Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
Vom Netzwerk:
schlaflos unter der dünnen Decke lag und dem Mädchentrio beim Schlafen zuhörte, grübelte ich, was ich jetzt tun sollte. So viel ich aber auch hin- und herüberlegte, mir fiel immer nur eine Lösung ein: Nick. Ich würde mich ihm anvertrauen und dann müsste er zur Polizei gehen, damit die nach Mia suchte. Ich hoffte, sie würden nichts finden, aber ich wollte sichergehen. Anders würde ich keinen Frieden mehr in der Oase finden. Daher musste ich Nick dazu bringen, mir diesen Gefallen zu tun. Niemand würde seiner großen Klappe nachtrauern, wenn er die Oase verließe und falls man uns vor seinem Verschwinden nicht zusammen sah, konnte auch niemand Verdacht schöpfen. Trotzdem zögerte ich. Wenn sich dieser Verrat doch nur nicht so schäbig anfühlen würde. Aber das war ich Mia schuldig, obwohl sie zuletzt nicht besonders nett zu mir gewesen war.
    Ich schlug die Decke zurück und stieg leise aus dem Bett. Da ich noch T-Shirt samt Unterwäsche trug, schlüpfte ich nur rasch wieder in meine Shorts. In Zeitlupe drückte ich die Türklinke herunter und betete, dass die Tür beim Aufschwingen nicht quietschte und eins der Mädchen weckte. Ich hatte Glück: Alle schliefen tief und fest.
    Lautlos huschte ich in die Nacht hinaus. An der Hausecke blieb ich kurz stehen. Ich wusste zwar, in welchem Haus Nick untergebracht war, wie ich ihn allerdings herauslotsen sollte, ohne die anderen Jungs aufzuwecken, war mir schleierhaft. »Ein Schritt nach dem anderen«, ermahnte ich mich selbst und schlich weiter. Dabei versuchte ich krampfhaft, meinen Herzschlag zu beruhigen, der so laut in meinen Ohren dröhnte, dass ich Angst hatte, die halbe Kommune würde davon aufwachen. Das Gebäude, in dem Nick schlief, ging auf den Weg zum Garten hinaus. Zum Glück lagen die Schlafräume ebenerdig und so musste ich mich nur auf die Zehenspitzen stellen, damit ich durch das Fenster ins Innere blicken konnte. Der Raum war dunkel. Um besser zu sehen, drückte ich mein Gesicht dicht an die Scheibe. Mit einem leisen Quietschen gab der Fensterflügel nach und schwang nach innen. Vor Schreck wäre ich beinahe rückwärts umgefallen. Ehe ich mich noch entschließen konnte wegzulaufen, schlug der Fensterrahmen mit einem dumpfen Laut gegen die Zimmerwand. Spätestens jetzt wären alle wach. Genauso gut hätte ich mit einer Blaskapelle vor dem Schlafsaal auftauchen können, dachte ich und verfluchte mich für meinen Leichtsinn. Schon sah ich eine kahle Glühbirne aufflammen. Zum Weglaufen war es zu spät. Derjenige, der aufgewacht war, hätte mich bei meiner Flucht gesehen und vielleicht Alarm geschlagen. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich direkt unter dem Fensterbrett flach gegen die Hauswand zu pressen. Ich hörte, wie über mir das Fenster nun ganz geöffnet wurde. Ich wagte kaum zu atmen und kniff die Augen fest zu, so als könnte ich damit verhindern, selbst entdeckt zu werden.
    Gerade dachte ich, mein letztes Stündlein hätte geschlagen, da drang eine bekannte Stimme an mein Ohr.
    »Mann, was soll’n das, kann man nicht mal die paar Stunden ungestört pennen?« Der da maulte, war eindeutig Nick.
    »Das Fenster ist aufgegangen«, brummte eine andere Stimme, die ich als Urs’ erkannte.
    »
Ich
hab den Flügel vorhin nur angelehnt, du Penner! Wir haben schließlich Sommer und hier drin herrscht Saunatemperatur«, motzte Nick und ich musste ungewollt grinsen. Mein vorlauter Mitschüler hatte sich seine Sommerferien bestimmt auch anders vorgestellt. Ein unwilliger Grunzlaut von Urs, dann Schritte. Ich erstarrte.
    »Mann, was ist denn noch?« Wieder Nick. Inzwischen klang er richtig schlecht gelaunt.
    »Ich muss pinkeln!«, murrte Urs. Ein Schlurfen, die Badtür wurde geöffnet und wieder geschlossen.
    »Licht aus«, schnauzte Nick, dann wurde es im Inneren dunkel. Das war meine Chance. Alle Muskeln angespannt stemmte ich mich hoch und spähte in den Raum. Nachdem meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich Nicks Schemen auf seiner Matratze hocken. Das leere, zerwühlte Bett links daneben musste das von Urs sein. Im Stockbett darüber konnte ich vage eine Gestalt erkennen, die eingewickelt in die Decke lag. Wahrscheinlich Lukas. Ein leises Schnarchen zeugte davon, dass er von dem ganzen Spektakel nichts mitgekriegt hatte, sondern tief und fest schlief.
    »Psst, Nick!«, zischte ich, ehe Urs wieder aus dem Badezimmer rauskam.
    Nicks Kopf schnellte hoch.
    »Hier am Fenster«, wisperte ich und winkte. Mit drei Schritten war er

Weitere Kostenlose Bücher