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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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genau in die Augen schien, wusste ich, wer es war, noch ehe sein Schatten auf uns fiel. »Na, ihr beiden – ihr streitet doch nicht etwa schon wieder?«, fragte Zeno, doch seine Stimme hatte einen neckenden Ton und er zwinkerte mir kurz zu.
    »Nein, ich hab Nick nur gerade … von unseren Meditations-Sessions erzählt. Er wollte wissen … ob er … auch mal mitmachen kann«, sog ich mir trotz meines Wattehirns rasch eine Ausrede aus den Fingern. Nicks entgeistertes Gesicht ignorierend setzte ich hinzu: »Ich fand es nämlich eine sehr interessante Erfahrung!«
    Zeno warf ihm einen kurzen Blick zu und hob die Schultern. »Klar«, sagte er, es klang aber reichlich desinteressiert. Dann wandte er sich mir zu. »Feline, ich würde gerne mal kurz mit dir reden.« Obwohl er lächelte, erstarrte ich schlagartig, als hätte mich jemand mit Kältespray eingesprüht. Hatte Zeno etwa gelauscht, als ich Nick das mit Mia erzählt hatte? Und was würde er jetzt tun? Nur nichts anmerken lassen, dachte ich panisch und krächzte daher möglichst lässig ein »Okay«.
    »Aber Feline wollte gerade …«, setzte Nick an, zu protestieren, aber ich warf ihm einen warnenden Blick zu und schüttelte fast unmerklich den Kopf.
    »Ich bin sicher, ihr findet später noch Zeit, miteinander zu quatschen«, sagte Zeno freundlich. Nicks Miene verriet Ärger, aber er zuckte nur die Schultern.
    »Okeydokey, dann sehen wir uns, wenn wir uns sehen«, nuschelte er betont cool und machte sich davon.
    Ich verdrehte die Augen. Zeno beobachtete mich schmunzelnd, aber in seinen Augen glaubte ich eine gewisse Wachsamkeit zu entdecken. Ich beschloss, sein Misstrauen im Keim zu ersticken, daher wies ich mit dem Kopf auf den davonschlurfenden Nick. »Seinen Hang zu schwachen Sprüchen gewöhnt man ihm wohl nicht mal mehr durch Prügel ab.« Jetzt lachte Zeno, sodass seine Zahnlücke blitzte und mir wurde leichter ums Herz. »Worüber wolltest du denn mit mir reden?«, traute ich mich zu fragen.
    Seine Miene wurde ernst und gespielt streng zog er die Augenbrauen zusammen. »Feline, du hattest die strenge Anweisung, dich auszuruhen! Stattdessen putzt du in der sengenden Sonne Gemüse«, rügte er mich. Ich biss mir auf die Lippen. »Und zu allem Überfluss flirtest du mit armen, kleinen Jungs«, setzte er noch eins drauf und grinste.
    »Ich hab nicht mit ihm geflirtet«, widersprach ich in einem Reflex.
    Zeno beugte sich etwas zu mir herunter, bis unsere Gesichter auf gleicher Höhe waren. »Nein?«, fragte er leise und sah mich mit seinen hypnotischen Honigaugen an, bis mir ganz schwindlig wurde – diesmal aber sicher nicht wegen irgendwelcher Halluzinationen.
    »Nein«, sagte ich leise. Zeno lächelte und fuhr mit seinem Zeigefinger leicht über meine Lippen.
    »Gut«, raunte er. »Das hätte mir nämlich gar nicht gefallen.« Noch ehe ich mich von meiner Überraschung erholt hatte, war er einen Schritt zurückgetreten. »Gleich gibt’s Abendessen, kommst du?«, fragte er mit seiner normalen Stimme und ging ein paar Schritte voraus in Richtung Gemeinschaftshaus. Ich stolperte hinter ihm her und grübelte, wieso er das zu mir gesagt hatte, nachdem er erst kürzlich selbst vorgeschlagen hatte, ich solle nett zu Nick sein, um ihn von der Oase zu überzeugen.
    Doch da strömten schon Kali, Irina, Bidu und die anderen aus verschiedenen Richtungen zusammen und rissen mich aus meinem dumpfen Brüten. Sie begrüßten mich mit lautem Hallo und zusammen mit dem fröhlichen Pulk wurde ich in den großen Essraum geschleust. Zeno war unvermittelt abgetaucht, jedenfalls konnte ich ihn nirgendwo mehr entdecken, obwohl ich meine Augen wie einen Suchscheinwerfer durch den ganzen Raum schweifen ließ. Mit einem Gefühl der Enttäuschung quetschte ich mich schließlich zwischen Bidu und Irina an den Tisch.
    Nach dem reichhaltigen Nudelgericht in Devas Küche hatte ich noch keinen Hunger und außerdem drehte sich alles immer noch leicht in meinem Kopf, weshalb ich den angebotenen Linseneintopf freundlich ablehnte. Über die Köpfe der Oasianer hinweg sah ich Nick am anderen Ende des Tisches sitzen. Er warf mir nur einen kurzen undefinierbaren Blick zu, ehe er sich über seinen Teller beugte. Während die anderen aßen, blickte ich mich im Speisesaal um und sah, dass außer mir noch jemand das Essen nicht anrührte: Urs saß mit käsigem Gesicht auf seinem Platz und sprach kein Wort. Vielleicht hatte ihn ein Virus erwischt. So als spürte er meinen Blick, hob er unvermittelt den

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