MoR 03 - Günstlinge der Götter
eben. Und ich werde ihn bitten, dir Mazedonien zu geben. Dort kann man allemal ein paar Säcke Gold verdienen und lukrative Verträge schließen. Ganz zu schweigen vom Verkauf der Bürgerrechte an reiche Griechen.«
»Seit wann gibt es dort reiche Menschen?«
»Die gibt es überall, auch in den ärmsten Gegenden. Es liegt in der Natur mancher Leute, daß sie einfach viel Geld verdienen müssen. Sogar den Griechen mit ihrem politischen Idealismus ist es nicht gelungen, die Reichen per Gesetz abzuschaffen. Es hätte sie mit Sicherheit auch in Platons Idealstaat gegeben.«
»Du meinst wohl Leute wie Crassus.«
»Ein hervorragendes Beispiel. Jeder andere wäre am Ende gewesen, wenn Sulla ihn wie Luft behandelt hätte, aber nicht unser Crassus!«
Die Eröffnungssitzung des Senats mit anschließendem Festmahl am Neujahrstag fand in der Curia Hostilia statt, weil der Tempel des Jupiter Optimus Maximus abgebrannt war. Die Tempel des Jupiter Stator oder des Castor waren, da sich die Zahl der Senatsmitglieder erhöht hatte, für diesen Zweck zu klein.
»Ruhe!« sagte Appius Claudius. »Sulla spricht.«
»Eingeschriebene Väter«, begann der Diktator freundlich, »im Grunde ist alles getan. Es war meine erklärte Absicht, Rom wieder auf die Beine zu helfen und neue Gesetze zu erlassen, die im Einklang mit unseren ehrwürdigen Traditionen stehen. Ich habe meine Aufgabe erfüllt. Wie ihr bereits wißt, werde ich bis zu den Wahlen der Magistraten für das kommende Jahr als Diktator im Amt bleiben. Aber einige von euch wollen offenbar nicht glauben, daß ein so mächtiger Mann wie ich so töricht ist, zurückzutreten. Deshalb wiederhole ich noch einmal, ich werde nach den Wahlen im Juli von meinem Amt als Diktator zurücktreten. Das bedeutet, daß die Magistraten des kommenden Jahres die letzten sein werden, die ich persönlich auswähle. In Zukunft wird es freie Wahlen geben, die allen Kandidaten offenstehen. Manche mißbilligen seit je, daß der Diktator seine Magistraten auswählt und nur so viele Kandidaten zur Wahl aufstellt, wie Ämter zur Verfügung stehen. Aber, wie ich stets betont habe, der Diktator muß mit Männern zusammenarbeiten, die bereit sind, ihn uneingeschränkt zu unterstützen. Er kann sich nicht darauf verlassen, daß die Wähler die Besten oder gar diejenigen wählen werden, die schon längst ein Amt hätten bekommen müssen und dieses Amt aufgrund ihres Ranges und ihrer Erfahrung auch verdienen. Als Diktator konnte ich sicherstellen, daß ich die Männer bekam, mit denen ich Zusammenarbeiten wollte und denen ein Amt gebührte. Wie etwa meinem teuren, leider abwesenden Pontifex Maximus, Quintus Caecilius Metellus Pius, der weiterhin in meiner Gunst steht. Denn er befindet sich gegenwärtig auf dem Weg ins jenseitige Spanien, um dort gegen den geächteten Schurken Quintus Sertorius zu kämpfen.«
»Er schweift vom Thema ab«, bemerkte Catulus trocken.
»Weil er nichts zu sagen hat«, fügte Hortensius hinzu.
»Außer daß er im Juli zurücktritt.«
»Langsam glaube ich es wirklich.«
Doch der Neujahrstag, der so vielversprechend begonnen hatte, sollte mit verspäteten schlechten Nachrichten aus Alexandria enden.
Zu Beginn des eben zu Ende gegangenen Jahres, des zweiten Jahres von Sullas Herrschaft, war aus Alexandria die Nachricht eingetroffen, auf die Ptolemaios Alexander der Jüngere so lange gewartet hatte: König Ptolemaios Soter Kichererbse war tot, und seine Tochter Königin Berenike regierte nun allein. Doch obwohl sie Thronerbin war, durfte sie nach ägyptischem Recht nicht ohne einen König herrschen. Deshalb hatte eine Delegation aus Alexandria in aller Bescheidenheit bei Lucius Cornelius Sulla angefragt, ob er willens sei, Ptolemaios Alexander den Jüngeren als neuen König nach Ägypten zu schicken.
»Was geschieht, wenn ich mich weigere?« fragte Sulla.
»Dann reißen König Mithridates und König Tigränes die Macht in Ägypten an sich«, sagte der Führer der Delegation. »Ein Angehöriger der ptolemäischen Dynastie muß den Thron besteigen. Wenn Ptolemaios Alexander nicht König und Pharao wird, müssen wir Mithridates und Tigränes bitten, uns den älteren der beiden Bastarde zu schicken, Ptolemaios Philadelphos, wegen seiner Piepsstimme auch Auletes genannt.«
»Aber kann ein Bastard denn vom Gesetz her Pharao werden?«
»Nicht, wenn er der Sohn einer einfachen Frau ist. Aber Auletes und sein jüngerer Bruder sind die Söhne von Ptolemaios Soter und Prinzessin Arsinoe, der
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