Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
ahnen, Livia Drusas Beispiel, trat auf die Loggia hinaus und setzte sich auf die Balustrade.
    Er hätte sich nie träumen lassen, daß Drusus anders über sein Vorhaben denken könnte als er selbst. Sonst hätte er sich ihm gegenüber nie erklärt. Vielleicht, dachte Silo traurig, sagten deshalb so viele Römer, die Italiker könnten nie wirkliche Römer werden: Sie verstünden die Römer einfach nicht.
    Nachdem er dem Freund seine Pläne offenbart hatte, befand er sich in einer mißlichen Lage. Er wußte, daß er sich nicht darauf verlassen konnte, daß Drusus schweigen würde. Würde Drusus gleich morgen früh Lucius Valerius Flaccus und Marcus Antonius Orator aufsuchen und ihnen berichten, was er, Silo, vorhatte?
    Ihm blieb nichts anderes übrig als abzuwarten, was passierte. Und er mußte Drusus indirekt zu verstehen geben, daß der Gedanke, der ihm auf dem Weg vom Forum zum Fuß des Palatin gekommen war, dumm und kurzsichtig gewesen war und daß er, nachdem er eine Nacht darüber geschlafen hatte, bereits völlig von dessen Undurchführbarkeit überzeugt war.
    Er hatte nämlich keineswegs vor, sich von seinem Vorhaben abbringen zu lassen. Gerade weil es so einfach, so endgültig war, war es so attraktiv. Die Zensoren gingen davon aus, daß sich viele tausend zusätzliche Bürger in die Listen eintragen lassen würden. Warum sollten sie daher angesichts einer beträchtlich größeren Zahl römischer Bürger in den ländlichen Gebieten Verdacht schöpfen? Er mußte sofort nach Bovianum zum Anführer der Samniten Gaius Papius Mutilus reisen und gemeinsam mit ihm die Führer der anderen italischen Verbündeten aufsuchen. Wenn die beiden Zensoren ernsthaft daran gingen, ihre kleine Armee von Volkszählungsbeamten zusammenzustellen, müßten die Führer der Italiker bereit sein. Sie müßten Beamte bestechen und Beamte einsetzen, die bereit waren, insgeheim für die Sache der Italiker zu arbeiten und die ihnen zur Verfügung gestellten Bürgerlisten abzuändern oder zu erweitern. Bei den Bürgerlisten in Rom war nichts zu machen, aber das wollte er auch nicht. Die in Rom lebenden Italiker waren es nicht wert. Sie hatten das Land ihrer Väter verlassen, um in Armut oder Reichtum in den Mauern der riesigen Metropole zu leben. Sie waren deshalb durch und durch verdorben und rettungslos verloren.
    Lange Zeit blieb er draußen auf der Loggia sitzen und sinnierte darüber nach, wie das Endziel, die Gleichheit aller Menschen in Italien, zu erreichen sei.
    Am nächsten Tag ging er daran, die unüberlegten Worte vom Vortag aus dem Gedächtnis seines Freundes Drusus auszumerzen. Er gab sich angemessen reuevoll, aber doch fröhlich, als ob es ihm nicht das geringste ausmache, daß Drusus seinen Plan verworfen hatte.
    »Ich habe mich da in etwas verrannt«, sagte er leichthin. »Jetzt habe ich eine Nacht darüber geschlafen, und mir ist klar, wie recht du hattest.«
    »Das freut mich«, sagte Drusus und lächelte.
    Quintus Servilius Caepio kehrte erst im Herbst des folgenden Jahres zurück. Er war von Smyrna in der Provinz Asia ins italische Gallien gereist, von dort nach Utika in der Provinz Africa, nach Gades in Hispania Ulterior und schließlich wieder zurück ins italische Gallien. Allen Orten auf seiner Route hatte er zu großem Wohlstand verholfen, am meisten aber sich selbst. Und ganz allmählich verwandelte sich das Gold von Tolosa in andere Dinge, in riesige Landbesitzungen an den fruchtbaren Ufern des Guadalquivir in Hispania Ulterior, und in Mietshäuser in Gades, Utika, Corduba, Hispalis, im alten und neuen Karthago, Cirta, Nemausus, Arelate und jeder größeren Stadt im italischen Gallien sowie auf der ganzen italienischen Halbinsel; im italischen Gallien gründete Caepio kleine Städte für die Produktion von Stahl und Holzkohle und außerdem Städte, in denen Textilien hergestellt wurden, und wo immer der Boden für den Ackerbau geeignet war, kaufte Caepio Land. Dabei bediente er sich vorzugsweise italischer Banken und Gesellschaften statt römischer. Nach und nach zog er alles Vermögen aus dem römischen Teil Kleinasiens ab.
    Seine Rückkehr ins Haus des Marcus Livius Drusus in Rom kam für alle überraschend, und deshalb traf er seine Frau und seine Töchter nicht an.
    »Wo sind sie?« fragte er seine Schwester.
    »Wo du sie hingeschickt hast«, erwiderte Servilia Caepionis verwundert.
    »Was soll das heißen?«
    »Sie wohnen noch auf dem Land in der Villa von Marcus Livius in Tusculum.« Servilia Caepionis

Weitere Kostenlose Bücher