MoR 03 - Günstlinge der Götter
sie auf Kos zurückließ. Und König Tigranes ist es bislang nicht gelungen, die Städte Phönikiens zu unterwerfen, weil er zu sehr mit den Juden beschäftigt ist. Du wirst also die zweitausend Talente in Gold Rom hinterlassen.«
Sullas Blick verriet, daß er keine Debatte wünschte. Ptolemaios Alexander zuckte erneut die Schultern und nickte.
Als Flosculus, der Sekretär, kam, ließ Ptolemaios Alexander sich von einem Sklaven Siegel und Kartusche bringen, und kurz darauf war das Testament geschrieben, unterzeichnet und beglaubigt.
»Ich werde es für dich hinterlegen«, sagte Sulla, »da du den Maueranger zum Vestatempel nicht überqueren darfst.«
Zwei Tage später verließ Ptolemaios Alexander der Jüngere mit der Delegation Rom und bestieg in Puteoli ein Schiff nach Africa; es war einfacher, das Mittelmeer an dieser Stelle zu überqueren und anschließend entlang der afrikanischen Küste von der römischen Provinz nach Kyrene und von dort nach Alexandria zu segeln. Außerdem wollte der neue König von Ägypten Mithridates und Tigranes aus dem Weg gehen und sich nicht auf sein Glück verlassen.
Im Frühjahr war aus Alexandria eine Eilmeldung eingetroffen. Ein als Kaufmann getarnter römischer Agent hatte berichtet, König Ptolemaios Alexander II. habe ein Desaster erlitten. Unmittelbar nach seiner sicheren Ankunft in Alexandria hatte er seine Halbschwester und leibliche Cousine, Königin Berenike, geheiratet. Er war genau neunzehn Tage König von Ägypten. In dieser Zeit entwickelte er offenbar eine so starke Abneigung gegen seine vierzigjährige Frau, Schwester, Cousine und Königin, daß er dieses in seinen Augen unbedeutende weibliche Wesen am Morgen des neunzehnten Tages schließlich ermordete. Sie hatte jedoch zuvor lange zusammen mit ihrem Vater regiert, und die Bürger Alexandrias verehrten sie. Noch am gleichen Tag stürmten die aufgebrachten Bürger den Palast, entführten König Ptolemaios Alexander II. und rissen ihn buchstäblich in Stücke — eine Vorführung, die auf dem Marktplatz für allgemeine Erheiterung sorgte. Ägypten hatte nun weder König noch Königin, und es herrschte Chaos im Land.
»Großartig!« rief Sulla, als er den Brief seines Agenten las. Unverzüglich schickte er eine Delegation römischer Senatoren unter Führung des ehemaligen Konsuls und Zensors Marcus Perperna mit König Ptolemaios Alexanders Testament nach Alexandria. Auf dem Rückweg sollten die Gesandten in Tyros das Gold abholen.
Bis zum Neujahrstag des dritten Jahres von Sullas Herrschaft hatte man nichts mehr gehört.
»Auf der ganzen Reise waren wir vom Pech verfolgt«, berichtete Marcus Perperna. »Vor Kreta erlitten wir Schiffbruch und wurden von Piraten gefangengenommen. Es dauerte zwei Monate, bis in den Städten auf dem Peloponnes genug Geld beisammen war, um uns freizukaufen. Anschließend segelten wir nach Kyrene und von dort entlang der libyschen Küste nach Alexandria.«
»Mit einem Piratenschiff?« fragte Sulla. Trotz der schlimmen Nachricht war ihm zum Lachen zumute. Perperna sah so alt und abgezehrt aus — und verängstigt!
»Gut geraten. Ja, mit einem Piratenschiff.«
»Und was geschah in Alexandria?«
»Nichts Gutes, Lucius Cornelius. Nichts Gutes!« Perperna stieß einen tiefen Seufzer aus. »Die Alexandriner hatten rasch und sicher gehandelt. Sie wußten genau, wen sie nach der Ermordung König Ptolemaios Alexanders rufen mußten.«
»Wen, Perperna?«
»Die beiden unehelichen Söhne des Ptolemaios Soter Kichererbse, Lucius Cornelius. Sie baten König Tigranes in Syrien, ihnen die beiden jungen Männer zu schicken. Der ältere sollte Ägypten regieren, der jüngere Zypern.«
»Sehr geschickt, aber nicht unerwartet«, meinte Sulla. »Erzähl weiter.«
»Als wir in Alexandria eintrafen, saß König Ptolemaios Auletes bereits auf dem Thron, und mit ihm seine Frau, Königin Kleopatra Tryphaena, die Tochter von König Mithridates. Sein jüngerer Bruder, den die Alexandriner Ptolemaios den Zyprer genannt hatten, wurde als Regent nach Zypern geschickt. Seine Frau — ebenfalls eine Tochter des Mithridates — ging mit ihm.«
»Und wie ist ihr Name?«
»Mithridatidis Nyssa.«
»Das Ganze ist gesetzwidrig«, meinte Sulla und runzelte die Stirn.
»Nicht für die Alexandriner!«
»Weiter, Perperna! Erzähl mir das Schlimmste.«
»Natürlich zeigten wir den Alexandrinern das Testament und erklärten, wir seien gekommen, um das Königreich Ägypten formell als Provinz an das römische Reich
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