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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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kreisten: Zeno. Sanft schob er mich nach ein paar kostbaren, köstlichen Augenblicken von sich weg.
    »Feline, geht es dir wieder schlecht?« Ich schüttelte hastig den Kopf, aber er musterte mich voller Sorge. »Du gefällst mir gar nicht, so bleich wie du bist!« Benebelt durch seine Nähe hätte ich ihm beinahe von meinem Verdacht gegen Urs erzählt. Im letzten Moment wurde mir klar, dass ich dann auch zugeben müsste, argwöhnisch gegenüber ihm selbst zu sein. Hastig schloss ich daher den Mund, ehe die Worte herauspurzeln konnten, die alles zwischen uns kaputtgemacht hätten. Irgendeine Antwort musste ich jedoch geben, also murmelte ich halbherzig etwas von »Kopfschmerzen« und »ein bisschen schwindlig«.
    Sekundenlang musterte mich Zeno eingehend und schien bis auf den Grund meiner Seele blicken zu wollen. Ich bemühte mich, seinem Blick standzuhalten, obwohl mir vor Angst heiß wurde. Eine gefühlte Ewigkeit später legte er den Arm um mich.
    »Na komm«, meinte er. Sachte führte er mich zu seinem Haus. »Feline ist noch nicht wieder ganz auf den Beinen. Der Kreislauf«, erklärte er seiner Mutter, die ihren Rollstuhl in den Flur lenkte, sobald sie unsere Schritte hörte. »Vielleicht schläft sie heute Nacht besser noch mal hier?«, fuhr Zeno fort und drückte wie zur Bestätigung meinen Arm.
    »Natürlich«, erwiderte Deva herzlich und sah Zeno einen Moment lang an, ehe sie mich aufmerksam ins Auge fasste. Das mulmige Gefühl, in einem schnell abwärts fahrenden Aufzug zu stecken, machte sich in meinem Bauch breit. Doch dann sagte sie mit ihrer dunkelwarmen Stimme: »Hast du heute genügend getrunken, Herzchen?« Ich konnte nur den Kopf schütteln. »Dann wundert es mich nicht, wenn dir der Kopf wehtut und dir schwindlig ist. Bei der Hitze da draußen verliert der Körper viel Wasser und du dehydrierst«, führte Deva aus und rollte voran in die Küche. Ich wollte ihr nach, doch eine sanfte, aber bestimmte Hand auf meinem Arm ließ mich innehalten.
    »Immer schön darauf hören, was die Frau Doktor sagt«, flüsterte Zeno und grinste verschwörerisch. Unwillkürlich grinste ich zurück.
    »Hat das bei dir auch funktioniert?«, zog ich ihn auf. Statt einer Antwort beugte sich Zeno vor und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. Ein Blitz durchfuhr mich und ich erzitterte.
    »Bis bald, Feline«, wisperte er. Ich sah seinen Schatten durch die Tür huschen und mit der einbrechenden Nacht verschmelzen. Noch im Bann seines flüchtigen Kusses stakste ich steifbeinig wie Kalif Storch in die Küche, wo Deva mir ein großes Glas Orangensaft reichte.
    »Hier, trink, danach fühlst du dich besser«, bestimmte sie.
    Den Kopf voller Zeno-Gedanken griff ich danach. Ich nahm drei Schlucke, ehe ich merkte, dass der Saft ziemlich bitter war.
    »Was ist denn?«, wollte Deva wissen, weil ich anscheinend das Gesicht verzog. Als ich mich über den Geschmack beschwerte, winkte sie jedoch ab. »Das sind Bio-Orangen, daher ist der Saft nicht mit künstlichem Fruchtzucker versetzt. Dein Gaumen ist noch an die industriellen Nahrungsmittel gewöhnt, Feline. Zucker, Glutamat und Konservierungsstoffe zerstören unsere Empfindungen für die Aromen der naturbelassenen Lebensmittel«, erklärte sie mir.
    Ich fand keine Gegenargumente, also seufzte ich nur ergeben, ließ aber ein bisschen Wasser ins Glas laufen, weil ich das bittere Gebräu sonst nicht trinken mochte. Deva bestand darauf, dass ich das Glas bis auf den letzten Tropfen leerte »wegen der Dehydrierung«.
    Ich bekam die Bestätigung dafür, was ich in ihrem Umgang mit Urs bereits bemerkt hatte: Hinter der sanften Art der gelähmten Frau verbarg sich ein eiserner Wille. Den hatte sie auch sicher gebraucht, um zurechtzukommen. Ob sie wohl schon immer im Rollstuhl saß?
    Offenbar starrte ich ziemlich auffällig auf Devas Beine, die wie üblich von der buntbestickten Decke verborgen waren, denn sie rollte dicht vor mich und sah mir geradewegs in die Augen.
    »Du fragst dich, wieso ich in diesem Ding sitze, hm?«, wollte sie wissen, doch es klang wie eine Feststellung.
    Ich spürte, wie ich rot wurde. »Entschuldige, ich wollte nicht …«, stammelte ich, wobei ich mich innerlich einen Trampel schimpfte.
    »Es war ein Autounfall«, unterbrach Devas dunkle Stimme meine Erklärungsversuche.
    Ich zuckte zusammen. Genau wie bei meiner Mutter, schoss es mir durch den Kopf.
    »Der Fahrer war wahrscheinlich betrunken, jedenfalls ist er falsch auf die Autobahn eingebogen. Pech, dass ich

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