MoR 03 - Günstlinge der Götter
Caepio wäre ebenfalls gekommen«, sagte der junge Cato mit seiner rauben und unmelodischen Stimme, »aber er befindet sich mit Catulus’ Armee außerhalb Roms — als Kadett, falls dir dieser Ausdruck geläufig ist.«
»Er ist mir bekannt«, erwiderte Servilia freundlich.
Da Marcus Porcius Cato noch viel dickfelliger war als Porcia Liciniana, ging Servilia über diese Bemerkung einfach hinweg. Obwohl der junge Cato mittlerweile sechzehn und schon ein Mann war, lebte er, wie seine Schwester Porcia, immer noch bei Gnaea und ihrer Mutter. Vor einiger Zeit hatte Mamercus Drusus’ Haus verkauft, weil es angeblich zu groß war, und jetzt wohnten sie alle im Haus von Catos Vater.
Trotz seiner Adlernase war Cato eigentlich ein recht attraktiver junger Mann. Er hatte eine helle Haut, breite Schultern, große, ausdrucksvolle graue Augen, kurzgeschnittenes rötliches bis kastanienbraunes Haar und einen schönen Mund. In Servilias Augen war er jedoch ein richtiges Ungeheuer — aufdringlich, begriffsstutzig, unsensibel und so furchtbar streitsüchtig, daß er, seit er gehen und sprechen konnte, seinen älteren Geschwistern ein Dorn im Auge war.
Es waren nicht nur der Altersunterschied von zehn Jahren und die verschiedenen Väter, was Cato und Servilia trennte. Servilia war eine Patrizierin, deren Stammbaum bis in die Zeit der Könige von Rom zurückreichte, während Catos Zweig auf eine keltiberische Sklavin namens Salonia zurückging, welche die zweite Frau von Cato dem Zensor gewesen war. Für Servilia war diese Schande, die ihre Mutter über ihre eigene Familie und die ihres Mannes gebracht hatte, unerträglich, und sie konnte ihre jüngeren Geschwister nicht ansehen, ohne dabei vor Wut mit den Zähnen zu knirschen und sich zu schämen. Cato gegenüber zeigte sie unverhohlen ihre Abneigung, aber bei Caepio, der angeblich ihr richtiger Bruder war — was nicht stimmte — unterdrückte sie ihre wahren Gefühle. Anstandshalber. Zum Teufel mit dem Anstand!
Cato fühlte sich nicht im geringsten gesellschaftlich gebrandmarkt. Er war ungeheuer stolz auf seinen Urgroßvater, den Zensor, und er hielt seine Familie für untadelig. Da die römische Nobilität Cato dem Zensor diese zweite Ehe verziehen hatte — die er aus heimlicher Rache an seinem versnobten Sohn aus erster Ehe mit einer Licinia geschlossen hatte —, durfte der junge Cato sich auf eine Karriere im Senat und vermutlich auch auf das Konsulat freuen.
»Da hat Onkel Mamercus dir ja keinen passenden Ehemann ausgesucht«, meinte Cato.
»Das stimmt nicht«, erwiderte Servilia gelassen. »Er hat gut zu mir gepaßt. Schließlich war er ein Junius Brutus. Plebejisch vielleicht, aber von Hause aus durch und durch adlig.«
»Warum willst du nicht einsehen, daß die Taten eines Mannes mehr zählen als seine Herkunft?« »Nein, die Herkunft ist wichtiger.«
»Du bist ein unerträglicher Snob!«
»Ja, das bin ich. Und ich bin den Göttern dankbar dafür.«
»Du wirst deinen Sohn zugrunde richten.«
»Das wird sich noch zeigen.«
»Wenn er erst ein bißchen älter ist, werde ich ihn unter meine Fittiche nehmen. Ich werde ihm den Standesdünkel schon austreiben!«
»Nur über meine Leiche.«
»Wie willst du mich daran hindern? Der Junge kann nicht ewig an deinem Rockzipfel hängen! Da er keinen Vater mehr hat, werde ich die Vaterstelle vertreten.«
»Aber nicht für lange. Ich werde nämlich wieder heiraten.«
»Es schickt sich nicht für eine römische Adlige, wieder zu heiraten! Ich dachte, du wollest Cornelia, der Mutter der Gracchen, nacheifern.«
»Dazu bin ich zu vernünftig. Eine römische Adlige patrizischer Herkunft muß einen Ehemann haben, um ihre herausragende Stellung zu sichern. Das heißt natürlich, einen Ehemann, der ebenso von Adel ist wie sie.«
Cato lachte wiehernd. »Du meinst, du willst so einen überspannten Hanswurst wie Drusus Nero heiraten?«
»Meine Schwester Lilla hat Drusus Nero geheiratet.«
»Dabei können sie sich nicht leiden.«
»Mein Herz blutet für sie.«
»Ich werde Onkel Mamercus’ Tochter heiraten«, meinte Cato selbstgefällig.
Servilia starrte ihn ungläubig an. »Das wirst du nicht«, schnaubte sie. »Aemilia Lepida wurde vor Jahren Metellus Scipio versprochen, als Onkel Mamercus mit dessen Vater Pius in Sullas Armee diente. Verglichen mit Metellus Scipio bist du ein Emporkömmling!«
»Das ist mir egal. Aemilia Lepida mag zwar mit Metellus Scipio verlobt ein, aber sie liebt ihn nicht. Sie streiten doch die ganze
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