MoR 03 - Günstlinge der Götter
Und soviel ich weiß, hat auch mein Kollege kein Geld bekommen, außer dem Gehalt für sein erstes Jahr als Statthalter. Oh, jetzt kann ich Euch förmlich hören. Ihr schreit: Erringe ein paar Siege und plündere ein paar .Städte, dann hast Du Dein Geld. Nun, in Spanien ist das ganz anders. Es gibt kein Geld in Spanien. Das Beste, was ich mir erhoffen kann, wenn ich eine Stadt erobere, ist ein bißchen Nahrung. Es ist kein Geld da. Falls ihr Schwierigkeiten habt, das zur Kenntnis zu nehmen, sage ich es noch einmal. ES GIBT HIER KEIN GELD. Als ihr mich hierher schicktet, habt ihr mir sechs Legionen und fünfzehnhundert Reiter mitgegeben und genug Geld, um meine Truppen ein halbes Jahr zu besolden und um für ein halbes Jahr Proviant zu kaufen. Das war vor zwei Jahren. Meine Kriegskasse war nach einem halben Jahr leer. Das war vor anderthalb Jahren. Aber es kam kein Geld mehr. Und es kamen auch keine Truppen mehr.
Ihr wißt — ich weiß, daß Ihr es wißt, weil mein Kollege Pius und ich uns die Mühe gemacht haben, es Euch zu melden —, daß Quintus Sertorius mit König Mithridates von Pontus einen Pakt geschlossen hat. .Sertorius hat sich bereit erklärt, alle Eroberungen von König Mithridates zu bestätigen und ihn weitere Eroberungen machen zu lassen, wenn er erst Diktator von Rom ist. Nun, das sollte Euch eigentlich zeigen, daß sich Quintus .Sertorius nicht damit begnügen wird, nur König von Spanien zu sein. Er will auch König von Rom werden, gleichgültig, welchen Titel er sich verleiht. Es gibt nur zwei Männer, die ihm Einhalt gebieten können. Meinen Kollegen Pius und mich. Ich sage das, weil wir hier vor Ort sind und weil wir wirklich die Möglichkeit haben, ihm Einhalt zu gebieten. Aber nicht mit den Mitteln, über die wir verfügen. Sertorius hat die römische Begabung, aus spanischen Barbaren gute römische Soldaten zu machen, und er kann sich dabei auf die gesamte spanische Bevölkerung stützen. Wenn diese zwei Dinge nicht wären, hätte ich ihm schon vor zwei Jahren den Garaus gemacht. Aber er ist noch immer da, und er rekrutiert und trainiert immer noch Soldaten. Mein Kollege Pius und ich können in Spanien nicht rekrutieren. Niemand, der bei Verstand ist, würde in unsere Heere eintreten. Wir können unsere Männer nicht bezahlen. Wir können ihnen nicht einmal den Bauch füllen. Und, die Götter sind meine Zeugen, es gibt keine Beute zu verteilen.
Ich kann Sertorius schlagen. Wenn ich es nicht auf andere Weise bewerkstelligen kann, dann werde ich der stete Tropfen sein, der den Stein so höhlt, daß ein Kind ihn mit einem Spielzeughammer zerschlagen kann. Mein Kollege Pius hat dieselbe Einstellung. Doch ich kann Sertorius nicht schlagen, wenn ihr mir nicht mehr Soldaten, mehr Reiter UND ETWAS GELD schickt. Ich habe meine Soldaten seit anderthalb Jahren nicht bezahlt, und ich habe nicht nur bei den Lebenden Schulden, sondern auch bei den Toten. Ich habe eine Menge eigenes Geld mitgebracht, aber ich habe alles aufgebraucht, um Nahrungsmittel und Ausrüstung zu kaufen.
Ich entschuldige mich nicht für meine Verluste. Sie waren das Resultat einer Fehleinschätzung, die ich mit den Informationen, die ich in Rom erhalten hatte, nicht korrigieren konnte. Besonders falsch war die Einschätzung, daß sechs Legionen und fünfzehnhundert Reiter genügen, um mit Sertorius fertigzuwerden. Ich hätte zehn Legionen und dreitausend Reiter gebraucht. Dann hätte ich ihn im ersten Jahr geschlagen, und Rom hätte jetzt mehr Soldaten und mehr Geld. Darüber solltet Ihr einmal nachdenken, erbarmungswürdiger Haufen, der Ihr seid.
Und hier habe ich noch etwas, worüber Ihr Euch die Köpfe zerbrechen solltet. Wenn ich nicht mehr in der Lage sein sollte, in Spanien zu bleiben, und mein Kollege Pius sich deshalb aus seiner kleinen Ecke Spaniens hervorwagen muß, was glaubt ihr, was dann passiert? Ich werde nach Italien zurückkehren. Und ich werde Quintus Sertorius hinter mir herziehen wie ein Komet seinen Schweif. Darüber solltet Ihr wirklich einmal lange und sorgfältig nachdenken. Und schickt mir ein paar Legionen und ein paar Reiter UND ETWAS GELD.
Übrigens schuldet mir Rom ein neues Staatspferd.
Der Brief erreichte Rom in den letzten Tagen des Monats November. Die Amtszeit der amtierenden Konsuln ging gerade zu Ende, und die Konsuln des nächsten Jahres bereiteten sich darauf vor, ihr Amt anzutreten. Weil sein Kollege Lucius Octavius an einer chronischen Krankheit litt, saß nur Gaius Aurelius Cotta, der
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