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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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ich wahrnahm, wie gut die Oase mir und den anderen Bewohnern tat, denen es früher auch schlecht gegangen war, hatte er noch lange nicht das Recht, mich »bekifft« zu nennen. »Pass mal auf, Nick. Vielleicht zeigst du mal ein bisschen mehr Respekt – oder du packst deine Sachen und verziehst dich. Aber hör auf, mich blöd anzumachen, nur weil ich den Spirit spüre – und du nicht«, warf ich ihm an den Kopf.
    Statt sauer zu werden, schüttelte Nick nur mit ungläubiger Miene den Kopf. »Spirit? Mann, Feline, du bist mittlerweile echt ganz schön abgespaced«, schnaubte er.
    »Warum?«, schoss ich zurück. »Weil ich die ›Freaks‹ hier, wie du sie nennst, gerne mag? Mann, Nick, du bist selber ganz schön arrogant. Wieso bist du nicht längst weg, wenn es dir hier nicht passt?«
    Mit einem tiefen Seufzer stellte Nick seinen Gemüsekorb ab, ehe er den Kopf hob und mich ansah. »Weil ich mir Sorgen um dich mache, Mensch«, sagte er. »Und … weil ich dich gut leiden kann. Obwohl du immer total zickig zu mir bist«, fügte er hinzu.
    Mir verschlug es trotz Wattebäuschen im Kopf die Sprache.
    »Jetzt guck nicht so entgeistert. Ich glaube, du kannst ganz nett sein, wenn du willst. Na ja, und ich hab die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass ich das noch mal erlebe, ehe wir Abi gemacht haben«, frotzelte er. Aber sein Blick war nicht spöttisch, sondern eher liebevoll.
    Jetzt verspürte ich in der Magengegend ein mulmiges Gefühl. Hatte Zeno also doch richtig gelegen, als er behauptet hatte, Nick wäre heimlich in mich verschossen? Bloß nicht!, dachte ich panisch. Ein verliebter Mitschüler, der mir dauernd treu hinterherdackelte, fehlte mir gerade noch.
    »Hör mal, ich …«, fing ich an und verstummte hilflos, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Ich konnte sowieso nicht klar denken und die ganze Situation war mir peinlich.
    Nick nicht. Ganz cool stand er da und sah mich an. Nichts konnte ihn aus der Ruhe bringen. Und er machte sich wohl ernsthaft Gedanken um mich. Weil er mich gern hatte. Ich schüttelte den Kopf um die klebrigen Fäden der Benommenheit abzuschütteln.
    »Ich habe Mia gesehen«, platzte es auf einmal aus mir heraus. Erschrocken schlug ich mir die Hand vor den Mund. War ich wahnsinnig geworden, ausgerechnet Nick davon zu erzählen? Andererseits war er der Einzige, bei dem ich das sichere Gefühl hatte, er würde mir glauben. Ich erwartete eine heftige Reaktion, doch er musterte mich nur verwirrt.
    »Wen?«, fragte er und da ging mir auf, dass er Mia überhaupt nicht gekannt hatte. Sie war ja nicht mehr in der Oase gewesen, als er aufgetaucht war.
    »Sie hat hier in der Kommune Schmuck gebastelt …«, fing ich an.
    »Ach, die Blonde, von der du das Goldfischarmband damals im Görlitzer Park gekauft hast?«, fiel Nick mir ins Wort. »Und was ist daran so besonders, dass du sie gesehen hast? Wenn sie doch auch hier lebt?«, sagte er schulterzuckend.
    Ich war drauf und dran, ihn mit einem gemurmelten »Vergiss es« abzuspeisen. Aber eine fremde Macht schien mich zu zwingen, den Mund zu öffnen und Nick die Geschichte vom Moorsee zu erzählen.
    »Mia ist von hier weg, ein paar Tage, bevor du kamst«, fing ich an. »Und gestern bin ich doch … ähm, spazieren gegangen …«
    Nick musterte mich spöttisch. »Du bist abgehauen, nachdem du mich in der Küche rund gemacht hast, meinst du wohl«, korrigierte er trocken.
    »Ja, meinetwegen! Für solche Korinthenkackerei ist aber jetzt echt nicht der Moment«, raunzte ich ihn an.
    Er hob beschwichtigend die Hände. »Schon gut. Also, du warst spazieren und bist dieser Mia begegnet. Und?«
    Ich schluckte. Der leichte Schwindel in meinem Kopf kehrte zurück und ich suchte mühsam nach Worten, die auf unruhigen Wellen an mir vorbeizuschaukeln schienen, ohne, dass ich sie greifen konnte. Trotzdem startete ich einen Versuch. »Na ja, ich bin zu so einem Moorsee gekommen und …« Ich stockte. Wie sollte ich Nick nur klarmachen, was ich da unten im Wasser gesehen hatte, ohne dass er mich auch für verrückt hielt? Andererseits drängte es mich, mich einem Menschen anzuvertrauen. Jemandem, der mich ernst nahm. Aber würde Nick das tun? Was, wenn er auch überzeugt war, ich würde fantasieren? Vielleicht sollte ich lieber die Klappe halten und behaupten, ich hätte Mia nur von Weitem gesehen und sie wäre abgehauen, als sie meiner ansichtig wurde?
    Noch während ich mit mir kämpfte, sah ich eine hochgewachsene Gestalt heranschlendern. Obwohl die Sonne mir

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