MoR 01 - Die Macht und die Liebe
lange Zeit brachte eine Menge Probleme mit sich.
Sobald aber der warme, fruchtbare, trockene africanische Frühling anbrach, wurde das Lager von einer Unruhe erfaßt, nicht unähnlich dem wellenförmigen Beben auf dem Rücken eines Pferdes. Die Waffen für die nächsten Feldzüge wurden geputzt, Testamente aufgesetzt und beim Legionsschreiber hinterlegt, Kettenhemden geölt und poliert, Lanzen wurden gespitzt und Dolche geschliffen, Helme wurden gegen Hitze und Wundreiben mit Filz unterlegt, Sandalen repariert und mit neuen Nägeln beschlagen, Tuniken geflickt, und allerlei kaputte Gerätschaften wurden dem Zenturio vorgelegt und aus dem Vorrat ersetzt.
Der Winter war auch die Zeit, in der der Quästor des Schatzamtes aus Rom anreiste und den Sold für die Legion brachte. Die Schreiber entwickelten hektische Aktivitäten, schlossen ihre Bücher ab und zahlten den Sold aus. Marius hatte für seine Soldaten, die ja besitzlos waren, zwei Kassen eingerichtet, in die ein Teil des Lohns zwangsweise abgeführt wurde. Aus einer Kasse wurde eine standesgemäße Beerdigung bezahlt, falls ein Legionär in der Fremde starb, unabhängig von einem Kampf - wenn er im Kampf fiel, zahlte der Staat die Beerdigung -, und in der zweiten Kasse wurde ein Teil des Soldes gespart und den Legionären erst bei der Entlassung ausbezahlt.
Die Männer der africanischen Armee wußten, daß für das Frühjahr, unter der Amtszeit des Konsuls Caepio, große Dinge geplant waren, aber nur die höchsten Offiziere kannten die genauen Pläne. Leichte Marschbefehle wurden ausgegeben, nicht die unendlich langen, von Ochsen gezogenen Lastzüge setzten sich in Bewegung, sondern nur maultierbespannte Wagen, mit denen die Soldaten ohne weiteres Schritt halten konnten und die gleichzeitig als Wagenburg für das Nachtlager dienten. Die Soldaten mußten ihre gesamte Ausrüstung selbst tragen. Geschickt hatten sie einen kräftigen, gegabelten Stock auf der linken Schulter befestigt und daran Rasierzeug, Kleidung zum Wechseln, Socken, Kniehosen für kaltes Wetter und mehrere dicke Halstücher, die das Wundreiben durch das Kettenhemd verhindern sollten, aufgehängt, alles in eine Decke gerollt und in einem Fellsack verpackt. Aber sie trugen noch mehr: das sagum , den derben Umhang, der gegen Sturm und Regen schützte und der in einem Lederbeutel verstaut war, Eßnapf und Kochtopf, einen Wasserschlauch, eine Dreitagesration Lebensmittel, eine gekerbte Stange für den Palisadenbau am Abend, Werkzeug zum Bau von Befestigungen, einen ledernen Eimer oder einen Weidenkorb, eine Säge oder eine Sichel, ferner Putzzeug für Rüstung und Waffen. Das Schild, umhüllt von einem geschmeidigen Zickenfell, hing über dem Rücken unter den anderen Gegenständen. Der Helm, dessen ausladender Busch aus gefärbtem Pferdehaar abmontiert und sorgfältig verstaut war, wurde entweder am Stock befestigt oder über die rechte Brust geschnürt und nur vor einem Kampf aufgesetzt. Das zwanzig Pfund schwere Kettenhemd zog der Soldat auf jedem Marsch an. Allerdings lastete nicht das gesamte Gewicht auf den Schultern, denn das Hemd wurde mit Hilfe eines Gürtels eng um die Taille geschnürt, so daß sich das Gewicht auf die Hüften verlagerte. Rechts am Gürtel hingen Schwert und Scheide, links der Dolch. Nur die beiden Speere, die jeder Legionär besaß, mußte er nicht selbst tragen.
Jeweils acht Männern war ein Maultier zugeteilt, und auf seinen Rücken schnallte man das lederne Zelt, die Zeltstangen, die Speere und, falls nicht innerhalb von drei Tagen Nachschub besorgt werden konnte, eine Extra-Ration Lebensmittel. Achtzig Legionäre und zwanzig nichtkämpfende Männer bildeten eine Hundertschaft und unterstanden einem Zenturio. Jeder dieser Zenturien war ein Maultierkarren zugewiesen, der mit allen übrigen Ausrüstungsgegenständen beladen wurde - Ersatzkleidung, schweres Werkzeug, Ersatzwaffen, Teile aus Weidengeflecht für die Befestigung des Lagers und, falls erforderlich, Lebensmittelrationen für längere Streckenabschnitte. Wenn alle Soldaten gleichzeitig marschierten und nicht abzusehen war, daß sie am Ende eines Feldzuges in das Ausgangslager zurückkehren würden, ließ man sämtliche Beutestücke und schweren Waffen auf Ochsenkarren geladen und unter schwerer Bewachung weit hinter dem Zug herführen.
Als Marius im Frühjahr in den westlichen Teil Numidiens aufbrach, blieb das schwere Gepäck natürlich in Utika zurück, und trotzdem war es ein eindrucksvoller Zug, der
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