Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
Vom Netzwerk:
mal wissen, was das soll!«, fauchte ich, allerdings so leise, dass uns hoffentlich niemand hörte.
    Nick hörte auf, den Salat in sich hineinzuschlingen. »Mann, Feline, dein Vater hat die Bullen alarmiert«, wisperte er eindringlich. »Er denkt inzwischen wahrscheinlich, du liegst irgendwo auf dem Grund der Havel! Aber ich konnte mir schon denken, wohin du verschwunden bist. Nachdem ich dich im Park mit diesem Typen gesehen hatte«, fügte er an und wies mit dem Kopf in die Richtung, in die Zeno verschwunden war. Bei diesen Worten loderte meine Wut auf Nick erneut auf, genau wie eins der frischen Holzstücke, die Lukas eben in die Glut des Lagerfeuers geworfen hatte.
    »Und wenn schon! Ob und mit wem ich abhaue, ist meine Sache«, flüsterte ich heftig. »Und meinem Vater bin ich scheißegal. Seine Neue ist schwanger und bald hat er ja dann Ersatz für mich. Kein Grund, hier aufzutauchen und mir alles zu versauen!«
    Empört öffnete Nick den Mund zu einer Erwiderung, da stand auf einmal Zeno wie aus dem Boden gewachsen vor uns, ein lautloser Schatten. Wann war er zurückgekommen? Was hatte er gehört? Er musterte Nick mit spöttischem Lächeln. »Na, habt ihr euer Wiedersehen gefeiert?«, fragte er. Mir blieb eine Erwiderung im Hals stecken. Dachte Zeno etwa, Nick wäre mein Freund? Ehe ich das Missverständnis aufklären konnte, wandte Zeno sich an Nick. »Woher kennst du Feline eigentlich?«
    Nick schluckte an dem zu großen Bissen Brot und mümmelte undeutlich: »Also wir sind in derselben …«
    »… Volleyballgruppe!«, fiel ich ihm hastig ins Wort und warf Nick einen warnenden Blick zu. Wehe er verplapperte sich und es kam am Ende heraus, dass ich erst in der zehnten Klasse und längst nicht volljährig war! »Nick ist übrigens auch achtzehn«, fügte ich hinzu und warf Nick einen Blick zu, mit dem Tiger normalerweise ihre Opfer fixieren. »Halt die Klappe«, sollte das bedeuten und ich hoffte, Nick würde es richtig deuten.
    Tatsächlich nickte er wie hypnotisiert und widersprach mit keiner Silbe.
    »Hast du keine Freundin, die sich wundert, wenn du mal eben nachts in den Spreewald fährst?«, fragte Zeno. Er lächelte, aber ich spürte, dass mehr als nur eine lockere Frage dahintersteckte. Offenbar hatte ihn Nicks Auftauchen misstrauisch gemacht und das musste ich schleunigst in den Griff kriegen.
    »Ach was, der ist Single«, schaltete ich mich daher rasch ein. Nick warf mir einen gekränkten Blick zu und ich fuhr direkt an ihn gewandt fort: »In deiner WG sind sie wahrscheinlich froh, dich mal los zu sein. Vor allem, seit du die Lehre geschmissen hast und den ganzen Tag vor der Glotze abhängst, stimmt’s?«, setzte ich noch einen drauf und starrte Nick beschwörend an.
    »Was?«, schrie der empört auf, aber nach einem Blick in mein Gesicht beschloss er offensichtlich, mitzuspielen und senkte den Kopf. »Na ja, stimmt schon«, mimte er den Zerknirschten. »Meine Eltern hab ich seit Monaten nicht mehr gesehen und in der WG gab’s zuletzt auch nur Zoff«, fabulierte er munter weiter und zog die Nase hoch. Ich fand, jetzt übertrieb er wirklich, doch nach drei langen Sekunden entspannte sich Zenos Miene unmerklich, und ich atmete auf. Das war schon das zweite Mal, dass ich ihm ins Gesicht log, und mir schlotterten etwas die Knie. Ich gab hier den Zocker am Blackjacktisch im Casino, der hoch pokerte, obwohl er kein Ass, sondern einen Haufen gezinkter Karten in der Hand hatte. Aber ich musste voll auf Risiko gehen, sonst sah es für mich finster aus.
    Nicht nur, dass meine Lüge auffliegen und ich daraufhin wahrscheinlich hochkant aus der Kommune fliegen würde. Inzwischen suchte außerdem die Polizei nach mir und mein Vater würde auf 180 sein, wenn er mich in die Finger bekam. Mit Hausarrest war es dann wahrscheinlich nicht mehr getan.
    Aber all das war es nicht, weshalb die Wahrheit nicht ans Licht kommen sollte. Es war auch nicht, weil mir Lukas, Aryana und viele andere inzwischen ans Herz gewachsen waren oder weil ich mich in der Gemeinschaft wohlfühlte und eine herzliche Zuneigung zu Deva gefasst hatte. Der wahre Grund, warum ich um jeden Preis in der Oase bleiben wollte, hatte vier Buchstaben: Zeno.
    *
    »Bernd Tauber!«
    »Polizeidirektion Berlin-Mitte, Hilker am Apparat, guten Abend, Herr Tauber. Entschuldigen Sie die späte Störung …«
    »Haben Sie endlich meine Tochter gefunden?«
    »Nein, nur ihren Ausweis …«
    »Wie bitte?«
    »Ja, eine Streife hat bei einer Routinekontrolle ein

Weitere Kostenlose Bücher