MoR 02 - Eine Krone aus Gras
war einen Augenblick wie gelähmt, dann stoben alle panisch davon. Zurück blieben Marius, der laut brüllend jedem Sklaven, der weiterkämpfte, die Freiheit versprach, und Sulpicius, der kein Feigling war und immer noch mit dem jungen Marius in ein Nachhutgefecht vor der Porta Esquilina verwickelt war. Aber bald wandten sich auch Marius, Sulpicius und der junge Marius zur Flucht. Sie stürzten den Vicus Sabuci hinunter, dicht gefolgt von Sullas Truppen, an deren Spitze Sulla mit dem silbernen Adler ritt.
Am Tellustempel an den Carinae, wo etwas mehr Platz war, versuchte Marius, seine bunte Truppe anzuhalten und wieder zum Kampf zu sammeln. Doch seine Streiter waren keine Soldaten. Sie ließen weinend Schwerter und Knüppel fallen und liefen in Richtung Kapitol davon.
Marius, sein Sohn und Sulpicius verschwanden, und die Kämpfe hörten auf. Sulla ritt auf seinem Maultier den Vicus Sandalarius hinunter auf das große innerstädtische Sumpfgebiet unterhalb der Carinae, wo Via Sacra und Via Triumphalis sich kreuzten. Dort hielt er an und befahl den Trompetern und Trommlern, die Soldaten der zweiten Legion zu ihren Standarten zurückzurufen. Einige Soldaten, die man beim Plündern erwischt hatte, wurden von ihren Zenturionen zu Sulla gebracht.
»Ich habe euch gewarnt«, sagte Sulla zu ihnen. »Nicht eine Rübe vom Feld durftet ihr anrühren. Kein römischer Legionär plündert Rom.«
Dann ließ er die Schuldigen auf der Stelle hinrichten, als warnende Lektion für die zusehenden Legionäre.
»Laßt Quintus Pompeius und Lucius Lucullus rufen«, sagte Sulla, nachdem er den Soldaten erlaubt hatte, die Waffen abzusetzen. Pompeius Rufus und Lucullus hatten ihre Aufträge mühelos erfüllen können. In Kämpfe waren sie nicht verwickelt worden.
»Sehr gut«, sagte Sulla. »Ich bin also als Konsul allein verantwortlich. Da nur meine Truppen eingegriffen haben, trage ich alle Schuld.«
Er kann so anständig sein, dachte Lucullus und sah staunend zu Sulla hinüber. Und dann marschierte er einfach nach Rom. Ein tiefgründiger Mensch. Nein, das traf es nicht ganz. Sullas Stimmung konnte so schnell und heftig ins Gegenteil umschlagen, daß man nie wußte, wie er reagieren würde. Noch wußte man jemals, warum er so reagierte. Das wußte wahrscheinlich nur Sulla selbst.
»Lucius Licinius, sieben Kohorten der ersten Legion bleiben auf der anderen Flußseite und sorgen für Ruhe in Transtiberim. Drei Kohorten der ersten Legion schützen die Getreidespeicher auf dem Aventin und am Vicus Tuscus vor Plünderern aus der Stadt. Die dritte Legion wird auf die strategisch wichtigsten Punkte entlang des Flusses verteilt. Schicke je eine Kohorte zum Hafen von Rom, zum Campus Lanatarius, zu den öffentlichen Bädern, zur Porta Capena, zum Circus Maximus, zum Rindermarkt, zum Gemüsemarkt, zum Velabrum, zum Circus Flaminius und zum Marsfeld. Zehn Kohorten an zehn Orte, wenn ich richtig gerechnet habe.«
Sulla wandte sich an seinen Mitkonsul. »Quintus Pompeius, bleibe mit der vierten Legion vor der Porta Collina für den Fall, daß Truppen auf der Via Valeria nach Rom marschieren. Hol meine andere Legion vom Agger und verteile die Kohorten auf den nördlichen und östlichen Hügeln der Stadt — Quirinal, Viminal und Esquilin. Und stationiere zwei Kohorten in der Subura.«
»Umstellen wir Forum Romanum und Kapitol?«
Sulla schüttelte heftig den Kopf. »Auf keinen Fall, Lucius Licinius. Ich mache es nicht wie Saturninus und Sulpicius. Die zweite Legion mag unterhalb des Kapitols und um das Forum herum Wache stehen — aber außer Sichtweite der beiden Plätze. Das Volk soll sich sicher fühlen, wenn ich eine Versammlung einberufe.«
»Bleibst du hier?« fragte Pompeius Rufus.
»Ja. Lucius Licinius, noch eine Aufgabe für dich. Schicke ein paar Herolde durch die Stadt; sie sollen verkünden, daß jedes Wurfgeschoß, das aus einer Insula fliegt, als kriegerischer Akt gegen die rechtmäßigen Konsuln geahndet und die betreffende Insula sofort in Brand gesteckt wird. Danach sollen andere Herolde verkünden, daß zur zweiten Stunde des Tages eine Volksversammlung auf dem Forum stattfinden wird.« Sulla überlegte kurz, ob noch etwas anzuordnen war, und als ihm nichts mehr einfiel, sagte er: »Sobald ihr alles ausgeführt habt, erstattet ihr mir Bericht.«
Der Zenturio des ersten Manipels der zweiten Legion, Marcus Canuleius, erschien und blieb im Hintergrund, wo Sulla ihn sehen konnte, mit zufriedenem Gesicht stehen. Ein gutes Zeichen,
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