MoR 03 - Günstlinge der Götter
guten Mann sehe, frage ich ihn, warum er sich noch immer in Rom aufhält, anstatt sich nach Capua zu begeben und seine Soldaten auszubilden. Ich glaube, wir können sicher sein, daß Mamercus spätestens im September das Opfer einer Meuterei wird. Und sobald ich davon erfahre, werde ich den Senat drängen, sich mit der Klausel bezüglich der Sondervollmacht zu befassen.
Zum Glück verschlechtert sich die Lage in Spanien zusehends, was meine Aufgabe erleichtern wird. Deshalb habe Geduld und sei zuversichtlich, mein lieber Magnus! Bald ist es so weit. Und es wird noch genug Zeit sein, um die Alpen zu überqueren, bevor der Schnee die Pässe blockiert.
Die Meuterei, die kurz nach Beginn des Monats Sextilis stattfand, war von Gaius Aelius Staienus so klug eingefädelt worden, daß weder erbittert gekämpft noch Blut vergossen wurde. Da es den Soldaten offenbar wirklich ernst war, war Mamercus nicht bereit, sie zu bestrafen. Eine Abordnung war zu ihm gekommen und hatte mit Entschiedenheit erklärt, die Legionen wollten mit keinem anderen Befehlshaber nach Spanien gehen als mit Gnaeus Pompeius Magnus, weil sie der Ansicht seien, daß keiner außer Gnaeus Pompeius Magnus Quintus Sertorius schlagen könne.
»Vielleicht haben sie ja recht«, sagte Mamercus nach seiner Rückkehr nach Rom zu den Senatoren — er war verunsichert genug, um aufrichtig zu sein. »Ich gebe zu, daß ich ihnen keinen Vorwurf mache. Eigentlich haben sie mich respektvoll behandelt. Soldaten mit ihrer Erfahrung haben ein Gespür für solche Dinge, und sie kennen mich. Wenn sie glauben, ich könne nicht mit Quintus Sertorius fertigwerden, dann muß ich mich ebenfalls fragen, ob ich es könnte. Wenn sie glauben, Gnaeus Pompeius sei der einzig Richtige für diese Aufgabe, dann muß ich mich fragen, ob sie nicht recht haben.«
Diese offenen Worte machten einen tiefen Eindruck auf die Senatoren. Selbst in den vorderen Reihen wurde weder Empörung laut, noch kam es zu Debatten. Das machte es Philippus leicht, sich Gehör zu verschaffen.
»Eingeschriebene Väter«, begann er mit einschmeichelnder Stimme, »es ist höchste Zeit, daß wir die Lage in Spanien sachlich und vorurteilslos abschätzen. Es war ein erhebendes Erlebnis, unserem verehrten und klugen zweiten Konsul und Princeps Senatus Mamercus Aemilius Lepidus Livianus zuzuhören! Laßt mich deshalb in demselben bedächtigen Ton fortfahren.«
Von seinem Platz in der vordersten Reihe ließ er den Blick über die Reihen der Senatoren schweifen.
»Die frühen Erfolge des Quintus Sertorius nach dem erneuten Einmarsch in Spanien vor dreieinhalb Jahren waren leicht zu erklären. Männer wie Lucius Fufidius unterschätzten ihn und stellten sich ihm überstürzt zum Kampf. Aber als unser Pontifex Maximus Quintus Caecilius Metellus Pius als Statthalter ins jenseitige Spanien ging und sein Kollege Marcus Domitius Calvinus Statthalter im diesseitigen Spanien wurde, wußten wir, daß Quintus Sertorius schwer zu schlagen sein würde. Und dann, in diesem ersten Sommer des Feldzugs, überfiel Sertorius’ Legat Lucius Hirtuleius Calvinus’ sechs Legionen mit nur viertausend Mann — und schlug ihn vernichtend. Calvinus und die meisten seiner Soldaten starben auf dem Schlachtfeld. Sertorius selbst zog gegen Pius, obwohl er es vorzog, sich auf Pius’ geschätzten Legaten Thorius zu konzentrieren. Thorius fiel in der Schlacht, und seine drei Legionen wurden übel zugerichtet. Unser teurer Pius mußte sich den Winter über nach Olisipo am Tagus zurückziehen, mit Sertorius im Rücken.
Im darauffolgenden Jahr — also letztes Jahr — gab es keine großen Schlachten. Aber auch keine großen Erfolge! Während Pius die ganze Zeit versuchte, sich Sertorius vom Hals zu halten, fiel Hirtuleius in Zentralspanien ein und sicherte Sertorius’ Vormachtstellung unter den keltiberischen Stämmen. Die Lusitanier hatte Sertorius bereits in der Hand, und jetzt bestand die Aussicht, daß er sich fast ganz Spanien unter den Nagel riß — abgesehen von den Gebieten zwischen dem Guadalquivir und dem Orospeda- Gebirge, wo Pius sich zu stark darauf konzentrierte, Sertorius herauszufordern.
Der letztjährige Statthalter von Gallia Narbonensis, Lucius Manlius, dachte jedoch, er könne Sertorius einen Schlag versetzen, und überquerte mit vier Legionen die Pyrenäen. Am Ebro stieß er auf Hirtuleius, der ihm eine so empfindliche Niederlage beibrachte, daß er umgehend den Rückzug in seine Provinz antreten mußte. Aber auch dort war
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