MoR 03 - Günstlinge der Götter
unsere Priesterin und meine Gefährtin, setze dich hier zu meinen Füßen. Alle anderen mögen sich mir gegenüber lagern.«
Er wartete, bis sich die Gruppe niedergelassen hatte, dann sprang er auf einen Felsen.
»Im Augenblick sind wir frei, doch vergessen wir nicht, daß wir nach dem Gesetz Sklaven sind. Wir haben unsere Aufseher und unseren Besitzer getötet, und wenn die staatlichen Behörden von unserem Ausbruch erfahren, wird die Jagd auf uns eröffnet. Nie zuvor hatten wir die Möglichkeit, uns als eine Gemeinschaft zu versammeln und über unsere Ziele und unsere Zukunft frei zu sprechen.«
Er holte tief Atem. »Zuallererst möchte ich klarstellen, daß ich niemanden, weder Mann noch Frau, gegen seinen Willen hierbehalten werde. Wer also seinen eigenen Weg gehen will, hat die Freiheit, jederzeit zu gehen, wohin er will. Ich verlange auch keine Gelöbnisse, niemand soll mir feierlich Gefolgschaft schwören. Wir waren alle Gefangene, wir haben Ketten getragen, keiner hat die Vorrechte genossen, die den Freien vor dem Sklaven auszeichnen. Die Frauen waren gezwungen, sich wie gemeine Huren hinzugeben. Ich werde daher nichts tun, um euch an mich zu binden.«
Er machte eine ausholende Bewegung mit der Hand. »Was ihr hier seht, ist nur ein vorübergehendes Lager. Früher oder später müssen wir es verlassen, denn man hat unseren Aufstieg gewiß beobachtet, und die Kunde von unseren Taten wird sich schnell verbreiten.«
Ein Gladiator aus der ersten Reihe — Spartacus kannte seinen Namen nicht — meldete sich zu Wort.
»Ich sehe voraus, daß man uns verfolgen und stellen wird«, sagte der Mann stirnrunzelnd. »Wäre es da nicht besser, sich gleich zu trennen? Wenn wir uns in alle Richtungen verstreuen, werden wenigstens einige entkommen. Wenn wir aber zusammenbleiben, werden wir auch zusammen gefangen.«
Spartacus nickte. »Was du sagst, ist nicht falsch. Dennoch bin ich nicht deiner Ansicht. Warum? Nun, hauptsächlich, weil wir kein Geld haben. Außerdem haben wir keine anderen Kleider als die, mit denen uns Batiatus ausgestattet hat und in denen uns sofort jeder erkennt. Schließlich können wir uns nur auf unsere Waffen verlassen, daher wäre es gefährlich, auseinanderzugehen. Batiatus hatte kein Geld in der Villa, nicht einen Sesterz. Aber Geld brauchen wir zum Überleben, deshalb müssen wir zusammenbleiben, bis wir uns welches beschafft haben.«
»Wie sollen wir das machen?« fragte derselbe Mann. Spartacus antwortete ihm zuerst mit einem traurigen, aber gewinnenden Lächeln. »Ich weiß es nicht«, sagte er ganz offen. »Wären wir in Rom, könnten wir jemanden ausrauben. Aber wir sind in der Campania, hier leben mißtrauische Bauern, die ihr Geld auf die Bank tragen oder es dort verstecken, wo es keiner findet.« Er breitete beschwörend die Arme aus. »Laßt mich schildern, wie ich mir unsere Zukunft vorstelle, dann kann sich jeder seine Gedanken darüber machen. Morgen um die gleiche Stunde versammeln wir uns wieder und stimmen ab.«
»Sprich, Spartacus«, ermunterte ihn Crixus. Das Abendlicht wurde immer schwächer, aber Spartacus schien auf seinem Felsen die letzten Sonnenstrahlen auf sich zu versammeln. Er hatte ganz das Aussehen eines Mannes, der andere führen konnte: entschlossen, selbstsicher, stark und zuverlässig.
»Ihr kennt alle den Namen Quintus Sertorius«, begann er. »Ein Römer, der gegen einen Staat aufbegehrt, der Männer wie Batiatus hervorbringt. Er hat sich Spanien Untertan gemacht und wird bald auf Rom marschieren. Dort wird er sich zum Diktator ausrufen lassen und dann den Staat von Grund auf erneuern. Wir wissen das, weil die Leute überall dort, wo wir als Gladiatoren aufgetreten sind, oft davon geredet haben. Wir wissen auch, daß viele Bürger in Italien, vor allem aber die Samniter, Sertorius gern an der Spitze des Staates sehen würden.«
Er fuhr mit der Zunge über seine trockenen Lippen, dann sprach er weiter. »Ich weiß, was ich tun werde! Ich gehe nach Spanien und trete an Quintus Sertorius’ Seite. Doch wenn irgend möglich, will ich mit einer Armee zu ihm gehen — einer Armee, die bereits Schläge gegen das Rom Sullas und seiner Nachfolger ausgeteilt hat. Ich lasse die Werbetrommel unter Samnitern, Lucanern und allen anderen italischen Bundesgenossen rühren, die ihre Hoffnung auf ein neues Rom setzen und dem Verlust ihres Erbes nicht tatenlos zusehen wollen. Ich nehme auch die Sklaven aus der Campania in unsere Reihen auf und biete ihnen die vollen
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