MoR 03 - Günstlinge der Götter
es.«
Sertorius runzelte die Stirn. »Ich habe davon gehört, doch Scipio nahm mich nicht mit, als er den Waffenstillstand mit ihm vereinbarte, deshalb habe ich ihn nicht gesehen. Und Scipio machte über sein Aussehen keine Bemerkung.« Er lachte grimmig. »Wie ihm das wehtun muß, dem Schönling! Wie eitel er war! Eitel wie eine Frau!«
Norbanus grinste. »Du scheinst das schwache Geschlecht nicht zu mögen.«
»Für das Bett sind die Frauen gut genug, doch heiraten möchte ich keine. Die einzige Frau, für die ich Zeit opfere, ist meine Mutter. Sie ist, wie eine Frau sein soll. Sie steckt ihre Nase nicht in Dinge, die sie nichts angehen, will nicht im ganzen Haus bestimmen und benutzt ihre Möse nicht als Waffe.« Sertorius ergriff seinen Helm und stülpte ihn sich auf den Kopf. »Ich gehe jetzt, Gaius. Ich wünsche dir viel Glück dabei, Scipio davon zu überzeugen, daß er einen Fehler macht!«
Nach einiger Überlegung entschied sich Sertorius, von Capua zur Küste zu reiten. Dort wollte er in dem kleinen Hafen Sinuessa Aurunca eine Erklärung gegen Sulla abgeben. In der Campania waren alle Straßen offen. Abgesehen von der Belagerung Neapolis’ hatte Sulla keine Blockaden versucht. Zwar würde er sicher bald Truppen nach Capua schicken, um Norbanus einzuschließen, doch noch war davon nichts zu sehen. Trotzdem hielt Sertorius es für angebracht, die Hauptstraßen zu meiden. Er fand Gefallen an seinem Flüchtlingsdasein, denn es gab seinem Leben eine neue Dimension und erinnerte ihn ein wenig an die Zeit, in der er als keltiberischer Krieger verkleidet bei den Germanen spioniert hatte. War das ein Leben gewesen! Da gab es keine schwächlichen römischen Aristokraten, denen man schmeicheln und schöntun mußte! Handeln war angesagt, und die Frauen kannten ihre Grenzen. Er hatte sogar eine Germanin zur Frau gehabt und mit ihr einen Sohn gezeugt. Nie hatte er das Gefühl gehabt, daß sie oder der Junge ihm zur Last fielen. Sie lebten in Hispania Citerior, in der Bergfeste Osca, und der Junge mußte jetzt schon fast ein Mann sein. Wie die Zeit verging! Aber Quintus Sertorius vermißte seine Frau nicht, und es verlangte ihn auch nicht danach, sein einziges Kind zu sehen. Was er vermißte, war jenes Leben in ungebundener Freiheit, in dem ein Mann sich als Krieger bewährte. Ja, damals...
Wie gewöhnlich reiste er ohne Begleitung. Nicht einmal einen Sklaven hatte er bei sich, denn er glaubte wie sein Vetter Gaius Marius, daß ein Soldat allein zurechtkommen mußte. Seine Ausrüstung war noch in Scipio Asiagenus’ Lager, aber er würde nicht zurückreiten und sie holen. Oder doch? Einige Gegenstände würde er vermissen: sein Schwert, ein Kettenhemd von unvergleichlicher Leichtigkeit und Beschaffenheit, wie es in ganz Italien nicht zu finden war — er hatte es aus Gallia Transalpina mitgebracht — , und seine Winterstiefel aus Liguria. Er beschloß, doch zurückzureiten. Scipio würde sich noch einige Tage halten.
Also wandte er sein Pferd und ritt zurück in Richtung Nordosten mit der Absicht, Sullas Lager in weitem Bogen am gegenüberliegenden Ufer zu umgehen. Da bemerkte er, daß in einiger Entfernung eine kleine Gesellschaft auf ihn zukam, vier Männer und drei Frauen. Frauen! Fast hätte er die Richtung nochmals geändert, doch dann beschloß er, schnell an ihnen vorbeizureiten.
Als sie näher kamen, runzelte er die Stirn. Der Mann an der Spitze kam ihm irgendwie bekannt vor: groß wie ein Riese, strohblond und kraftstrotzend wie viele Germanen, die er kannte —
Burgundus! Ja, bei den Göttern, es war Burgundus! Und hinter ihm ritt Lucius Decumius mit seinen beiden Söhnen!
Auch Burgundus hatte ihn erkannt. Die beiden Männer trieben ihre Pferde an und ritten aufeinander zu, während der schmächtige Lucius Decumius wie wild auf sein Reittier einhieb, um mit ihnen Schritt zu halten.
Die Männer schüttelten sich die Hände und umarmten sich. »Was um alles in der Welt tust du hier, Burgundus?« fragte Sertorius.
»Wir haben uns verirrt«, sagte Lucius Decumius und starrte Burgundus böse an. »Dieser germanische Müllhaufen schwor, den Weg zu kennen. Und kennt er ihn? Nein!«
Burgundus war solche nicht weiter böse gemeinten Beschimpfungen seit Jahren gewohnt, und sie machten ihm nichts aus. Jetzt sah er den Römer nur geduldig an.
»Wir wollen zu Quintus Pedius«, sagte er in seinem langsamen Latein und lächelte Sertorius mit einer Zuneigung an, die er nur für wenige Menschen empfand. »Aurelia
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