MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Arbeitszimmers.
»Ja?«
»Lucius Cornelius Sulla will dich sprechen, Herr.«
Als Sulla durch die Tür kam, war Metellus Numidicus schon auf den Beinen und durch das halbe Zimmer gegangen. Er streckte Sulla seine Hand entgegen.
»Mein lieber Lucius Cornelius, was für eine Freude, dich zu sehen.« Er triefte geradezu vor Leutseligkeit.
»Es ist höchste Zeit, daß ich dir privat meinen persönlichen Respekt erweise«, sagte Sulla charmant und setzte sich bescheiden auf den Klientenstuhl.
»Darf ich dir Wein anbieten?«
»Danke.«
Metellus Numidicus ging zu einem Wandtischchen, auf dem zwei Krüge und einige Weinkelche aus bestem Alexandriner Glas standen. Er sah Sulla mit einer fragend hochgezogenen Augenbraue an. »Ist dies ein Anlaß, unverdünnten Wein aus Chios zu trinken?«
Sulla gab durch ein Lächeln zu verstehen, daß er sich wohl fühlte. »Diesen Wein mit Wasser zu verdünnen, wäre ein Verbrechen.«
Sein Gastgeber rührte sich nicht. »Das ist die Antwort eines Politikers, Lucius Cornelius. Ich wußte nicht, daß du zu ihnen gehörst.«
»Quintus Caecilius, schütte kein Wasser in den Wein!« rief Sulla. Ernst fuhr er fort: »Ich komme in der Hoffnung, daß wir gute Freunde werden.«
»Wenn das so ist, Lucius Cornelius, werden wir unseren Wein ohne Wasser trinken.«
Metellus Numidicus kam mit zwei Gläsern zurück. Eines stellte er vor Sulla auf den Tisch, das andere vor sich, dann setzte er sich und hob sein Glas. »Ich trinke auf die Freundschaft.«
»Ich auch.« Sulla nahm einen kleinen Schluck, runzelte die Stirn und warf Metellus Numidicus einen verschwörerischen Blick zu. »Quintus Caecilius, ich gehe mit Titus Didius als oberster Legat nach Hispama Citerior. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich wohl fort sein werde, aber es sieht so aus, als könnten es mehrere Jahre werden. Wenn ich zurückkehre, möchte ich so rasch wie möglich für die Prätur kandidieren.« Er räusperte sich und nahm noch einen Schluck. »Kennst du den wahren Grund, warum ich letztes Jahr nicht zum Prätor gewählt wurde?«
Ein Lächeln spielte um Metellus Numidicus’ Mundwinkel, aber es war so schwach, daß Sulla nicht entscheiden konnte, ob es ein ironisches, boshaftes oder einfach nur amüsiertes Lächeln war.
»Ja, Lucius Cornelius, ich kenne ihn.«
»Und was denkst du darüber?«
»Ich denke, du hast meinen guten Freund Marcus Aemilius Scaurus sehr verärgert, was seine Frau betrifft.«
»Aha! Also nicht wegen meiner Verbindung mit Gaius Marius!«
»Lucius Cornelius, niemand mit dem politischen Gespür eines Marcus Aemilius würde deine Karriere ersticken, weil du in der Armee des Gaius Marius gedient hast. Ich war zwar lange weg, aber ich habe genug aus Rom gehört, um zu wissen, daß deine Beziehungen zu Gaius Marius seit einiger Zeit nicht mehr besonders eng sind. Da ihr keine Schwäger mehr seid, finde ich das verständlich.« Metellus Numidicus seufzte. »Es fügt sich allerdings nicht sehr glücklich, daß du gerade dann, wenn es dir gelingt, dich von Gaius Marius zu lösen, im Haus von Marcus Aemilius Scaurus eine Scheidung provozierst.«
»Ich habe nichts Ehrloses getan, Quintus Caecilius«, sagte Sulla steif und gab sich größte Mühe, seinen Zorn über diese Bevormundung nicht zu zeigen. Sein Entschluß, daß dieser eingebildete, unbedeutende Mensch sterben mußte, festigte sich jeden Augenblick mehr.
»Ich weiß, daß du nichts Ehrloses getan hast.« Metellus Numidicus trank sein Glas leer. »Wie traurig, daß die ältesten und klügsten Köpfe nicht mehr klar denken können, wenn es um Frauen geht — speziell um Ehefrauen.«
Als sein Gastgeber Anstalten machte, sich zu erheben, sprang Sulla schnell auf, nahm beide Gläser vom Tisch und ging zu dem Wandtischchen hinüber, um nachzuschenken.
»Die Frau ist deine Nichte, Quintus Caecilius«, sagte Sulla. Er hatte Metellus Numidicus den Rücken zugewandt, und der Faltenwurf seiner Toga verdeckte das Tischchen.
»Nur aus diesem Grund kenne ich die ganze Geschichte.«
Sulla reichte Metellus Numidicus ein Glas und setzte sich wieder. »Findest du es als Onkel dieser Frau und als sehr guter Freund von Marcus Aemilius gerecht, wie ich behandelt werde?«
Metellus Numidicus zuckte die Achseln und machte eine Grimasse, den Mund voller Wein. »Wenn du ein Emporkömmling wärst, Lucius Cornelius, würdest du jetzt nicht hier sitzen. Aber du trägst einen sehr alten und vornehmen Namen, du bist ein patrizischer Cornelius, und du hast
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