkr, ohne den Blick von Sólmundr zu lösen. »Ich glaube, dass Ihr werdet geben Euer Bestes für uns und dass Das Volk hier vielleicht kann finden eine Heimstatt.«
In Sólmundrs Augen lag nun ein Hoffnungsschimmer, doch Ashkrs Lippen verzogen sich zu einem Strich; er schüttelte den Kopf. Mit einem Schlag verschwand die Zuversicht aus Sólmundrs Blick, und Wynters Herz zog sich ängstlich und schuldbewusst zusammen. Traurig sahen die beiden Männer einander an, bis Sólmundr knapp nickte und sich wieder zurücksetzte.
Streng fuhr Ashkr fort: »Meine Schwester hat recht.« Er erhob sich. »Wir werden nun rasch aufbrechen. Wir erfüllen unsere Pflicht.« Und an Razi gewandt fuhr er fort: »Und Euch, Tabiyb, bringen wir zum Prinzen, damit auch Ihr könnt erfüllen Eure Pflicht. Danke.« Lächelnd bot er ihm die Hand, und Razi ergriff sie benommen. »Ich danke Euch für die Wahrheit.«
Als er zurück in den Kreis seiner Leute trat, hob Ashkr die Arme und rief etwas auf Merronisch, woraufhin sämtliche Krieger froh und erleichtert aufsprangen und den großen Mann lärmend umringten, während er eine laute, beherzte Erklärung abgab. Nur Christopher und Sólmundr blieben mit steinernen Mienen sitzen.
Razi stand auf und rieb sich die Hände an den Oberschenkeln. Als sich Wynter neben ihn stellte, konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass ihnen soeben etwas Gewaltiges unwiederbringlich entglitten war.
»Ihr steht nun unter unserem Schutz, Tabiyb«, sagte Úlfnaor und reichte Razi sein Schwert und seinen Dolch. »Wir geben Euch Geleit den Rest des Wegs. Wir werden behüten Euch, so gut wir es vermögen.«
Razi verneigte sich zerstreut. Auch Wynter nahm ihre Waffen vom Aoire entgegen und versuchte gleichzeitig, um ihn herum Christopher im Blick zu behalten. Úlfnaor bemerkte es und drehte sich um.
Christopher war gerade dabei, Sólmundr auf die Füße zu helfen. Er wirkte zornig und aufgebracht. Betont wich er Wynters und Razis Blicken aus, schob seine Schulter unter Sólmundrs Achsel und half Ashkr, ihn zurück zu den Zelten zu bringen.
»Gebt ihm Zeit«, riet Úlfnaor. »Er ist wütend, dass Ihr Euch gegen ihn gestellt habt, aber manches Mal es ist schwierig, die beiden Seiten der einen Wahrheit zu sehen, nach ea ?« Er klopfte Razi auf den Rücken. »Kommt. Wir geben Euch etwas zu tun, ja? Ihr könnt uns helfen, aufzuräumen das Loup-Garous-Durcheinander. Das lenkt Euch ab.«
Wari nahm Razi mit in den Wald, um Gräber für die Wölfe
auszuheben, und Wynter wurde damit beauftragt, die Trockengestelle zu errichten, die dazu benötigt wurden, das Fleisch und die Häute der toten Pferde zu verwerten. Ganz offensichtlich sollte diese Aufgabenverteilung dafür sorgen, das sie voneinander getrennt wurden und nicht auf dumme Gedanken kamen, und so verbrachte Wynter den Vormittag unter den wachsamen Augen einer kleinen Gruppe von Männern und Frauen, während der Großteil der Merroner einer geheimen Tätigkeit tief im Wald nachging.
Christopher und die Anführer des Stamms hingegen zogen sich in Ashkrs puballmór zurück. Im Laufe des Tages ertappte sich Wynter immer wieder dabei, durch den Dunst der flirrend heißen
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