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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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Gedanke war für mich so absurd wie die Vorstellung, Robinson Crusoe würde sich plötzlich zu seinem Kumpel Freitag bekennen. Über Nicks Gefühle mir gegenüber hatte ich nie wirklich nachgedacht. Ehrlich gesagt waren sie mir bisher egal gewesen.
    Als Zeno meinen Gesichtsausdruck sah, prustete er los.
    »Das ist nicht komisch«, fauchte ich ihn an, gluckste dann aber doch unterdrückt, so ansteckend war sein Gelächter.
    Zeno wurde ernst: »Findest du das wirklich so abwegig, dass jemand sich in dich verliebt?«, fragte er mich leise und sah mir tief in die Augen.
    »Nein, ja, ich meine …«, stammelte ich, total überrollt von der Wendung unseres Gesprächs und seinem intensiven Blick. Seine Pupillen, warm und goldbraun wie das Harz an den Baumstämmen im Sommer, brachten mich immer wieder aus der Fassung. Der heißen Welle nach zu urteilen, die tsunamiartig meinen ganzen Körper zu überschwemmen schien, lief ich wahrscheinlich knallrot an.
    »Ich will ja nicht stören, aber ich hab da ein Problem …«, hörte ich jemand sagen, von dem ich eigentlich gehofft hatte, ihn mindestens für die nächsten zehn Jahre losgeworden zu sein. Nick kam über den staubigen Platz und trug eine extra hilflose Miene zur Schau. »Meine Vespa ist kurz hinter eurem Tor abgekackt«, behauptete er. Zum Beweis hielt er zwei silbergraue längliche Teile hoch. »Wahrscheinlich die Zündkerzen«, erklärte er.
    Als ob das jemanden interessieren würde, dachte ich wütend.
    »Vielleicht ist auch die Zylinderkopfdichtung hin«, fuhr er unbeirrt fort. Und fügte scheinheilig hinzu: »So ein Pech, ausgerechnet jetzt!« Der Seitenblick, den er mir aus den Augenwinkeln zuwarf, besagte aber, dass Nick das Ganze genau geplant hatte. Eine Silvesterrakete war nichts gegen die heftige Wut, die in mir hochschoss. Ich verspürte den Impuls, Nick einen Tritt zu versetzen, der ihn hochkant aus der Oase und bis zum Alexanderplatz befördern würde.
    Zeno blieb dagegen völlig gelassen. »Bleibst du eben hier, bis einer von uns mal wieder Richtung Stadt fährt und du dir neue Zündkerzen besorgen kannst«, meinte er. Entgeistert starrte ich ihn an. Wieso lud er Nick quasi ein, wenn er doch gerade eben noch vermutet hatte, er wäre in mich verknallt? Konnte Zeno sich nicht denken, wie unangenehm die Situation für mich war?
    Du hast Angst, Nick verpetzt dich, stimmt’s?
, säuselte meine innere Stimme leise und boshaft. Leider hatte sie recht. Nick war mir egal, aber seine Anwesenheit bedeutete schlicht und einfach eine Gefahr für mich.
    Prompt wandte Zeno sich an ihn und sagte: »Jeder, der bei uns bleiben will, muss bereit sein, hier mitzuarbeiten.«
    Nick grinste und nickte musterschülerhaft.
    »Wir teilen, was wir erwirtschaften«, fuhr Zeno fort.
    Nicks Kopf ging weiterhin auf und ab wie bei diesen Wackeldackeln auf der Hutablage im Auto, während mein Zorn auf ihn wuchs. Er sollte verschwinden und nicht die beflissene Drohne spielen, dachte ich.
    »Und«, schloss Zeno und nahm ihn scharf ins Visier, »du musst mindestens achtzehn sein. Aber du kannst mir ja sicher deinen Führerschein zeigen …«
    Nicks Blick irrte zu mir, doch ich hatte mich bei Zenos letzten Worten in ein schockgefrostetes Fischstäbchen verwandelt und stand nur steif da. Das Einzige, was ich denken konnte, war: Jetzt ist alles aus! Auf einmal hörte ich Nick lachen. Drehte er jetzt endgültig durch, dachte ich, als ich ihn sagen hörte: »Den Lappen haben sie mir vor zwei Monaten abgenommen.«
    Kein blöder Schachzug von ihm, aber natürlich ließ Zeno sich nicht darauf ein und verwies darauf, dass es ein Personalausweis ebenso tue.
    Nick musterte ihn von oben bis unten und schnaubte: »Hab ich nie mit. Es hat nämlich durchaus Vorteile, sich nicht gleich ausweisen zu können. Erhöht die Chancen, unerkannt abzuhauen, selbst wenn die Bullen schon im Anmarsch sind … du verstehst, was ich meine?« Zeno blieb stumm und Nick fuhr achselzuckend fort: »Wenn du was über mich rauskriegen willst, musst du bei Facebook unter ›Dominik Brandstätter‹ gucken.« Er warf mir ein sekundenkurzes Grinsen zu.
    Ich glotzte schafsdumm zurück. Fast wäre mir rausgerutscht: »Wieso Dominik, du heißt doch Niklas?«, aber ich beherrschte mich gerade noch und hielt wohlweislich die Klappe.
    »Mann, jetzt mach dich mal locker! Spätestens übermorgen bin ich wieder weg, wo ist also das Problem?«, fragte Nick Zeno unschuldig. Der schwieg noch einen Moment, dann zuckte er die Schultern. »Gibt

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