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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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das Eintreiben von Steuern nun doch keine Reichtümer zu erwarten waren.
    Anstatt in Rom zu bleiben und sich der aufgebrachten Menge ihrer Gläubiger zu stellen, hatten Crassus und Titus Pomponius Reißaus genommen. Titus Pomponius erkannte sofort, daß ihm nur ein Mensch helfen konnte, Sulla, und zog deshalb mit seinem gesamten riesigen Vermögen nach Athen. Gebildet, weltläufig und ein Liebhaber der Literatur, hatte er ein einnehmendes Wesen und liebte Knaben und verstand sich daher rasch mit Sulla. Da er die Kultur und den Lebensstil Athens zutiefst bewunderte, entschied er sich, dort zu bleiben, und nannte sich fortan Atticus — Mann aus Athen.
    Crassus, weniger selbstbewußt als Atticus, erkannte erst viel später, daß Sulla seine einzige Rettung war. Unglückliche Umstände hatten dazu geführt, daß Marcus Licinius Crassus zum verarmten Oberhaupt seiner Familie geworden war. Das übriggebliebene Geld gehörte Axia, der Witwe nicht nur seines ältesten, sondern auch seines mittleren Bruders. Ihre Mitgift war nicht das einzig Attraktive an ihr gewesen. Sie war hübsch, lebhaft, herzlich und liebevoll. Wie Crassus’ Mutter Vinuleia war sie eine Sabinerin aus Reate und außerdem recht nahe mit Vinuleia verwandt. Hauptquelle ihres Einkommens war die Rosea Rura, das beste Weideland ganz Italiens und Zuchtgebiet jener berühmten Eselshengste, die auf dem Markt ungeheure Summen erzielten. Sechzigtausend Sesterzen waren kein ungewöhnlicher Preis für einen solchen Zuchthengst.
    Axias Gatte Publius, der älteste Sohn der Familie Crassus, fiel im italischen Krieg vor Grumentum; seine Witwe war schwanger. Für dieses Problem gab es in der sparsam wirtschaftenden, dafür aber eng zusammenhaltenden Familie nur eine Lösung: Als die zehnmonatige Trauerzeit verstrichen war, heiratete Axia Lucius, den zweiten Sohn der Familie. Diese Ehe blieb kinderlos, und Axia wurde zum zweiten Mal Witwe, als Lucius auf der Straße vor seinem Haus von Fimbria ermordet wurde. Vinuleia ereilte ein ähnliches Schicksal: Als ihr Mann sah, wie sein Sohn umgebracht wurde, und erkannte, daß ihn dasselbe Schicksal erwartete, beging er Selbstmord.
    Marcus, der jüngste Sohn der Familie Crassus, war damals neunundzwanzig. Ihn hatte der Vater, ein ehemaliger Konsul und Zensor, dazu bestimmt, zu Hause zu bleiben und den Fortbestand der Familie zu sichern. Das gesamte Eigentum der Familie wurde konfisziert, nur Axias Mitgift blieb unangetastet, da ihre Familie hervorragende Beziehungen zu Cinna hatte. Als Axias zweite zehnmonatige Trauerzeit verstrichen war, heiratete Marcus Licinius Crassus sie und adoptierte ihren kleinen Sohn Publius. Aufgrund ihrer dreifachen Heirat mit drei Brüdern hieß Axia hinfort nur noch Tertulla — »kleine Drei«. Die Namensänderung war auf ihren eigenen Vorschlag hin erfolgt: Axia klang hart und unlateinisch, während Tertulla auf der Zunge zerging.
    Der glorreiche Plan, den Crassus und Atticus sich ausgedacht hatten und der ein großer Erfolg gewesen wäre, hätte Sulla die Finanzen der Provinz Asia nicht überraschend völlig neu geordnet, scheiterte ausgerechnet zu der Zeit, als das Vermögen der Familie wieder zu wachsen begann. Crassus’ Hoffnungen waren zerstört, und er mußte mittellos fliehen und Mutter und Frau schutzlos zurücklassen. Zwei Monate später schenkte Tertulla seinem Sohn Marcus das Leben.
    Wohin sollte Crassus fliehen? Er entschied sich für Spanien, weil sich dort noch Vermögenswerte der Familie befanden. Vor Jahren war sein Vater auf die Zinninseln, die Kassiteriden, gefahren und hatte einen Vertrag ausgehandelt, der ihm die alleinigen Rechte für den Transport des Zinns von den Kassiteriden über Nordspanien an die Mittelmeerküste garantierte. Der Bundesgenossenkrieg hatte das Projekt unmöglich gemacht, doch Crassus hatte nichts zu verlieren. Er flüchtete sich nach Hispania Citerior, wo er von Vibius Paccianus, einem Klienten seines Vaters, in einer Höhle versteckt wurde, bis er sicher sein konnte, daß ihn die Folgen seiner finanziellen Machenschaften in Spanien nicht einholen würden. Dann trat er wieder in Erscheinung und begann, das Zinnmonopol erneut aufzubauen; anschließend erwarb er einige Anteile an den Silberbergwerken im südlichen Spanien.
    Soweit gut und schön, doch Geld verdienen konnte er damit nur, wenn die finanziellen Einrichtungen und Handelsgesellschaften Roms ihm wieder zugänglich waren. Mit anderen Worten: Er brauchte einen Verbündeten, der mächtiger war als

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