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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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Nacht überhaupt so wichtig?«, fragte Nick.
    Ich holte tief Luft. Jetzt oder nie. Ich musste mich schnell entscheiden. »Das war, weil … na ja, ich habe dir doch erzählt, dass ich Mia gesehen habe.«
    »Und deswegen lässt du mich mitten in der Nacht zwischen Zucchini- und Radieschenbeeten antanzen?«, fragte Nick ungläubig.
    »Nick! Ich habe sie nicht irgendwo getroffen, sondern ich habe sie am See gefunden. Beziehungsweise –
im
See«, rückte ich raus und sah, wie er die Stirn runzelte.
    »Mia trieb unter der Oberfläche. Sie war tot«, verdeutlichte ich.
    Der spöttische Ausdruck auf seinem Gesicht wurde fortgespült von einer Welle des Entsetzens. »Was?«, würgte er heraus. »Du meinst, du hast ihre
Leiche
gesehen?«
    Ich nickte. Trotz des Schreckens, den ich bei der Erinnerung an den weißen, aufgedunsenen Körper erneut verspürte, machte sich ein anderes Gefühl in mir breit: Erleichterung. Weil ich erkannte, dass Nick mir glaubte.
    »Scheiße, Feli! Hast du irgendjemandem was davon gesagt?«, fragte er leise.
    Ich nickte. »Ich war total fertig und hab Zeno und Deva alles erzählt. Die glaubt, ich hätte mir das alles nur eingebildet. Und Zeno hat mir versichert, dass er gleich nachdem ich zurückgekommen bin, mit Urs zusammen am See war. Angeblich haben sie keine Spur von Mia entdeckt.«
    Nick biss nachdenklich auf seinem Daumenballen herum. Genauso machte er es in der Schule, wenn er über einer kniffligen Matheaufgabe brütete. »Also, wenn du Mias Leiche im Moorsee gesehen hast, Zeno aber behauptet, da wäre nichts, gibt es nur zwei Möglichkeiten …«
    Ich nickte: »Entweder ich leide unter Wahnvorstellungen …«
    »… oder Zeno und Urs haben Mia auch gesehen, behaupten aber das Gegenteil«, vervollständigte Nick.
    Wieder nickte ich.
    »Und das hieße, Zeno oder Urs oder beide haben was zu verbergen«, schlussfolgerte Nick.
    »Aber das ist noch nicht alles«, sagte ich und erzählte ihm von der Kamera in der Wand.
    »Krass«, meinte Nick. »Ich wette, das machen die, um was in der Hand zu haben, wenn einer mal versuchen sollte, sich gegen sie zu stellen.«
    Wider Willen war ich von seiner schnellen Auffassungsgabe beeindruckt. Aber Nick hatte sich ja auch nicht in Zeno verliebt, dachte ich mit dem Geschmack von Bitterkeit auf der Zunge. Entschlossen blickte ich Nick an. »Ich glaube, Urs hat Mia umgebracht. Dann ist er zu Zeno und hat ihm was vorgeheult. Vielleicht hat der das sogar gefilmt. Aber er schützt Urs. Vielleicht fürchtet Zeno, er würde sich sonst was antun oder so«, erklärte ich Nick meine Theorie.
    »Oh, verstehe. Zeno ist mal wieder der Samariter«, ätzte Nick und ohne nachzudenken fuhr ich ihn an:
    »Er ist bestimmt kein Mörder! Aber Urs – der hat doch ganz klar einen an der Klatsche. Jetzt tu bloß nicht so, als hättest du das nicht selbst schon gemerkt!«
    Nick wiegte den Kopf. »Der Typ ist mir unheimlich, klar. Aber jemanden umbringen …?«
    Ich dachte an die Blicke, die Urs mir zu Beginn meiner Zeit in der Oase auf dem Kartoffelacker und neulich beim Essen zugeworfen hatte. Sie waren voller Hass und Unversöhnlichkeit gewesen. Und auch, wenn Nick es nicht bemerkte – ich war mir sicher, dass Urs unberechenbar war. Auch ein Schwarzbär in Kanada wirkte mit seinem plumpen Körper und dem pausbäckigen Pelzgesicht harmlos. Sobald man ihn nur ein wenig reizte, schlug er jedoch gnadenlos zu und vernichtete Feinde wie Beute mit einem einzigen, tödlichen Hieb seiner Pranken. Stellte sich nur die Frage, was Mia für Urs gewesen war, Feind oder Beute? Und – hier lief mir ein eisiges Rinnsal des Schreckens über den Rücken – hatte er mich vielleicht auch längst insgeheim im Visier und wartete nur auf die passende Gelegenheit?
    »Hörst du mir eigentlich zu?«, riss Nicks Stimme mich aus meiner Gedankenwelt. »Ich hab gesagt, du musst zu den Bullen und ihnen alles erzählen!«
    Ich zögerte. Zu deutlich erinnerte ich mich noch an Zenos unwirsche Reaktion, als ich ihm genau das vorgeschlagen hatte. Aber was war die Alternative? In meiner Überforderung fauchte ich Nick an. »Superidee, echt! Vor allem, weil wir uns in der tiefsten Pampa befinden. Wie sollen wir hier denn bitte schön schnell mal zu den Bullen kommen?«
    Nick grinste, wenn auch nicht so unbefangen wie sonst. »Meine Vespa steht noch da, schon vergessen? Und – ja, du hattest recht! Ich hab die Panne getürkt. Ich war einfach neugierig, wo du abgeblieben warst und wollte mir den Laden hier mal

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