MoR 02 - Eine Krone aus Gras
die Massen umschmeicheln zu wollen oder wie üblich als Volkstribun eine bestimmte Absicht zu verfolgen.«
»Warum willst du dann ein Volkstribun werden?« fragte Crassus Orator, wobei er schlau grinste.
»Ich will ein paar Gesetze einbringen«, sagte Drusus noch immer gelassen und gefaßt.
»Das kannst du auch als Prätor«, sagte Scaurus.
»Stimmt, aber als Volkstribun ist es leichter und wirkt überzeugender. Im Lauf der Geschichte unserer Republik haben immer mehr die Volkstribunen diese Aufgabe übernommen. Und die Volksversammlung liebt die Rolle des Gesetzgebers. Warum sollten wir sie vergrämen, Senatsvorsitzender?«
»Du denkst noch an ganz andere Gesetze«, sagte Scaevola leise.
»Richtig, Quintus Mucius.«
»Gib uns wenigstens eine Vorstellung, an was du denkst.«
»Ich will die Zahl der Senatoren verdoppeln«, sagte Drusus.
Wieder war ein kollektives Einatmen zu hören, und alle erstarrten.
»Marcus Livius, du klingst allmählich wie Gaius Gracchus«, sagte Scaevola mißtrauisch.
»Ich weiß, warum du das denkst, Quintus Mucius. Tatsache ist, daß ich den Einfluß des Senats in unserem Regierungssystem stärken will. Ich bin aufgeschlossen genug, um dabei auch auf Ideen von Gaius Gracchus zurückzugreifen, wenn sie meinen Zwecken dienen.«
»Du kannst den Senat doch nicht dadurch stärken, daß du ihn mit Rittern füllst!« warf Crassus Orator ein.
»Das wollte Gaius Gracchus«, entgegnete Drusus. »Mein Vorschlag ist ein wenig anders. Erstens kann ich mir nicht vorstellen, wie man gegen die Tatsache argumentieren könnte, daß der Senat schon jetzt zu klein ist. Die Versammlungen sind häufig zu schwach besetzt, und oft sind wir nicht einmal beschlußfähig. Und wir wollen auch noch in den Gerichten sitzen! Wie viele von uns werden nicht bald von den dauernden Sitzungen genug haben? Gib es zu, Lucius Licinius: Schon damals, als wir noch alle Geschworenen in den Gerichten stellten, weigerten sich gut die Hälfte der Senatoren oder noch mehr, ihrer Pflicht nachzukommen. Gaius Gracchus wollte den Senat mit Rittern auffüllen. Ich will ihn mit Männern aus der Senatorenklasse füllen — und mit einigen Rittern, um den Ritterstand nicht zu verletzen. Wir alle haben Onkel oder Vettern oder jüngere Brüder, die gern Senatoren wären und ihrem Vermögen nach dafür in Frage kämen, die aber nicht in den Senat kommen können, weil alle Plätze besetzt sind. Diese Männer würde ich gerne in den Senat aufnehmen, noch bevor ich irgendwelche Ritter zulasse. Und welchen besseren Weg gibt es denn, als jene Ritter aufzunehmen, die bisher Gegner des Senats sind, und sie so zu Befürwortern des Senats zu machen? Die Zensoren ernennen die neuen Senatoren, und ihre Entscheidung ist nicht anfechtbar.« Drusus räusperte sich. »Ich weiß, daß wir gegenwärtig keine Zensoren haben, aber wir könnten im kommenden April wieder zwei Männer wählen, oder im darauffolgenden April.«
»Mir gefällt der Gedanke«, erklärte Antonius Orator.
»Und welche anderen Gesetze willst du noch einbringen?« fragte Ahenobarbus Pontifex Maximus. Er überhörte die Anspielung auf die Zensoren, die ihm und Crassus Orator galt, den nach wie vor rechtmäßigen Zensoren.
Drusus blieb vage. »Das kann ich jetzt noch nicht sagen, Gnaeus Domitius.«
Der Pontifex Maximus schnaubte verächtlich. »Das kannst du mir nicht weismachen!«
Drusus lächelte unschuldig. »Nun, vielleicht könnte ich schon etwas darüber sagen, aber ich weiß noch nicht genug, um meine Absichten einem so erlauchten Kreis zu erläutern. Ich kann dir versichern, daß du Gelegenheit bekommen wirst, dich dazu zu äußern.«
»Hm.« Der Pontifex Maximus war immer noch skeptisch.
»Ich möchte gerne wissen, Marcus Livius, wie lange du schon planst, dich als Volkstribun aufstellen zu lassen«, sagte der Senatsvorsitzende Scaurus. »Ich habe mich nämlich schon über dich gewundert. Du warst ja schon plebejischer Adil, hast aber nie versucht, im Senat eine Rede zu halten. Du hast dir deine erste Rede sicher schon damals für etwas Besseres aufgespart, nicht wahr?«
Drusus riß die Augen weit auf. »Marcus Aemilius, wie kannst du so etwas sagen? Es gibt doch gar nichts, worüber man als Adil reden könnte!«
Scaurus zuckte die Schultern. »Na ja, ich werde dich auf jeden Fall unterstützen, Marcus Livius. Dein Stil gefällt mir.«
»Ich unterstütze dich auch«, sagte Crassus Orator.
Auch die übrigen Senatoren der Gruppe versprachen, sich hinter Drusus zu
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