MoR 02 - Eine Krone aus Gras
ihrem Mann.
»Hier, Quintus Servilius!« sagte sie lächelnd. »Darf ich dir deinen Sohn vorstellen? Ist er nicht wunderschön?«
Das war bei weitem übertrieben, denn der kleine Caepio war ganz und gar kein schönes Kind. Er war freilich auch nicht häßlich. Zehn Monate alt, saß er aufrecht in Livia Drusas Arm und sah seinen Vater steif und unbewegt an. Er war nicht besonders munter oder einnehmend, und er hatte einen dichten Haarschopf, glatte Haare in einem aggressiven Rot, hellbraune Augen, lange Gliedmaßen und ein hageres Gesicht.
»Beim Jupiter!« entfuhr es Caepio beim Anblick seines Sohnes. »Woher hat er die roten Haare?«
»Marcus Livius sagt, von der Familie meiner Mutter«, antwortete Livia Drusa ruhig.
»Ach so.« Caepio schien erleichtert. Nicht, daß er seine Frau der Untreue verdächtigt hätte, aber er war nun mal ein Mensch, bei dem alles seine Ordnung haben mußte. Er war noch nie ein besonders herzlicher oder liebevoller Mann gewesen, und deshalb machte er auch jetzt keine Anstalten, seinen Sohn auf den Arm zu nehmen. Livia Drusa mußte ihn erst dazu ermuntern, mit seinem Sohn zu spielen, bevor er den Kleinen unter dem Kinn kitzelte und wie ein richtiger Vater mit ihm sprach.
»Nun ist es aber genug«, meinte Caepio schließlich. »Gib ihn der Amme. Es ist Zeit, daß wir allein sind, Frau.«
»Aber das Abendessen wartet«, versuchte Livia Drusa abzulenken, als sie den Kleinen zur Tür trug und ihn der Amme übergab. »Wir sind sowieso schon spät dran mit dem Essen und können es nicht noch länger aufschieben«, meinte sie. Ihr Herz klopfte bereits vor Aufregung, denn sie wußte, was jetzt kam.
Er zog die Vorhänge zu und schloß die Tür ab. »Ich habe keinen Hunger«, erklärte er. Er zog seine Toga aus. »Wenn du Hunger hast, dein Pech. Das Abendessen fällt heute aus!«
Quintus Servilius Caepio war kein sensibler Mensch, aber als er zu seiner Frau ins Bett stieg und sie gierig an sich zog, spürte selbst er, daß sie sich verändert hatte. Sie blieb stocksteif und widerborstig.
»Was ist mit dir los?« rief er enttäuscht.
»Es geht mir wie allen Frauen: Ich habe immer weniger Lust dazu. Nach zwei odar drei Kindern verlieren wir das Interesse am Sex.«
Caepio wurde wütend. »Dann mußt du eben lernen, dich wieder dafür zu interessieren. Die Männer meiner Familie sind nicht ausschweifend, und wir leben enthaltsam, wenn wir von unseren Frauen getrennt sind.« So wie er es sagte, klang es großspurig, lächerlich und wie auswendig gelernt.
Die Nacht war nur in sehr beschränkter Hinsicht eine erfolgreiche Wiedervereinigung des Ehepaars Caepio. Livia Drusa blieb auch nach wiederholten sexuellen Annäherungsversuchen von Seiten Caepios kalt und apathisch. Den Gipfel an Beleidigung leistete sie sich bei seiner letzten Anstrengung, als sie einschlief und zu schnarchen begann. Wütend schüttelte Caepio sie wach.
»Wie sollen wir so einen zweiten Sohn zeugen?« fragte er barsch. Seine Finger bohrten sich schmerzhaft in ihre Schultern.
»Ich möchte keine Kinder mehr.«
»Ich rate dir, vorsichtiger zu sein mit dem, was du sagst, sonst lasse ich mich scheiden«, keuchte er, dem Höhepunkt nahe.
»Wenn du dich scheiden läßt und ich dann nach Tusculum zurückkehren kann, habe ich nicht das geringste dagegen.« Er stöhnte auf und ergoß sich in sie. »Ich hasse Rom«, fuhr sie fort, »und ich hasse das hier.« Sie entwand sich ihm. »Kann ich jetzt bitte schlafen?«
Da Caepio inzwischen selbst müde war, antwortete er nichts, aber am nächsten Morgen kam er sofort auf das Thema zu sprechen. Er war noch wütender als am Abend zuvor.
»Ich bin dein Mann«, sagte er, als sie aus dem Bett schlüpfte, »und ich erwarte von dir, daß du mir eine richtige Frau bist.«
»Ich habe dir doch bereits erklärt, daß ich jegliches Interesse an dieser Sache verloren habe«, entgegnete sie giftig. »Und wenn dir das nicht paßt, Quintus Servilius, dann laß dich doch scheiden.«
Aber Caepio hatte inzwischen begriffen, daß sie es genau darauf abgesehen hatte, obwohl er immer noch nicht an Untreue dachte. »Eine Scheidung kommt nicht in Frage, Frau.«
»Auch ich kann mich von dir scheiden lassen, das weißt du ja.«
»Ich bezweifle, daß dein Bruder das zulassen würde. Und selbst das würde nichts an meiner Meinung ändern. Ich werde keinesfalls in eine Scheidung einwilligen. Statt dessen wirst du dir ein wenig Interesse abringen müssen — oder besser noch, ich werde dafür sorgen.« Er
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