Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
sein werde? Natürlich zu Gaius Marius. Und er nahm mich auf und gewährte mir Schutz.«
    Die Menge beruhigte sich immer mehr. Sulla hatte den richtigen Ton getroffen.
    »Als Gaius Marius den großen Sieg über die Marser errang, war ich ebenfalls an seiner Seite. Und als meine Soldaten — die Soldaten, die ich jetzt nach Rom führte — mir die Krone aus Gras verliehen, weil ich sie vor dem sicheren Tod durch die Samniten bewahrt hatte, freute sich Gaius Marius, daß ich, seine namenlose rechte Hand, endlich für mich eine Auszeichnung auf dem Schlachtfeld errungen hatte. Was die Bedeutung und die Anzahl der getöteten Feinde anging, war mein Sieg größer als der seine, aber hat ihm das etwas ausgemacht? Natürlich nicht! Er freute sich für mich! Und ist er nicht gerade am Tag meiner Amtsübernahme als Konsul zum ersten Mal wieder im Senat erschienen? Hat seine Anwesenheit nicht mein Ansehen gehoben?«
    Das Volk lauschte jetzt gespannt, und niemand flüsterte mehr. Sulla machte eine kurze Pause.
    »Trotzdem, Bürger von Rom, wir alle — ihr und ich und Gaius Marius — müssen hin und wieder unangenehmen Tatsachen ins Auge sehen und damit fertigwerden. Das gilt auch für Gaius Marius. Er ist weder jung noch gesund genug, um einen langen Krieg im Ausland befehligen zu können. Sein Verstand ist zerrüttet. Und der Verstand erholt sich nicht, wie ihr wißt, im Gegensatz zum Körper. Ihr habt gesehen, wie dieser Mann in den vergangenen zwei Jahren marschierte, schwamm und sich auf alle mögliche Weise übte, um die schwerwiegenden Gebrechen seines Körpers zu heilen. Seinen Verstand kann er nicht heilen. Die Krankheit seines Geistes mache ich für sein jetziges Handeln verantwortlich. Ich verzeihe ihm seine Ausschreitungen um der Liebe willen, die ich für ihn empfinde. Das müßt auch ihr. Aber Rom droht eine schlimmere Feuersbrunst als die, die wir gerade hinter uns haben. Größer und gefährlicher noch als die Germanen ist die Macht, die uns in Gestalt eines Königs im Osten gegenübertritt — eines Königs mit einer gut ausgebildeten und ausgerüsteten Armee Hunderttausender von Soldaten. Derselbe König hat eine Flotte mit mehreren hundert hochgerüsteten Kampfgaleeren. Er konnte fremde Völker auf seine Seite bringen, die Rom bisher gefördert und beschützt hat — das ist nun der Dank. Wie könnte ich, ein Bürger Roms, tatenlos zusehen, wie ihr in eurer Unwissenheit mir, einem Mann auf der Höhe seiner Kraft, das Kommando für diesen Krieg wegnehmt und es einem Mann übergebt, der seine besten Jahre hinter sich hat?«
    Sulla hielt nicht gern öffentliche Reden, er spürte die Anstrengung. Aber als er jetzt wieder wartete, bis die Herolde fertig waren, ließ er sich nichts anmerken, weder den Durst noch die zitternden Knie, noch die Sorge darum, wie die Menge reagieren würde.
    »Selbst wenn ich bereit wäre, das mir rechtmäßig anvertraute Kommando für den Krieg gegen König Mithridates von Pontos zugunsten von Gaius Marius abzugeben, Bürger von Rom — die fünf Legionen, aus denen meine Armee besteht, würden es nicht zulassen. Ich stehe hier nicht nur als rechtmäßig gewählter Konsul, sondern auch als rechtmäßig gewählter Vertreter der römischen Soldaten. Die Soldaten haben den Marsch auf Rom beschlossen — aber nicht, um Rom zu erobern, nicht als Feinde der Römer! Nein, sie wollen dem Volk von Rom zeigen, was sie von einem rechtswidrigen Gesetz halten, zu dem ein sehr viel besserer Redner als ich auf Anstiftung eines kranken, alten Mannes, der zufällig ein Held ist, eine Versammlung von Bürgern überredet hat. Doch bevor meine Soldaten überhaupt Gelegenheit hatten, mit euch zu sprechen, mußten sie mit Horden bewaffneter Raufbolde fertig werden, die ihnen den friedlichen Einmarsch verwehrten. Horden bewaffneter Sklaven und Freigelassener, die Gaius Marius und Publius Sulpicius um sich geschart haben. Daß nicht die ehrbaren Bürger Roms meinen Soldaten den Eintritt verwehrt haben, ist offensichtlich — die ehrbaren Bürger Roms hören sich heute hier auf dem Forum an, wie ich meine Sache und die meiner Soldaten vertrete. Meine Soldaten und ich haben nur eine Bitte. Wir bitten um die Erlaubnis, das tun zu dürfen, wozu wir rechtskräftig bestimmt wurden — gegen König Mithridates kämpfen zu dürfen.«
    Sulla holte tief Atem, und als er weitersprach, tönte seine Stimme laut und kalt wie ein Trompetenstoß.
    »Wenn ich nach Osten marschiere, weiß ich, daß ich bei bester Gesundheit

Weitere Kostenlose Bücher